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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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ihn angeschaut, und schon gar nicht hoffnungsvoll. Sie hatte gewusst, dass sie ihren Peinigern nur noch auf eine einzige Art entkommen konnte – durch den Tod. Und Hannes hatte sich damals mit angstvollem Erstaunen gefragt, wie es möglich war, dass er so genau mitfühlen konnte, was jene junge Ketzerin oder Hexe empfand. Dabei war die Erklärung ganz einfach:
Das Buch der Geister
hatte da bereits die Gabe der Gefühlsmagie in ihm erweckt. Damals hatte er noch geglaubt, dass es ein Teufelsbuch wäre, doch nun wusste er, dass sie alle sich getäuscht hatten – Skythis, Cellari und er selbst. Ganz zu schweigen von Bruder Meinolf, der ihm mit tänzelnden Schritten dichtauf folgte. Gewiss brannte er schon darauf, Hannes mit Feuer und Zangen zu befragen – nach dem Opus Spiritus und dem Geisterbuch, nach Amos und Klara.
    Aber er würde sie nicht verraten, sagte sich Hannes, niemals. Ganz gleich, was die Inquisitoren ihm androhen oder antun würden – er würde ihnen nicht die unscheinbarste Kleinigkeit offenbaren. Zumal er ja ohnehin nichts wusste, was für Cellaris Jagd auf das Opus Spiritus von Bedeutung gewesen wäre.
    Er senkte seine Lider und spähte in sich hinein. Doch an seinem inneren Himmel konnte er nur noch sich selbst erblicken, sein eigenes magisches Herz. Klaras Lichtquell schien ebenso erloschen wie Amos’ Stern. Hannes konnte sich das überhaupt nicht erklären. Es beunruhigte ihn sehr viel mehr als alles, was ihm selbst im Folterkerker bevorstand. Klara musste doch auch irgendwo hier in Nürnberg sein, aber es gelang ihm einfach nicht, sein magisches Herz mit dem ihren zu verbinden. Auch Amos’ sonst immer so machtvoll strahlendes Gestirn war urplötzlich von seinem inneren Himmel verschwunden. Bis vor ein paar Stunden hatte Hannes noch sehen können, wie sich Amos immerweiter gen Westen entfernt hatte. Um dann aber mit einem Schlag zu erlöschen – wie ein Komet, der vom Himmel stürzt.
    »Hier entlang, Bursche.« Einer der Purpurkrieger riss die Tür auf, der zweite stieß ihn hindurch.
    So hell und weit alles draußen in der Halle gewesen war, so düster und eng war es auf dieser Seite der Tür. Die Fenster waren mit schwarzen Vorhängen verhängt. In Wandnischen brannten Fackeln und hüllten alles in orangefarbenes Flackerlicht.
    Die Purpurkrieger zerrten Hannes auf eine Treppe zu, die steil abwärtsführte. »In welches Loch sollen wir ihn stecken, Meinolf?«, fragte einer von ihnen.
    Während er die Treppe hinabstolperte, wandte Hannes seinen Kopf zurück. Auf Meinolfs blassen Wangen glühten wieder die feuerfarbenen Male.
    »In das siebte Verlies«, sagte der junge Dominikaner mit sanftem Lächeln. »Gegenüber dem Holzkerl – ihr wisst schon, diesem Heidenidol. Vielleicht bringen sich die beiden Knochenbündel ja gegenseitig zum Singen?«
    Er lachte auf, heiter und hell. Und gerade dieses unbekümmerte Lachen weckte in Hannes die Angst auf – einen vielhäuptigen Drachen, der in seinem Käfig umherzurasen begann.
4
    H
annes’ Kerkerzelle war eigentlich
nur eine Mauernische mit einer eisernen Gittertür davor. An der linken Wand eine Steinbank, auf der einige Hände voll fauligen Strohs verstreut waren. Käfer und Gewürm krauchten darin umher, aber Hannes nahm es kaum wahr. Er saß vornübergebeugt auf der Bank, die zugleich als Lagerstatt für die Nacht gedacht war. Jedenfalls gab es in der Nische keine weiteren Möbelstücke, weder Schemel noch Tisch oder überhaupt irgendeinen anderen Gegenstand. Es gab auch kein Fenster, nicht einmal eine Luke oder eine Ritze imGemäuer, durch die ein wenig Sonnenlicht in Hannes’ Verlies hätte sickern können. Es gab nur die Steinbank und die Mauer gegenüber, an die er mit seinem Kopf anstieß, wenn er sich zu weit nach vorn beugte. Es gab das faulige Stroh, zu seiner Rechten die Käfigtür und in seinem Innern die fauchend im Kreis jagende Angst.
    Und es gab die Zelle gegenüber, wie von Bruder Meinolf angekündigt. Mit dem »Knochenkerl« darin, gut sichtbar für Hannes, wenn er seinen Kopf nur ein wenig nach rechts drehte. Draußen auf dem Gang brannte eine Fackel in ihrer Wandnische und die Zelle gegenüber war sogar noch besser ausgeleuchtet – mit mehreren Wandfackeln und einem kleinen Feuer am Boden, das einer der Folterschergen dort unterhielt.
    Einer von wie vielen? Es hatte eine Weile gedauert, bis Hannes aus ihrem Gemurmel halbwegs schlau geworden war. Aber mittlerweile war er sich sicher, dass drei Männer sich dort drüben zu

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