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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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einzigen Wand in seiner fünfeckigen Behausung, die keine Fensterluke aufwies. Dort nämlich grenzte die Einsiedelei an die äußere Klostermauer – und dahinter befand sich möglicherweise ein Pferdestall.
    Er legte ein Ohr an die Wand und schloss die Augen, um noch besser lauschen zu können. Nun vernahm er leises Getrappel, ein Scharren und Schnauben wie von vielerlei Pferden. Klaras Füchsin konnte er in diesem Durcheinander zwar nicht mehr ausmachen, aber offensichtlich war gerade eben eine ganze Gruppe von Reisenden eingetroffen – und bestimmt gehörte der Pferdestall da drüben doch zum Kloster!
    Amos trat von der Mauer zurück und schaute sich aufgeregt in der Einsiedelei um. Wenn er nur seine magischen Kräfte anwenden könnte – im Nu wäre er zu jenem Stall hinübergeflogen und hätte nachgeschaut, wer dort gerade angekommen war! Oder zumindest könnte er Klara dann eine Gedankenbotschaft schicken, und sowieso hätte sie ihn von unterwegs auf dem Laufenden gehalten, ob sie wohlauf war und wie lange sie noch bisWürzburg brauchte. Aber wegen dieses unseligen Bruders Paulus waren eben seine magischen Gaben lahmgelegt, zumindest solange er sich in diesem Buchstabenkerker befand. Und auf gewöhnliche Weise aus der Tür gehen und einfach nachschauen, ob Klara irgendwo da draußen war – das konnte er genauso wenig, weil die beiden kräftig aussehenden Mönche zweifellos noch immer vor der Einsiedelei Wache hielten.
    Es war zum Verzweifeln! Und welche magische Gabe die vierte Geschichte in ihm erweckt hatte, oder erwecken würde, wusste er auch noch nicht, obwohl er die Geschichte gelesen und sich zuinnerst angeeignet hatte – und das alles nur wegen Bruder Paulus und weil Trithemius ihn, Amos, ausgerechnet in diesem Wörtermausoleum hatte einquartieren müssen.
    So haderte Amos mit seiner Lage – und schreckte dann umso heftiger zusammen, als auf einmal seine Tür aufging.
    Auf der Schwelle erschien Trithemius, mit jenem stillen Lächeln, das ihn Kronus so ähnlich erscheinen ließ. »Sieh nur, Amos«, sagte er, »wen ich dir mitgebracht habe.«
    Er trat zur Seite und Amos starrte sie an wie eine Erscheinung. Dabei hatte er ja seit Tagen an kaum etwas anderes mehr gedacht, sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass sie endlich wieder bei ihm wäre. Sie, Klara – und sie war es wahrhaftig und sie ging an Trithemius vorbei und auf Amos zu und streckte ihm schon von der Schwelle aus beide Hände entgegen. Und Amos streckte gleichfalls seine Hände nach ihr aus und ging – oder eher wohl taumelte – ihr entgegen. Als ob er Wein statt Wasser getrunken hätte oder als ob seine Beine auf einmal aus Lehm geformt wären, so knieweich wankte er Klara entgegen und nahm ihre Hände und zog sie ganz nah zu sich heran.
    »Gütiger Gott, da bist du ja endlich«, sagte er und wäre ums Haar in Tränen ausgebrochen wie Laurentius Answer, als er endlich vor seiner Lucinda niederknien durfte – oder eigentlich nicht »endlich«, sondern »beginnlich«, wenn es dieses Wort gäbe, denn all ihre vorherigen Zusammentreffen hatten ja eigentlich erst späterstattgefunden, oder würden ohnehin nur stattgefunden haben, wenn es Laurenz nicht gelungen wäre, in die Stille vor jenem Schuss zurückzukehren. Aber diese Gedanken, die durch Amos’ Kopf wirbelten, während er Klara anstarrte, brachten ihn nur noch mehr durcheinander.
    »Hier bin ich, mein Auserwählter«, bestätigte Klara mit einem strahlenden Lächeln und einer fragend gehobenen Augenbraue, die wohl Trithemius galt.
    Der Abt stand noch immer draußen vor der Türschwelle – anscheinend wollte er ihnen noch irgendetwas mitteilen. Am liebsten hätte Amos ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen – Trithemius und seinen beiden bewaffneten Mönchen, die sich seit Tagen da draußen die Beine in den Bauch standen. Aber er rang alle Ungeduld und Aufregung nieder und nickte dem Abt über Klaras Schulter hinweg freundlich zu.
    »Ihr seht, meine Lieben«, sagte Trithemius, »wir haben wirklich alles bedacht. Ihr seid wieder zusammen und ihr seid hier so sicher wie in Abrahams Schoß.« Er trat in die Einsiedelei und legte ihnen seine Hände auf die Schultern. Ganz kurz nur, wie es auch Kronus oftmals gemacht hatte – schon trat er mit einem stillen Lächeln wieder ein wenig von ihnen zurück.
    »Du wirst dich ausruhen wollen«, sagte er zu Klara, und aufs Neue machte seine staubige Raschelstimme alle Ähnlichkeit mit Kronus zunichte. »Einer meiner Mitbrüder wird euch

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