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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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seine Augen schienen riesenhaft.
    »Herr Röhling.« Ricas Stimme klang immer noch piepsig, und sie hätte sich dafür geschämt, wenn nicht allmählich die Sorge um ihren Betreuer überhandgenommen hätte. »Er ist irgendwo da drüben.« Sie deutete in die Richtung, aus der sie das Stöhnen vernommen hatte. Jetzt war es dort totenstill. Vorsichtig begann sie, sich durch den Nebel zu tasten.
    Im nächsten Augenblick schälte sich ein dunkler Schatten aus dem Nebel. Es sah aus wie ein knorriger, ausgerissener Baumstamm, doch als Rica näher kam, erkannte sie die leuchtend blaue Skijacke von Herrn Röhling. Er lag ganz ruhig und gab keinen Laut von sich. Ricas Magen wollte sich umdrehen. Sie fühlte sich fatal an den Sommer erinnert, wo sie unversehens über die Leiche ihrer Freundin Jo gestolpert war.
    Doch dann drehte sich der Baumstamm ein wenig, und Rica konnte etwas vom Gesicht des Lehrers erkennen. Er war totenbleich, und eine dicke rote Schramme verlief über seine Stirn. Seine Augen waren offen. Er blinzelte. Er lebte noch.
    Schneller als zuvor setzte sich Rica wieder in Bewegung. Sie eilte zu dem Körper und ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. Im ersten Moment erkannte sie nicht, was das Problem war, doch das lag daran, dass sie ihre Aufmerksamkeit nur auf den Oberkörper des Mannes gerichtet hatte. Als sie ihren Blick weiter nach unten wandern ließ, konnte sie gar nicht anders, als scharf die Luft einzusaugen. Wieder rebellierte ihr Magen, und Rica musste gegen den sauren Geschmack ankämpfen, der in ihrer Kehle nach oben stieg. Das linke Bein ihres Betreuers war verdreht. Der Ski war offensichtlich an einer Unebenheit hängen geblieben und hatte sich nicht gelöst, sodass Herr Röhling gestürzt war. Heftig gestürzt. Blut lief über das aufgerissene Hosenbein, und aus der Wunde ragte etwas Weißes.
    Rica presste die Lippen aufeinander und sah schnell wieder weg. Sie griff nach Herrn Röhlings schlaff herabhängender Hand und drückte sie.
    »Wir holen Hilfe!«, flüsterte sie. Sie versuchte, nicht auf das verdrehte Bein zu achten. Warum hatte sich der Ski nicht gelöst? Hatte etwa wieder jemand an der Bindung herumgespielt, wie bei ihr? Eine andere Erklärung konnte Rica nicht finden. Hinter ihr knirschten Schritte. Nathan näherte sich. Auch er holte erschrocken Luft.
    »Nicht … weggehen!« Rica zuckte zusammen, als sie Herr Röhlings Stimme vernahm. Sie hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass er noch in der Lage war, zu sprechen.
    »Wir müssen Hilfe holen. Sie müssen in ein Krankenhaus«, versuchte sie ihn zu überzeugen. Es war nur teilweise um seinetwillen. Sie wollte hier nicht bleiben.
    »Nicht … weggehen«, wiederholte er. Seine Stimme klang schwach und brüchig, aber seine Finger krallten sich mit plötzlicher Entschlossenheit um die ihren, als wollte er sie nie wieder loslassen. »Nicht … allein lassen.«
    Hilflos sah Rica zu Nathan auf, der immer noch neben ihr stand und mit erschrockenem Gesichtsausdruck auf sie herunter sah. Er nickte kurz. »Ich beeile mich!« Dann begann er, den Berg emporzustapfen. Gleich darauf war er im Nebel verschwunden. Rica blieb neben Herrn Röhling sitzen und umklammerte immer noch seine Hand. Er sprach nicht mehr, aber er ließ sie auch nicht los. Sein Blick war nach wie vor auf ihr Gesicht gerichtet, er sah sie so hoffnungsvoll an, als könne sie alles wieder gut machen. Rica hatte sich selten so hilflos gefühlt. Er sollte auf mich aufpassen, nicht umgekehrt, dachte sie. Schließlich bin ich die Schülerin und er der Erwachsene.
    »Alles wird gut«, murmelte sie und erwiderte den Druck seiner Hände. »Alles wird gut, alles wird gut.« Die Litanei kam ihr selbst lächerlich vor.
    »Es … tut mir leid.« Das Flüstern war so leise, dass Rica es trotz der anhaltenden Stille kaum verstehen konnte. »Es tut mir leid.«
    »Das ist doch nicht Ihre Schuld«, widersprach sie. »Sie hatten einen Unfall, das ist alles.«
    »Das meine ich nicht.« Herr Röhling sprach jetzt etwas kräftiger. Rica wagte es, wieder einen Blick auf sein Gesicht zu werfen. Trotz der Kälte standen ihm Schweißperlen auf der Stirn. »Ich meine …« Doch dann schien er wieder den Faden zu verlieren, und starrte in den Nebel. Ein leises Wimmern drang aus seiner Kehle, und Rica drückte seine Finger noch einmal. Himmel, wo blieb Nathan? Diese Wunde musste fürchterlich wehtun. Sie riskierte noch einen kurzen Blick. Das Weiße war ganz eindeutig ein Knochen. Rica schauderte. Ob

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