OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger
Maultier würde es ein halsbrecherischer Abstieg werden.
Amos warf einen Blick über die Schulter zurück. Klara hatte sich mittlerweile wieder aufgerichtet, doch Johannes kniete nach wie vor mitten auf dieser gottverlassenen Waldstraße vor ihr undsah mit schwärmerischem Lächeln zu ihr auf. Der Kerl ist immer noch nicht ganz richtig im Kopf , teilte Amos ihr mit. Merkst du das nicht, herrje? Er hält sich selbst für Ritter Laurenz und dich …
Klara machte Johannes ein Zeichen und ihr Verehrer rappelte sich schwankend auf. Ich weiß, Amos , sagte sie. Hab noch ein bisschen Geduld mit dem armen Burschen – er wird bald wieder ganz gesund sein, das spüre ich genau. Du weißt doch, mein Auserwählter: Ich kann zwar nicht wie du in die Zukunft schauen oder in die Vergangenheit reisen, aber ich bin ganz gut darin, Leute zu heilen.
Dann heile ihn aber schnell , gab Amos zurück. Bevor er wieder von seinem alten Wahn gepackt wird und glaubt, dass
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vom Teufel persönlich geschrieben worden wäre . Was ihn selbst betraf – er vermochte weder in die Vergangenheit noch in die Zukunft zu reisen, allerdings hatte der Zauberer Faust ihn schon einmal in beide Richtungen auf magische Reisen geschickt. Und Amos war sich keineswegs sicher, ob er noch einmal eine solche Erfahrung machen wollte – vor allem sein magischer Flug durch die uranfänglichste Vergangenheit war wie der grässlichste Albtraum gewesen, so atemabschnürend und unentrinnbar.
Unterdessen waren Klara und Johannes zu ihm herübergekommen und Amos fügte auf gewöhnliche Weise hinzu: »Wir müssen hier runter.« Er deutete auf den Abgrund neben dem Weg.
»Mit den Tieren?« Klara warf einen Blick den schroffen Hang hinab. »Das ist Wahnsinn, Amos!«
»Anders geht es nicht«, beharrte er. »Wir müssen der Spur dieser Leute folgen – sonst finden wir sie in dem endlosen Wald nie mehr wieder. Aber wir werden es schon schaffen – Spuren zu lesen hat mir mein Vater schließlich beigebracht. Und bei den Reiterkünsten, die du von deinem Vater gelernt hast, ist der Abhang für dich doch eine Kleinigkeit.«
»Und was ist mit Johannes?«
Darauf wollte Amos ja gerade heraus. »Er schafft das wohl leider nicht.« Klara wollte etwas einwenden, aber Amos redete raschweiter. »Du nimmst am besten die Straße«, sagte er zu Johannes, »die führt ja auch ins Tal hinab. Und wenn wir die Leute gefunden haben, denen wir uns anschließen wollen, nehmen wir auf dem Gefühlsweg Verbindung mit dir auf und du kannst wieder zu uns stoßen.«
Er kam sich ein bisschen gemein vor, aber wirklich nur ein bisschen – schließlich war es bloß zum Besten des anderen Jungen, wenn der mit seinem Maultier der Straße folgte. Mit seinem verletzten Fuß konnte Johannes den Abhang bestimmt nicht besonders gut runterklettern, und wenn er versuchte, sein Muli dort hinabzulenken, würde er sich höchstwahrscheinlich den Hals brechen.
Das selige Lächeln auf Johannes’ Gesicht erstarb. Mit gefurchter Stirn sah er abwechselnd den Abhang hinunter und die Straße entlang. »Ich komme mit euch«, stieß er hervor, »und wenn es mich das Leben kostet.«
»Auf gar keinen Fall«, sagte Klara. Sie funkelte Amos zornig an. Wie kannst du nur so herzlos sein! »Warum reiten wir nicht einfach zu zweit die Straße entlang«, fügte sie hinzu, »und der Dritte folgt währenddessen zu Fuß dieser Spur?«
Und dieser Dritte – das soll wohl ich sein? Auch in Amos quoll nun die heiße Wut hoch . Hast du nicht gestern erst geschworen, Klara, dass nichts und niemand uns beide mehr trennen wird? Er starrte sie an und in seinen Augen und seiner Kehle begann es verdächtig zu brennen.
Da wusste ich noch nicht, gab Klara zurück, dass du dir solche Gemeinheiten einfallen lassen würdest – nur um Johannes möglichst schnell wieder loszuwerden!
Amos schüttelte ungläubig den Kopf. Darum geht es doch überhaupt nicht . Wie waren sie nur auf einmal in diese Streiterei reingeschliddert? Bisher hatten er und Klara sich immer fast blindlings verstanden. Aber kaum tauchte dieser Lumpenbursche auf, da lagen sie sich in den Haaren und hauten einander Gemeinheiten um die Ohren. Also gut , räumte er ein, es geht mir wirklich einbisschen auf die Nerven, wie dieser verdammte Kerl dich anschmachtet, und du – na ja, dir scheint es ja nicht gerade schlecht zu gefallen, wenn er sich vor dir auf die Knie wirft. Aber das ändert überhaupt nichts …
Weiter kam er nicht – Klara begann urplötzlich
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