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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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vor ihnen lose war und sie es also einfach beiseite heben konnten, um durch den Spalt ins Dachgebälk hinabzuschlüpfen.
    Amos machte große Augen und kehrte seine Handflächen nach oben. Und dann?, hieß das, doch Klara ging mit einem aufmunternden Lächeln darüber hinweg.
    Sie fassten jeder ein Ende der Dachbohle, hoben sie genau gleichzeitig an und legten sie lautlos auf das Brett daneben. Mit angehaltenem Atem spähten sie in den dunklen Raum hinab, aus dem ihnen ein Geruch nach Pferden und Schlaf entgegenquoll.
    Mit den Füßen voran schlängelte sich Klara durch den Spalt. Direkt darunter verlief ein steil abfallender Balken – der linke Arm eines großen Y. Sie glitt in die Kuhle zwischen den beiden Y-Armen und schaute sich suchend um. Unter ihr standen die Pferde in engen Holzverschlägen, wenigstens ein Dutzend an jeder Seite des lang gestreckten Baus.
    Klara warf einen raschen Blick zu Amos hinauf, dann umfasste sie mit einer Hand den vorderen Arm ihres Balken-Y. Sie schlängelte sich daran vorbei und glitt auf die waagrechte Strebe, die einige Fuß über den schlafenden Pferden zum nächsten Balken-Y führte.
    Was hatte sie nur vor? Amos schob seinen Kopf tiefer durch den Dachspalt und folgte ihr mit den Augen. Und da auf einmal verstand er, warum sie unbedingt in diesen Stall hatte einsteigen wollen. Eines der Pferde dort weiter vorne hatte ein fuchsrotes Fell. Und offenbar war es hellwach und hatte längst bemerkt, wer da oben im Dachgebälk herbeigeschlängelt kam.
    Klara gab nun fast unmerklich leise Summtöne von sich. Die Füchsin hob ihren Kopf und antwortete mit einem Schnauben, das kaum lauter war. In dem Verschlag zu ihrer Linken stand ein prächtiger Rappe, und beim Anblick dieses herrlichen Pferdes durchfuhr es Amos wie eine Erleuchtung: Solange wir uns lieben und frei sind, ist überhaupt nichts verloren und vorbei!
    Er spürte, wie ihn neuer Mut und frische Zuversicht erfüllten. Dabei hätte er selbst nicht sagen können, von woher ihm diese neue Hoffnung auf einmal zugeströmt war.
Das Buch
war ja noch immer zu Asche verbrannt. Doch der schwarze Hengst – es musste ein Hengst sein, das spürte Amos – dort unten neben der Füchsin erweckte in ihm die Ahnung, dass
Das Buch der Geister
vielleicht trotz allem noch nicht ganz und gar verloren war. Auch wenn er sich nach wie vor nicht einmal schattenhaft vorstellen konnte, wie das möglich sein sollte. Verbrannt war schließlich verbrannt, oder etwa nicht? Und die einzige Abschrift, die Kronus von seinem Lebenswerk angefertigt hatte, befand sich bei der Zensurbehörde in Nürnberg – falls Skythis nicht sowieso dafür gesorgt hatte, dass auch sie längst vernichtet worden war. So oder so hatten sie keine Chance, an diese Kopie jemals heranzukommen – und das hieß doch, dass
Das Buch
niemals gedruckt und verbreitet werden könnte, wie Kronus sich das gewünscht hatte.
    Und dennoch, und dennoch – mit jedem Atemzug wuchs in Amos diese eigensinnige Zuversicht, dass doch noch alles gut werden würde. Mit den Füßen voran schlängelte er sich durch den Spalt und in das Balken-Y hinab. Klara kauerte auf dem waagrechten Balken genau über der Füchsin und spähte aufmerksam weiter nach rechts. Dort musste die Stalltür sein, und in der Kuhlezwischen den Balkenschrägen kauernd, verharrte auch Amos einige Augenblicke mit angehaltenem Atem und lauschte.
    Durch den Spalt im Dach sickerte ein wenig Mond- und Sternenlicht in den Stall hinab. Trotzdem war es dort unten noch immer so dunkel, dass nur ein paar ungefähre Umrisse zu erkennen waren. Irgendwo da vorn bei der Tür lagen möglicherweise zwei oder drei Wachsoldaten im Stroh. Zu sehen waren nur ein paar längliche Bündel, die ebenso gut Getreidesäcke oder aufgehäufte Waffen sein konnten. Doch während sich Amos auf dem waagrechten Querbalken über den Verschlägen der Pferde voranschlängelte, vernahm er von da vorne, wo jene Bündel bei der Eingangstür lagen, einen Laut, der unverkennbar aus einer menschlichen Kehle stammte. Ein selbstvergessenes Seufzen aus der Tiefe eines Traums.
    Vielleicht wurden die Kirchenkrieger zumindest im Schlaf von ihrem Gewissen geplagt, weil sie unschuldige Leute mit Bluthunden verfolgten, mit Armbrüsten beschossen, mit Marter und Feuertod bedrohten? Doch welche Waffen auch immer sie noch aufbieten würden – es würde ihnen alles nichts helfen. Klara und er würden letzten Endes trotzdem gewinnen – diese Gewissheit durchzuckte Amos gerade in diesem

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