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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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bedeckt. Bei allen guten Geistern, dachte sie, was ist das hier nur?
    Keine Sorge, meine Liebe , meldete sich Mutter Sophia. Konnte sie etwa Gedanken lesen – sogar dann, wenn Klara ihr gar keine Gedankenbotschaft geschickt hatte? Diese Geheimtreppe , fuhr die Äbtissin mit unerwartet munterer Gedankenstimme fort, führt zu dem lauschigen kleinen Nest, das Valentin und ich uns vor langen Jahren eingerichtet haben – als Versteck vor Nachstellungen verschiedener Art.
    Das verschlug Klara erst einmal die Sprache. Valentin , wiederholte sie dann. Verstehe ich Euch richtig, Mutter Sophia: Ihr sprecht von Kronus und … von Euch?
    Oh ja, meine Liebe, das verstehst du ganz und gar richtig , erklärte Mutter Sophia. Valentin Kronus und ich lieben einander seit bald dreißig Jahren . Aber lass uns gleich auf gewöhnliche Weise weiterreden, fügte sie mit schon wieder matt klingender Gedankenstimme hinzu. Dies magische Plauschen strengt mich doch allzu sehr an.
    Das »Versteck« oder »Nest«, wie die Äbtissin sich ausgedrückt hatte, lag hinter einer weiteren Geheimtür und bestand aus zwei winzigen Kämmerchen unter dem Dachstuhl. Fenster gab es keine, doch durch Ritzen zwischen Schindeln und Balken sickerte Sonnenlicht herein. Die vordere Kammer war behaglich eingerichtet – mit zwei Lehnsesseln, einem Tisch und sogar ein paar Büchern in einem kleinen Wandregal. Der Boden war dick mit alten Teppichen und Wolldecken ausgelegt.
    Eine der Nonnen zeigte darauf und bedeutete Klara erneut, dass sie leise sein sollte. »Niemand darf erfahren«, sagte sie gedämpft, »dass es diese Kammern überhaupt gibt. Geschweige denn, dass sie derzeit bewohnt sind.«
    Sodann baten die Nonnen Klara, sie eine Weile mit Mutter Sophia allein zu lassen. Sie würden die Kranke nur rasch mit dem Nötigsten versorgen und Klara solle so lange in der hinteren Kammer warten.
    Halbtot vor Müdigkeit torkelte sie durch ein schmales Türchen nach hinten. Diese zweite Mansarde mochte auch so mancherlei enthalten, doch Klara nahm kaum etwas davon wahr. An einer Seitenwand stand ein unglaublich bequem aussehendes Bett mit hoch aufgetürmten Kissen und Polstern. Ein wahrer Gähnkrampf riss ihr förmlich den Mund auseinander, und sie hatte noch längst nicht fertig gegähnt, als sie auch schon in den Federn lag.
    Im Liebesnest von Kronus und Mutter Sophia, konnte sie gerade noch denken und schlief im selben Moment ein.
    Das Nächste, was sie mitbekam, waren zwei Frauengesichter, die lächelnd über ihr schwebten. »Wir hätten dich ja noch weiterschlafen lassen«, sagte die Ältere so leise, dass Klara die Ohren spitzen musste, um sie zu verstehen.
    »Aber die Äbtissin will nicht länger warten«, ergänzte die jüngere Frau.
    »Sie sorgt sich, dass euch sonst nicht genügend Zeit bleibt«, nahm wieder die Erste den Faden auf.
    Verwundert sah Klara von einer Frau zur anderen. Es mussten die beiden Nonnen sein, aber das wurde ihr nur ganz allmählich klar. Sie sahen so anders als vorhin aus – anstelle der schwarzen Schleier trugen sie ihr Haar offen über der streng geschnittenen Nonnenkutte. »Nicht genügend Zeit?«, wiederholte sie schlaftrunken. »Wieso das denn?«
    Die beiden Frauen wechselten Blicke. »Das wird dir Mutter Sophia selbst sagen«, erklärte die eine.
    »Oder auch nicht«, steuerte diesmal ihre Gefährtin bei. Sie richteten sich wieder auf, beinahe gleichzeitig, als ob eine von ihnen ein Schatten oder Spiegelbild der anderen wäre.
    »Geh jetzt nach vorne«, sagten sie noch. »Alles Gute.«
    Es klang nach Abschied, doch als Klara in Leanders Schuhe geschlüpft war und in die vordere Kammer ging, blieben die beiden Frauen im Hinterzimmer zurück.
    Leise trat sie in die vordere Mansarde und schloss nach kurzem Zögern hinter sich die Tür. Die beiden Frauen hatten keinerlei Anstalten gemacht, ihr zu folgen. Das alles war ziemlich sonderbar.
    Nicht genügend Zeit, dachte sie – das konnte doch nur bedeuten, dass es mit Mutter Sophia zu Ende ging?
    Die Äbtissin saß mittlerweile in einem der Lehnsessel und wandte Klara ihren Rücken zu. Zögernd ging Klara um das Sitzmöbel herum, ein wenig bang vor dem, was sie zu sehen bekommen würde. Doch gleich darauf fiel alle Beklommenheit von ihr ab.
    »Komm zu mir, Liebes«, sagte Mutter Sophia mit leiser, aber kräftiger Stimme. »Keine Bange, an den paar Beulen und Schrammen, die Cellaris Schergen mir beigebracht haben, werde ich bestimmt nicht gleich sterben. Ein wenig in Eile sind wir

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