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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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so bitte ich Euch von Herzen: Gebt mir Eure Tochter zur Frau.«
    Dem Herzogspaar verschlug es ebenso wie Laurentius’ Eltern die Sprache. »Aber du bist doch fast noch ein Knabe«, wandte seine Mutter schließlich ein und Lucindas Eltern bewegten ihre Häupter eifrig auf und ab. »Willst du dich wirklich schon jetzt für dein ganzes Leben binden?«
    »Laurentius ist kein Knabe mehr«, antwortete der Vater an Laurenz’ Stelle. »Durch seinen Mut und seine Weisheit wurden Burg Answer und wir alle vor unaussprechlichenGefahren bewahrt. Laurentius hat mir die Augen geöffnet und mich gelehrt, dass scheinbar unversöhnliche Feinde friedlich nebeneinander leben können und dass es Edleres auf dieser Erde gibt als die rohen Lustbarkeiten des Krieges und der Jagd. Laurentius«, wandte er sich direkt an seinen Sohn, »du hast dich unseres Namens würdig erwiesen und sollst fortan der Herr von Burg Answer sein.« Und er löste das Erbschwert mitsamt der Scheide, auf der das Wappen der Edlen von Answer prangte, von seinem Gürtel.
    Die Frauen und Mädchen brachen daraufhin in Tränen aus, aber es waren ausnahmslos Freudentränen, und deshalb lachten auch alle, obwohl sie gleichzeitig weinten und sich die Augen wischten und einander in die Arme sanken. Laurenz’ Mutter umarmte die Herzogin von Kestona, die diesmal kein gefiedertes Kleid trug, und Gisa umarmte Lucinda, die so unerhört schön war, dass selbst die hartgesottenen Burgwächter mit einem kindlichen Lächeln zu ihr herüberäugten.
    Währenddessen kniete Laurentius vor seinem Vater, und der berührte mit der Spitze des Erbschwerts der Edlen von Answer sachte Laurenz’ Schulter und sprach: »Ritter Laurentius, hiermit übergebe ich Euch alles, was den Edlen von Answer gehört. Haltet unseren Namen und unser Besitztum in Ehren, mein Sohn.«
    Laurenz erhob sich und empfing das Erbschwert aus der Hand seines Vaters. Er gürtete es sich um und umarmte Justin Answer, dem die Erleichterung darüber, dass er nicht in seinem eigenen Kerker schmachten musste, noch immer anzusehen war. Auch Laurentius vergoss nun einige Freudentränen, und er schämte sich keiner einzigen von ihnen, obwohl ihm klar war, dass Ritter für gewöhnlich lieber die Visiere herunterklappten, ihre Zähne zusammenbissen und die Augen zusammenkniffen, damit ihnen kein Weh und Ach und schon gar keine Träne entschlüpfen konnte.
    Aber Laurenz Answer war eben ein Ritter von eigener Art.
    Und dann feierten sie Hochzeit, den ganzen Frühling über und bis weit in den Sommer hinein. Eine so prächtige Hochzeitsfeier hatte man auf Burg Answer und selbst im Palazzo Kestona noch nie erlebt. Von früh bis spät wurden Lieder gesungen und Verse deklamiert und Possen gerissen, und die Maler und Dichter vom Hofe des Herzogs hielten die heiteren Ereignisse in allen Einzelheiten für die im Voraus bezauberte Nachwelt fest.
    Laurentius und Lucinda thronten an der Stirnseite der Tafel, die sich im Halbkreis durch den Palas und von dort durch den gesamten Burghof zog. In unvorhersehbaren Abständen beugte sich Laurenz zu seiner Liebsten hinüber und flüsterte ihr einige der Verse ins Ohr, die er damals vor dem spiegelnden Schild für sie ersonnen und eingeübt hatte. Oder die er, sehr viel besser gesagt, für Lucinda dort ersonnen und eingeübt haben würde, wenn es ihm nicht gelungen wäre, in die Stille vor jenem Schuss zurückzukehren.
    »Eigentlich habe ich diese Verse also gar nicht ersonnen und eingeübt, und folglich kann ich sie Euch nun auch nicht ins Ohr flüstern, liebste Lucinda«, sagte er irgendwann zu ihr und machte ein betrübtes Gesicht.
    »Na, und wenn schon«, entgegnete Lucinda und zog ihn aufs Neue zu sich heran, bis seine Lippen fast ihr Ohr berührten. »Flüstert weiter, liebster Laurenz«, sagte sie, »niemals vorher habe ich so köstliche Verse gehört.«
3
    N
ur ganz allmählich erwachte
Amos aus dem magischen Lesebann, in den ihn die vierte Geschichte aus dem Geisterbuch versetzt hatte. Er saß nicht mehr an der Stirnseite der Hochzeitstafel,sondern an dem riesenhaft runden Tisch in der Einsiedelei. Doch um ihn herum war die prachtvolle Hochzeit noch immer im Gange – die Poeten deklamierten ihre Verse, die Musiker spielten auf Schalmei und Viola, die Maler fuhren mit schmatzendem Pinsel oder kratzendem Rötelstift über Leinwand und Papier. Auf der Tafel standen Platten und Teller mit den köstlichen Gerichten, und der Wein in den Kristallkelchen funkelte so golden wie die Sonne selbst.

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