Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
Herz‹, flüsterte er und streckte sehnsuchtsvoll seine Arme nach der Liebsten aus.
«
    Klara hatte noch betörender gelächelt, während sie auf ihrer Füchsin neben ihm hergetrabt war. »
Zumindest schien es ihm im ungewissen Kerzenlicht
,
dass der Spiegel neben ihm selbst auch seine Geliebte zeigte.
«
    »Immer will ich Euch lieben«,
hatte Amos entgegnet,
»nie Euch bekümmern, Lucinda.«
    Sie hatte ihr Pferd angehalten, und Amos hatte es ihr gleichgetan. »
Laurentius beugte sich ihr entgegen
«, hatte sie geflüstert, »
schloss die Augen und stülpte seine Lippen vor, um die Dame seines Herzens zu küssen.
« Und genau das hatte Amos dann auch gemacht.
    »
Doch statt der warmen, weichen Wange von Lucinda
«, hatte Klara geraume Zeit später gesagt, »
fühlte er an seinem Mund die kalte Härte von Metall.
«
    Da hatten sie beide lachen müssen, zum ersten Mal nach Stunden und Tagen hatten sie beide von Herzen gelacht. Denn was Amos eben an seinem Mund gespürt hatte, besaß keineswegs die Härte von Metall. Und das lag nicht etwa daran, dass er Klaras Lippen anstelle ihrer Wange geküsst hatte. »Als ich
Das Buch
insFeuer geworfen habe«, hatte sie gesagt, »da habe ich auch geglaubt, dass es für alle Zeiten verloren wäre. Aber die magischen Gaben hat es ja nur deshalb in uns erweckt, weil wir uns alle vier Geschichten zuinnerst angeeignet haben. Und das bedeutet doch, dass sie in unserem Gedächtnis vollständig vorhanden sind – nicht nur die beiden ersten, die ich Leander ja schon einmal auswendig erzählt habe, sondern auch die dritte und die vierte Geschichte.«
    Vom funkelnden Nachthimmel hatte der Mond so samten auf sie herabgelächelt, als ob er mit diesen Worten überaus einverstanden wäre. Und dann hatte er sich rücksichtsvoll hinter einer Schleierwolke verborgen, während Amos und Klara einander noch einmal zärtlich umarmt und geküsst hatten.
    »Glaubst du wirklich, wir können es schaffen?«, hatte Amos gefragt, nachdem sie sich auf ihren Pferderücken wieder zurechtgerückt hatten. »Das ganze Buch auswendig aufzuschreiben – alle vier Geschichten, Satz für Satz und Wort für Wort?«
    »Glaubst du es etwa nicht, mein Auserwählter?«
    »Oh, doch, ich glaube es!«, hatte er ausgerufen. »Lass uns eilen, und lass uns unterwegs an nichts anderes mehr denken – damit wir auch wirklich nichts durcheinanderbringen oder vergessen.«
    »Na, und wenn schon«, hatte Klara erwidert, »wenn wir uns an irgendeiner Stelle über den genauen Wortlaut nicht ganz sicher sind, dann reisen wir einfach in die Vergangenheit zurück!«
    Darüber hatten sie beide aufs Neue lachen müssen, aber diesmal war es ein beklommenes Lachen gewesen. Denn über die Gabe, durch Raum und Zeit zu reisen, verfügten sie ja höchstwahrscheinlich nur so lange, wie alle vier Geschichten aus dem
Buch der Geister
in ihrem Innern vollständig gegenwärtig waren. Wenn sie also auch nur einen kleinen Teil von einer einzigen Geschichte vergessen hätten, dann wäre auch ihre Kraft des magischen Flugs in frühere Zeiten wieder dahin – und folglich könnten sie dann auch nicht nachschauen, was an der betreffendenStelle im Geisterbuch gestanden hatte, ehe es in Flammen aufgegangen war.
    Aber sie würden nichts vergessen oder durcheinanderbringen, keinen Absatz, keinen Satz, nicht ein einziges Wort! Das durfte einfach nicht passieren!
    Als sie in der Morgendämmerung bei Kirchenlamitz ankamen, war ihnen beiden ganz schwummrig zumute, so oft und so fieberhaft hatten sie sich die Geschichten aus dem
Buch der Geister
hergesagt – mal zur Gänze, mal in Bruchstücken, mal in Wechselrede, dann wieder jeder still für sich.
    »Am besten wartest du hier«, sagte Amos, gerade als sie in den Waldweg eingebogen waren, der von der Landstraße zum einstigen Mühlhof führte. »Versteck dich dort im Gebüsch, und nimm auch den Rappen – ich bin gleich wieder zurück.«
    Er drückte sich Andres Kupferschuhs schwarzen Hut tief in die Stirn und lief weiter die Landstraße entlang und nach Kirchenlamitz hinein. In den Gassen waren schon allerlei Leute unterwegs, und bestimmt wunderte sich manch einer über den zerlumpten Maurerlehrling, der auf das Schloss des Herrn Amtmann zurannte, ohne nach links oder rechts zu sehen.
    Bei der Kommandantur legte sich Amos hinter einem Busch auf die Lauer, denn zum Kommandanten hineinzuspazieren, schien ihm doch allzu kühn. In der Wamstasche des Andres Kupferschuh hatte er schon vor Tagen ein zerknülltes

Weitere Kostenlose Bücher