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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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es half, wenn sie Schnee auf das Bein häufte?
    »Ich habe ihnen gesagt, dass es keine gute Idee ist.« Es hätte ein Geist sein können, der aus dem Nebel sprach. Rica schauderte erneut. Hoffentlich starb Herr Röhling hier nicht. Konnte man vor Schmerzen sterben? Unsinn, das ist nur ein Beinbruch. Ein schlimmer Bruch vielleicht, aber daran stirbt man doch nicht. Im Moment jedoch, in diesem unheimlichen Nebel schien alles möglich zu sein. Vielleicht erfror er ja auch, weil er so lange im Schnee liegen musste. Wo bleibst du, Nathan?
    »Keine gute Idee …«
    Vielleicht war es gut, ihn bei Bewusstsein zu halten. Dann konnte er doch nicht erfrieren, oder? Rica hatte so etwas mal gehört.
    »Was ist keine gute Idee?«
    »Keine gute Idee …« Herr Röhling schien einen Moment zu überlegen, dann sah er wieder zu Rica, und sein Blick klärte sich ein wenig. »Dieser ganze Urlaub … abgekartetes Spiel.«
    Etwas Kaltes durchlief Ricas Adern, und dieses Mal lag es nicht am Schnee. Sie hatte ihn eigentlich nur wach halten wollen, aber jetzt interessierte es sie auf einmal, was er zu sagen hatte.
    »Was meinen Sie? Wie abgekartet?«
    »Der Wettbewerb … Auswertung … ausgesucht.« Seine Gedanken schienen abzuschweifen, und auch die Kraft seiner Stimme ließ wieder nach. »Bestimmte Schüler … Experiment.«
    Rica zog ihre Hand weg. Eine Welle kalter Wut überspülte sie, und am liebsten hätte sie den Lehrer angeschrien, statt ihm weiter Trost zu spenden.
    »Was für ein Experiment? Was wird hier gespielt? Was soll das Ganze?« Eine plötzliche Idee durchfuhr sie. »Arbeiten Sie für die Leute, die diese Stipendien vergeben? Hängen Sie in der Sache mit drin? Kennen Sie Frau Jansen?« Der Name kam ihr nur schwer über die Lippen. Ihr Hass und ihr Misstrauen gegenüber der Schulpsychologin waren in den letzten Monaten kaum abgeflaut, auch wenn sich herausgestellt hatte, dass sie anscheinend nichts mit Jos Tod zu tun gehabt hatte.
    »Aufpassen … Unfälle … Handys …« Herr Röhling war jetzt wirklich nicht mehr ganz bei sich, sein Blick schweifte immer wieder ab, und sein Gesicht war schmerzverzerrt. »Avenir … gefährlich. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen aufpassen.«
    Sie hätte gern weiter gefragt, aber dieser letzte Satz schien seine ganze Kraft gekostet zu haben. Er schloss die Augen, und seine Finger wurden schlaff.
    »He! Herr Röhling!« Sie griff wieder nach seiner Hand und schüttelte sie sacht. Keine Reaktion. Sein Arm hätte der einer Puppe sein können. »Nein, nicht einschlafen!« Sie schüttelte etwas fester, hatte damit jedoch nicht mehr Erfolg. »Sie müssen mir sagen, was hier vorgeht!«
    Stille.
    Stille und Nebel und ein lebloser Mann. Rica ließ seine Hand los und musste den Impuls unterdrücken, aufzustehen und wegzulaufen. Du musst hierbleiben, Rica.
    Im nächsten Moment hörte sie das Geräusch von Skiern auf dem Schnee, und dann spritzten kleine Eisstückchen gegen ihre Kleidung und ihr bloßes Gesicht. Sie blickte auf und sah Herrn Muhlmann, der, gefolgt von Nathan, am Hang gehalten hatte. Mit finsterem Gesicht guckte er auf Rica und Herrn Röhling herunter.
    »Er hat die Besinnung verloren.«
    Herr Muhlmann musterte sie lange und nachdenklich. Zu lange. Dann endlich ließ er sich auf seine Knie sinken und betrachtete Herrn Röhling.
    »Das Bein ist gebrochen«, meinte er und zog ein Handy aus seiner Jackentasche. »Ich rufe den Notdienst.« Und dann, beinah als sei ihm der Gedanke gerade erst gekommen: »Das war vernünftig von euch. Vielen Dank.«
    Rica und Nathan sahen sich an. »Ich muss dich sprechen«, formte Rica mit ihren Lippen.
    Nathan nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. »Später«, antwortete er auf die gleiche Weise.

Kapitel zehn
    Kriegsrat
    »Wir müssen reden.«
    Rica machte große Augen, als Eliza sie mit diesem Satz begrüßte. »Genau das Gleiche wollte ich auch sagen.«
    Eliza blinzelte, zeigte den leisen Anflug eines Lächelns und nickte. »Komm!« Zielstrebig lief sie zur Treppe. Rica winkte Nathan, ihnen zu folgen, und ertappte sich dabei, wie sie sich nach Robin umsah. Doch der hockte neben Saskia und tat so, als sei Rica überhaupt nicht da.
    In stiller Übereinkunft gingen sie auf Nathans Zimmer. Er war, da er zu spät gekommen war, allein einquartiert worden, und hier gab es niemanden, der sie stören würde. Rica und Eliza ließen sich auf dem Einzelbett nieder, während Nathan sich im Schneidersitz auf den Boden kauerte. Er schenkte Eliza einen

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