Optimum - Kalte Spuren
Das können sie nämlich außerordentlich gut.
Und obwohl ihr Kopf und Hals immer noch höllisch schmerzten, nickte Eliza.
* * *
Ricas Laune war schon vorher nicht besonders gut gewesen, aber nach Robins Auftauchen war sie endgültig im Keller. Eliza war offensichtlich verstimmt, als sie gemeinsam die Treppe hinuntergingen, und warf Rica immer wieder finstere Blicke zu, aber Rica wollte nicht reden. Nicht über Robin. Frau Friebe war inzwischen im Aufenthaltsraum angekommen und versuchte, gegen die allgemeine Unruhe anzureden. Rica und Eliza gingen direkt zu den Kleiderhaken. Ricas Skijacke hing dort, als wäre sie nie fort gewesen, aber auch das nahm sie einfach nur zur Kenntnis. Schweigend begannen die drei, sich anzuziehen.
»Und wohin wollt ihr jetzt, bitte schön?« Frau Friebes Stimme war erstaunlich laut geworden.
»Raus«, meinte Nathan knapp.
»Wir wollen ein bisschen frische Luft schnappen.« Eliza klang verschnupft, und jetzt bemerkte Rica auch, dass ihre Wangen glühten.
»Bist du sicher, dass du mitkommen willst? Du siehst nicht gesund aus«, flüsterte Rica.
Eliza verzog das Gesicht. »Ich komme mit. Geht schon.«
»Wir wollten gerade planen, was heute zu tun ist«, meinte Frau Friebe. Jetzt klang sie schon gar nicht mehr so entschlossen, sondern einfach nur noch unsicher.
»Sie können uns ja in Kenntnis setzen, wenn wir zurückkommen«, erwiderte Nathan und streifte seine Handschuhe über.
Rica versuchte es mit einem entschuldigenden Lächeln. Die Frau tat ihr einfach nur leid. »Wir sind nicht lange weg. Einfach nur ein bisschen die Beine vertreten. Mal hier rauskommen. Sie wissen schon.«
»Aber der Schnee –«
»Wir gehen nicht weit«, unterbrach Nathan. Im gleichen Moment öffnete er die Tür und schob Rica vor sich her. »Bald wieder da.«
Rica konnte sich Frau Friebes verzweifeltes Gesicht nur vorstellen, als sie in die Kälte hinausstolperten.
Kaum dass sie ein paar Schritte weit gegangen waren, wurde Rica bewusst, welches Glück sie gehabt hatten. In den letzten Tagen war immer einer von ihnen zum Schneeräumen vor der Eingangstür verdonnert worden, und das hatte sie davor bewahrt, vollkommen eingeschneit zu werden. In jedem anderen Fall hätten sie die Tür vermutlich überhaupt nicht mehr aufbekommen. Schon ein paar Schritte von der Tür entfernt wurden die Wehen so hoch, dass sie Rica bis über die Hüfte reichten.
»Da kommen wir nie durch«, sagte sie missmutig. »Das mit dem Spurensuchen können wir knicken.«
»Ich bin mir sicher, ein Stück vom Haus entfernt wird es besser«, entgegnete Nathan. »Wenn der Wind kein Hindernis hat, um solche Wehen aufzutürmen.«
Eliza schniefte. »Wir könnten die Skier nehmen«, schlug sie vor. »Die Langlaufskier. Damit müsste es eigentlich gehen. Immer noch schwer, aber vielleicht besser als so.«
»Ich hab das noch nie gemacht«, protestierte Rica.
»Ist nicht so schwer.« Eliza klang ungeduldig. »Willst du nun den Kerl verfolgen, oder nicht?«
Rica spürte einen Streit in der Luft. Am liebsten hätte sie Eliza angeschrien oder wäre einfach umgekehrt und zum Haus zurückgegangen, sie war sich allerdings auch bewusst, dass der Knoten in ihrem Hals und der Stein in ihrem Magen nichts mit Eliza zu tun hatten. Robin. Verdammt! Rica unterdrückte ihren Ärger und nickte. »Meinetwegen.«
Tatsächlich war es immer noch furchtbar anstrengend, aber immerhin besser, als durch den Tiefschnee zu stapfen. Nathan ging voran und bahnte den Weg, Eliza folgte ihm, und Rica bildete das Schlusslicht, damit sie wenigstens eine einigermaßen ebene Strecke hatte. Trotzdem kam es ihr so vor, als bewegten sie sich in Zeitlupe voran, und schon nach kurzer Zeit begannen ihre Gelenke zu schmerzen, und ihr Atem ging schwer. Dazu kam noch die Kälte. Die Luft brannte regelrecht, wenn sie sie einatmete, und trotz ihrer Handschuhe fühlten sich ihre Finger schon nach kürzester Zeit taub an. Ihre Augen tränten, und manchmal fiel es ihr schwer, Eliza direkt vor sich zu erkennen. Der dicke Neuschnee war pappig, klebte wie die Hölle an den Skiern fest und ließ sich einfach nicht abstreifen. Rica hatte das Gefühl, gleich mehrere Kilo in Schneeklumpen mit sich herumzuschleppen. Nie, nie wieder Skiurlaub, schwor sie sich. Wenn ich es mir einmal leisten kann, fliege ich jeden Winter in die Karibik und lege mich an den Strand.
Es dauerte gefühlt Stunden, bis sie den Waldrand erreichten. Hier begann das Gelände steiler anzusteigen, und Nathan hielt inne,
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