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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Schulter zurück – die Gepanzerten hatten ihre Gewehre auf ihn gerichtet, und er sah, wie beinahe gleichzeitig in beiden Läufen Feuer aufblitzte, aber sein Floß tanzte so wild auf den Fluten, dass sogar die besten Schützen höchstens auf einen Zufallstreffer hoffen konnten.
    Amos schaute wieder nach vorn. Gottlob jagte die Tür mit dem gerundeten oberen Ende voran durchs Wasser. Obwohl er noch immer auf allen vieren kauerte, konnte er sein Floß mit einiger Mühe lenken, indem er sein Gewicht nach links oder rechts verlagerte. Aber für die Krümmungen, die der Flusslauf weiter unten vollführte, würde das nicht reichen.
    In seinem Rücken hörte er weitere Schüsse krachen und in den Augenwinkeln sah er, wie zu seiner Linken eine Kugel gegen die Felswand prallte und mit metallischem Sirren davonstob. Gischt sprühte auf ihn herab, als ob er im Innern eines Wasserfalls kauern würde, und sein Floß stampfte so wild auf den Wellen, dass er sich nur mit äußerster Anstrengung darauf halten konnte. Und doch blieb ihm keine Wahl – er musste sich aufrecht hinstellen, damit er überhaupt eine Chance hatte, das Floß heil durch die Krümmungen und Kehren zu steuern, denen er entgegenraste.
    Gerade als er seine Hände und Knie vom Türholz gelöst hatte und vornübergebeugt bereits auf den Füßen stand, erschallte hinter ihm ein grässlich gurgelnder Schrei. Amos fuhr herum undhätte nun wirklich fast das Gleichgewicht verloren – nicht allein wegen der tosenden Strömung, die wie mit Riesenfäusten von unten gegen sein Floß schlug, sondern mehr noch vor ungläubigem Erschrecken: Dort oben am Ende der Schlucht, schon gut hundert Fuß von ihm entfernt, stürzte sich eben ein erbärmlich mageres Wesen vom Turmfuß in die schäumenden Fluten hinab und der um seinen Rumpf gebundene Strick wehte im verblassenden Abendrot hinter ihm her.
    Wieder drehte sich Amos nach vorn. Er raste nun auf eine scharfe Linkskrümmung zu, und wenn er sich recht erinnerte, kam direkt dahinter ein enges Tunnelstück – eine Röhre im Fels, von der Gewalt des Wassers aus dem Stein gewaschen und eben breit genug, dass er mit seinem Floß hindurchpasste.
    Er stützte sich mit dem rechten Fuß auf die Mitte des Türblatts, wo sich die Eisenbeschläge kreuzten. Den linken Fuß schob er einen halben Schritt nach vorn und ging ein wenig in die Knie. Jetzt brauchte er sich nur noch leicht nach links oder rechts hin zu drehen und seinen linken Fuß geringfügig zu verschieben und das Floß folgte jeder Bewegung so bereitwillig, als ob es mit ihm verwachsen wäre. So raste Amos in die Linkskrümmung des Flusslaufs hinein. Er verlagerte sein Gewicht behutsam auf seinen rechten Fuß, um die irrsinnige Fahrt ein wenig zu drosseln, aber je höher sich die Nase seines Gefährts aus dem Wasser hob, desto wilder begann es zu schlingern. Und so jagte er mit der Geschwindigkeit einer Kanonenkugel der Felsröhre entgegen, zu der sich die Schlucht direkt hinter der Linkskehre für einige Dutzend Fuß zusammenzog.
    Amos war noch nicht ganz aus der Kurve heraus, als er ein Rauschen über sich hörte und flatternde Schatten auf ihn fielen. Er schaute nach oben – die beiden Falken stürzten sich mit Krallen und Schnäbeln auf ihn. Gleichzeitig stampfte sein Floß immer heftiger, denn die Schlucht verengte sich mehr und mehr und mit ohrenbetäubendem Tosen schossen die Fluten auf die Felsröhre zu.
    Schon gruben sich die Krallen eines Falken zwischen seine Schultern, da riss Amos sein Kurzschwert aus dem Gürtel und hieb damit blindlings hinter sich. Von Höttsche hatte er einmal gehört, dass der Schnabel eines Falken hart und spitz genug sei, um einen Menschenschädel aufzuknacken wie eine Walnuss. Aber so weit kam es gottlob nicht – der Raubvogel stieß sich von ihm ab und stieg mit wildem Flügelschlag vor der sich auftürmenden Felswand empor. Im buchstäblich allerletzten Moment warf sich Amos der Länge nach rücklings auf sein Floß – dann schoss er schlingernd in die Felsröhre hinein, mit den Füßen voran. Das Wasser umschloss ihn schäumend und gurgelnd, während sein Floß gegen die Felswände schrammte und er im Liegen nicht einmal wagte, seinen Kopf unter den Armen zu bergen, aus Angst, sich die Knochen zu zersplittern, denn er schoss und schwankte kaum handbreit unter dem Felsgewölbe dahin.
    Im nächsten Moment war er aus der Röhre heraus und über ihm spannte sich wieder der Himmel im letzten fahlen Abendgrau. Amos beeilte sich, erneut

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