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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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»werden Klara und du eine kleine magische Reise unternehmen – mithilfe der Fähigkeiten, die die vierte Geschichte in euch erwecken wird.«
    »Eine Reise, Herr?«, wiederholte Amos. »Wohin?«
    »Lasst euch überraschen«, sagte der Abt. »Aber so viel kann ich dir jetzt schon versprechen: Ihr werdet außer euch sein vor Begeisterung – und ihr werdet uns auf Knien für alles danken.«
    Amos wurde nun doch wieder recht mulmig zumute. Wovon redete der Abt da bloß? »Ihr sagtet ›uns‹«, fragte er, »wen meint Ihr damit außer Euch selbst?«
    Trithemius schüttelte lächelnd den Kopf. »Na, wen schon«, sagte er und zog die Tür auf. Am Fuß der wackligen kleinen Treppe erblickte Amos zwei breitschultrige Männer in Benediktinerkutten, die umgegürtete Schwerter trugen. »Faust natürlich«, sagte der Abt, trat hinaus und schloss hinter sich die Tür.
3
    D
ie schwarze Kutsche
hielt vor dem Nürnberger Inquisitionsgebäude. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite blieben sogleich Trauben von Schaulustigen stehen. Wie immer bei derlei Gelegenheiten taten sich unter ihnen etliche Schwätzer hervor, die angeblich ganz genau wussten, wen die Ketzerjäger diesmal gefangen hatten.
    »Ein heilkundiges Weib«, rief einer der Gaffer, »das verbotenerweise weiß, wie sich die Früchte der Liebe verhüten lassen.« Einige Frauen kicherten, die Männer machten anzügliche Gesten.
    »Einen Hetzprediger, der behauptet hat, dass auf dem Heiligen Stuhl der Leibhaftige thront!« Die Umstehenden erbleichten und wichen vor dem tollkühnen Schreihals zurück. »Halte lieber dein Schandmaul«, wurde ihm geraten, »oder willst du der Nächste sein, den sie da drüben traktieren?«
    »Einen Schwarzmagier«, wurde weiter spekuliert, »der Blei und Dreck zu Gold verkocht hat.« Diese Mutmaßung rief bloß Achselzucken hervor. Es klang einfach zu unwahrscheinlich – nicht, dass es Magier gab, die Gold kochen konnten, sondern dass die Kirchenfürsten jemanden einsperren und umbringen würden, der eine so kostbare Kunst beherrschte. Die Schatzkammern der hohen Herren waren schließlich allesamt leer.
    »Ich will euch sagen, wer wirklich in der Kutsche sitzt!«, schrie schließlich der vierte Schwätzer. »Sie haben wieder einen dieser Prediger geschnappt, die verkünden, dass Gott durch unser Gewissen zu uns spricht – und nicht durch die Bischöfe und Priester!«
    Abermals wurden die Gesichter der Gaffer grau vor Angst. Allerdings, man konnte aus vielerlei Gründen im Marterkerker landen – doch die Sache war so brenzlig, dass man am besten kein Sterbenswörtchen darüber verlor. Tatsächlich verhielt es sich nämlich so: Wen die Inquisition erst einmal verhaftet hatte, der stritt zu Anfang alles ab, was ihm zur Last gelegt wurde. Aber diesesLeugnen bewies ja gerade, dass er schuldig war – oder, besser gesagt, dass er von Dämonen besessen war. Die Teufelsgeister hockten in den Herzen der Ketzer und zwangen sie, die heiligen Herren von der Inquisition zu belügen und mit den übelsten Schimpfworten zu schmähen. So wie die Dämonen sie vorher gezwungen hatten, die ihnen zur Last gelegten Verbrechen zu begehen – also beispielsweise zu behaupten, dass die Erde eine Kugel sei. Obwohl doch jeder halbwegs verständige Mensch mit seinen eigenen Augen sehen konnte, dass die Erde flach wie ein Pfannkuchen war.
    Im Kerker wurden die Besessenen dann mit Zangen gezwackt oder auf dem Streckbett befragt, doch das geschah lediglich zu ihrem Besten: Auf diese Weise scheuchte man die Dämonen aus den befallenen Leibern heraus. Und zum Beweis, dass die Teufelsaustreibung geglückt war, gaben die Befragten am Ende auch alles unter Tränen zu – sämtliche Verbrechen, die ihnen zur Last gelegt worden waren, und meist noch ein halbes Dutzend obendrein.
    So jedenfalls ließen sich die Gaffer und Schwätzer vernehmen, die auf der Burgstraße vor dem Inquisitionsgebäude und auf dem Predigerplatz nebenan zusammengeströmt waren. Ein solches Schauspiel wurde einem schließlich nicht jeden Tag geboten! Erwartungsfroh starrten alle auf die schwarze Karosse mit der aufgepflanzten Standarte der Nürnberger Inquisition. Doch als schließlich die Kutschtür aufflog und eine geradezu lachhaft magere Gestalt hervorgestolpert kam, da war die Enttäuschung bei den Gaffern groß. Dieses Knochengestell von einem Lumpenburschen würde ja auf dem Scheiterhaufen nicht einmal anständig brennen, so ausgemergelt war der Kerl! Oder vielmehr, korrigierte einer der

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