Optimum - Kalte Spuren
Simon. Als Simon jedoch seinen Blick wieder auf den Becher senkte, verflog das Gefühl so schnell, wie es gekommen war. Rica war sich sicher, dass alles, aber auch alles an Simons Lächeln geplant war. Bis in den kleinsten Effekt. Dabei wirkte es nicht einmal künstlich, kein Werbelächeln wie die Kinder in den Werbespots. Nein, es war genauso perfekt wie falsch.
Sie wollte etwas sagen, wollte Nathan darauf aufmerksam machen, damit sie den Kleinen in die Mangel nehmen und die Wahrheit aus ihm herausquetschen konnten, doch ein Blick auf sein Gesicht sagte ihr, dass zumindest bei ihm Simon vollen Erfolg gehabt hatte. Nathan sah ihn so weich und freundlich an, als handele es sich tatsächlich um seinen kleinen Bruder, den er sehr liebte.
»Bleib so lange am Feuer, wie du willst « , sagte er jetzt gerade. »Wärm dich so richtig auf. Können wir sonst noch etwas tun ?«
Simon schüttelte den Kopf. »Nein, mir geht es schon wieder gut. Wirklich .« Wieder dieses Lächeln, doch dieses Mal weigerte sich Rica, auch nur für eine Sekunde darauf hereinzufallen. »Ich sitze hier einfach noch ein bisschen, und wenn ich mich aufgewärmt habe, gehe ich ins Bett. Danke. Ohne euch …« Er ließ das Satzende dramatisch in der Luft hängen, als wäre er in einem schlechten Horrorfilm.
Rica verdrehte die Augen, aber Nathan klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter, bevor er sich erhob. »Das wird schon, Kleiner « , meinte er. »Wir beide gehen jetzt auch wieder ins Bett. Es sei denn, du willst, dass wir dableiben .«
»Nein, schon okay. Ich bin gerne allein hier .« Dieses Mal richtete Simon seinen gesamten Charme auf Rica, aber die versuchte, ihn an sich abprallen zu lassen.
»Lass uns gehen « , sagte sie ziemlich schroff zu Nathan und wandte sich von dem kleinen Lügner ab. Sie wartete nicht auf Nathan, sondern stapfte die Treppe hoch, dass die Stufen lautstark knarrten. Es war ihr egal, wen sie dabei aufweckte.
Nathan holte sie am oberen Ende der Treppe ein und packte sie am Arm. »Sag mal, spinnst du ?« Er versuchte nicht einmal, leise zu sprechen. Rica hörte jemanden im nächstgelegenen Zimmer ärgerlich knurren. »Warum bist du so fies zu dem Kleinen ?«
Rica riss ihren Arm los. »Die Frage ist mehr: Warum führst du dich auf wie die letzte Glucke? Ich meine, seine Geschichte ist nun mehr als seltsam, und du kaufst ihm das alles ab? Echt, sonst siehst du immer und überall nur Verschwörungen, aber jetzt …« Sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab, um zum Zimmer zurückzugehen.
»Könnt ihr da draußen nicht mal die Klappe halten ?« , schimpfte eine Stimme.
Rica trat ins Zimmer, ging zum Heizkörper und legte die Hand daran. Fast hätte sie sich die Finger verbrannt. Das Ding schien zu glühen.
Na wenigstens etwas, das geklappt hat, dachte Rica und begann, die Skiklamotten wieder auszuziehen. Sie war bereits wieder unter die Bettdecke geschlüpft und wollte sich gerade auf die Seite drehen, als Nathan ins Zimmer kam. Etwas betreten blieb er im Türrahmen stehen.
»Sorry « , murmelte er. »Ich glaube, du hast recht .« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Irgendwie hat mir der Kleine plötzlich so leidgetan .«
»Schon okay « , knurrte Rica. Irgendwie war sie immer noch sauer, aber gleichzeitig konnte sie Nathan ja auch gut verstehen. Sie hatte ungefähr dasselbe empfunden, nur schien es sie nicht so stark erwischt zu haben.
»Nein, ist nicht okay. Du hast nämlich recht: Seine Geschichte ist dünn. Wir sollten noch mal runter und ihn befragen .«
»Hat auch Zeit bis Morgen « , erwiderte Rica und wickelte sich weiter in ihre Decke ein. Sie hatte keine besondere Lust, jetzt aufzustehen. »Ich glaube, dass er sich einfach nur interessant machen wollte. Das können wir auch später noch klären, oder nicht ?«
Nathan zögerte, dann nickte er. »Du glaubst auch nicht, dass Simon es war, der die Heizung sabotiert hat, oder ?« , wollte er wissen.
Rica runzelte die Stirn. Sie musste zugeben, dass ihr dieser Gedanke noch gar nicht gekommen war. Doch er kam ihr auch nicht sehr plausibel vor. Die Heizung war schon länger aus gewesen, warum hätte Simon noch einmal nach unten gehen sollen?
»Nein, glaube ich nicht « , murmelte sie. »Können wir jetzt schlafen ?«
»Okay .« Nathan schlüpfte ebenfalls unter seine Bettdecke. »Hoffen wir einfach, dass morgen ein besserer Tag wird, ja ?«
Kapitel fünfzehn
Chaos
»Jetzt wird erst einmal gefrühstückt .« Torben sah
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