OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger
und Skythis dich aufs Neue aufgespürt haben! Ich habe dich verraten, Klara – dabei liebe ich dich, wie ich niemals vorher jemanden geliebt habe! Er beugte sich blitzschnell nach rechts und zog hinter den Pulvertruhen eine Arkebuse hervor.
Amos und Klara wechselten einen Blick. Um Himmels willen, Klara, was hat er vor?
Die beiden Purpurkrieger erstarrten. »Das Gewehr weg, du verrückter Bursche – sonst fliegt hier alles in die Luft!«
»Ganz recht«, sagte Hannes und richtete den Lauf seiner Waffe auf den Soldaten mit dem Schwert. »Gib die Tür frei.«
»Die Tür?«, schrie der und starrte Hannes ungläubig an. »Die beiden Bücherteufel wollen die Flucht ergreifen – und du verdammter Knochenkerl willst ihnen dabei auch noch helfen?«
Hannes sah den Soldaten nur wortlos an und in seinem Antlitz malten sich Verzweiflung und tödliche Entschlossenheit. Der Purpurkrieger starrte noch einen Moment lang vor sich hin, dann stieß er sein Schwert in die Scheide zurück und trat zur Seite.
Geht jetzt – reitet, flieht!, schrie Hannes mit überkippender Gedankenstimme. Und bete für mich, Klara!
Die Füchsin setzte sich in Bewegung und Amos’ Rappe rannte hinter ihr her. In ihrem Rücken ertönten aufgeregte Rufe, und im nächsten Moment knallte ein Schuss. Beinahe gleichzeitig erschallte ein ohrenbetäubendes Donnern und Krachen. Die Erde erzitterte, Balken zerbarsten, Mauern stürzten ein. Dazu das Fauchen von Flammen und Schreie, aus Dutzenden von Kehlen – Schreie aus Angst und Schmerz und Zorn.
Wie eine Flutwelle, so raste das Getöse hinter Amos und Klara her – den Klosterhügel hinab und durch die Gassen unten am Fluss. Leute rannten ihnen entgegen, im Nachtgewand, mit schlafzerzausten Gesichtern, doch niemand schenkte den beiden jungen Reitern mehr als einen flüchtigen Blick.
Das Kloster auf dem Schottenhügel brannte! Und davor hatte es eine Explosion gegeben, so donnernd laut, als ob sich da obenein Höllenschlund geöffnet hätte! Wer interessierte sich da für zwei junge Leute, die bei Nacht durch die Gassen ritten? Niemand versuchte, sie zurückzuhalten, und erst recht jagte niemand hinter ihnen her.
Mit jeder Straßenbiegung, die sie hinter sich brachten, wurde es stiller. Doch umso lauter hallten das Krachen der Explosionen, das Fauchen des Feuers und die Schreie in ihnen nach.
6
J
ohannes hat sich für uns geopfert
«, sagte Klara irgendwann später in der Nacht. Da ritten sie längst durch mondbeglänzte Weinberge, hoch über Stadt und Fluss.
»Für dich«, antwortete Amos. Doch er spürte keine Eifersucht mehr, nur Trauer und Schrecken und zudem jene eigentümliche Zuversicht, die in ihm immer stärker wurde, je weiter sie ritten.
Sie ritten die ganze restliche Nacht und den folgenden Tag fast ohne Pausen hindurch. Durch Täler und Wälder, an Bamberg vorbei und immer weiter in Richtung Nordosten. Niemand folgte ihnen, niemand schien sie auch nur argwöhnisch anzusehen. Sie nährten sich von Äpfeln und Beeren, die sie am Wegrand pflückten. In verlassenen Schäferkarren fanden sie hin und wieder ein paar Stunden Schlaf. Auf stillen Nebenwegen zogen sie dann weiter durchs Fichtelgebirge, auch über die Heidenkuppe, doch ohne Halt auf der anderen Seite gleich wieder hinab und immer weiter durch den Wald, die zweite Nacht hindurch, bis sie frühmorgens bei Kirchenlamitz wieder auf die breite Handelsstraße trafen.
Längst konnten sie beide es kaum mehr erwarten, endlich ihr Ziel zu erreichen, auch wenn das bloß eine rußgeschwärzte Brandruine war. Sie waren ausgehungert, zugestaubt und zum Umfallen müde. Doch viel dringender als ein Strohlager, ein Bad oder einen Brocken Brot brauchten sie etwas ganz anderes. Amoskannte lediglich einen einzigen Ort auf der Welt, an dem sie genügend davon zu ihrer freien Verfügung vorfinden würden.
Papier, Tinte, Federkiele.
»
Die Nacht war lange schon hereingebrochen
«, hatte Klara nämlich irgendwann gesagt, als sie bereits einige Stunden weit durch die helle Sternennacht geritten waren,
»doch Laurentius Answer stand noch immer vor dem kreisrunden Spiegel.
« Und dazu hatte sie ihn angelächelt, so verheißungsvoll, als ob sie selbst die Liebste hinter dem Spiegel von Ritter Laurentius wäre, auf dessen wackerem Rappen Amos ja augenscheinlich ritt.
Sein Herz hatte mit einem Mal hastig zu schlagen begonnen und sein Mund war ganz trocken geworden und dabei hatte er unaufhörlich in Klaras Augen gestarrt. »
›Edle Dame, schenkt mir Euer
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