Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
geschlossenen Augen zwischen den Krankenhauslaken und atmete ruhig und regelmäßig wie im Schlaf. An seinen Arm war eine Infusion angeschlossen, aus der beständig klare Flüssigkeit durch einen Schlauch rann.
»Schläft er?« Rica hätte am liebsten Robins Gesicht berührt, aber ihre Fingerspitzen blieben ein kurzes Stück davor in der Luft hängen, als wagten sie sich nicht weiter.
»Ich habe ihm ein leichtes Betäubungsmittel gegeben, um dem Aufputschmittel entgegenzuwirken«, meinte Herr Wolf.
»Aufputschmittel?«
»Natürlich. Ich musste ihn doch dazu bringen, dass er nach dir ruft. Leider hat er dann ziemlich schnell gemerkt, dass ich nichts Gutes im Sinn hatte. Ich hätte gehofft, dass er dich ganz ruhig anlocken kann, und dann hätten wir einen Unfall hier inszeniert. Sogar mit ihm als Zeugen. Das hätte sich großartig gemacht.« Er seufzte. »Sollte wohl nicht sein.« Es klang wie jemand, der lediglich gerade eine Einladung zum Essen verpasst hatte.
Rica beugte sich über den schlafenden Robin. Er sah friedlich aus, wenn auch ein wenig ausgezehrt. Um seinen Kopf wand sich ein Verband, aber sonst war von seinen Verletzungen nichts mehr zu sehen. Seine Augenlider flatterten ganz leicht im Schlaf. Vielleicht träumte er.
Rica beugte sich noch weiter vor und küsste Robin sanft auf die Lippen. Ihr Herz schien mehrere Tonnen zu wiegen. Ohne es recht zu wollen, hatte sie sich mit dem Plan abgefunden. Sie würde sterben. Robin und Eliza würden leben.
»Mach’s gut«, flüsterte Rica. Robins Gesicht verschwamm vor ihren Augen.
Seine Augenlider flatterten erneut. Rica wollte sich eben zurückziehen, als Robin plötzlich die Augen aufschlug. Einen Moment lang sah er sie verständnislos an, dann weiteten sich seine Pupillen vor Schreck.
»Kommst du? Wir haben noch etwas vor.« Der Mann hinter Rica klang ungeduldig, aber offensichtlich hatte er noch nichts von Robins Erwachen bemerkt. Ricas Hirn lief mit einem Mal auf Hochtouren. Konnten sie das irgendwie ausnutzen? Würde es ihnen vielleicht gemeinsam gelingen, Herrn Wolf zu überwältigen?
»Einen Moment noch«, murmelte sie. »Es kann doch egal sein, ob ich jetzt oder in zehn Minuten sterbe, oder? Schließlich sehe ich ihn zum letzten Mal.«
Robins Augen wurden bei den Worten noch größer und noch dunkler, der Mann hinter Ricas Rücken seufzte übertrieben. Rica konnte hören, wie er sich abwandte und ein paar Schritte in Richtung Tür ging.
»Was willst du tun?«, flüsterte Robin kaum hörbar, sobald sich die Schritte weit genug entfernt hatten.
»Ich kann nichts tun«, erwiderte Rica. »Er will, dass ich mich umbringe.«
»Das wirst du schön bleiben lassen.« In Robins Augen trat beinah so etwas wie Schalk. Er hob eine Hand und berührte ganz leicht Ricas Wange. »Ich brauche dich doch noch«, meinte er.
»Bist du jetzt fertig?«, kam die Frage von der Tür.
»So fertig sie eben sein wird«, erwiderte Robin so laut, dass Rica zusammenzuckte. Was tat er da? »Meine Freundin wird sich ganz sicher nicht umbringen«, fuhr er fort. »Und Sie können sie nicht dazu zwingen.«
Herr Wolf war bei Robins ersten Worten herumgefahren und hatte ihn erschrocken angestarrt. Doch jetzt kehrte das selbstsichere Lächeln wieder auf sein Gesicht zurück.
»Du bist wach«, meinte er. »Das macht auch nichts. Ich wüsste nicht, was du tun könntest. Darf ich dich daran erinnern, dass du immer noch viel zu schwach zum Aufstehen bist?«
»Zum Aufstehen vielleicht schon.« Robin grinste. Zu Ricas Entsetzen stemmte er sich im Bett hoch und setzte sich auf. Er sah ihrem Widersacher herausfordernd entgegen. »Aber das ist ja nicht alles, was ich kann.« Sein Grinsen wurde noch breiter. Rica sah von ihm zu Herrn Wolf und sah, wie sich auf dessen Gesicht Verwirrung ausbreitete. Sie musste zugeben, dass es ihr selbst nicht viel besser erging.
»Was …«, begann Herr Wolf, doch Robin schüttelte nur leicht den Kopf.
»Sie werden uns gehen lassen, verstanden?« Es war nur ein leiser Satz, aber irgendwie steckte eine Wucht dahinter, die Rica fast von den Füßen riss. Eine Welle von Autorität ging von Robin aus, sodass sie selbst sich am liebsten weggeduckt hätte. Mit großen Augen sah sie Robin an. So etwas kannte sie bisher nur von Eliza, und selbst da hatte sie es niemals so stark verspürt.
»Ich …«, begann Herr Wolf, aber seine Stimme zitterte.
»Lass uns gehen! Belästige uns nicht weiter. Du wirst uns nichts mehr anhaben«, sagte Robin. Bei jedem Wort
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