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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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leise über Moos und Reisig abwärtskletterten. Aber wenn die Füchsin oder das Maultier im falschen Augenblick zu wiehern begännen, wäre es mit ihnen allen aus. Auch wenn es immer noch sein konnte, dass es sich bei den Reitern einfach um harmlose Kaufleute oder Jäger handelte – doch daran glaubte Amos nicht. Auf einsamen Straßen wie dieser begegnete man oftmals tagelang keiner Menschenseele. Dass die Reiter gerade jetzt herbeigesprengt kamen, war bestimmt kein Zufall – das spürte er mit jedem Schritt, den er den Abhang hinunterkletterte, nur noch klarer.
    Mittlerweile näherten sie sich dem gefährlichsten Punkt ihres halsbrecherischen Abstiegs – der Mitte des lang gezogenen Straßen-S, das an dieser Stelle den Hang in zwei Hälften zerschnitt. Zwischen Buschwerk und Bäumen sah Amos die Straße in einiger Entfernung bereits unter sich schimmern – ein schmales, helles Band, das hier für ein paar Dutzend Schritte fast waagrecht verlief.
    Sehr viel weiter durften sie sich für den Moment nicht voranwagen – jedenfalls nicht, solange die Männer nicht vorbeigerittenwaren. Erneut drehte sich Amos zu den beiden um, mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt. Er legte einen Finger auf seinen Mund und sah Klara beschwörend an: Die Straße ist direkt unter uns. Gleich kommen die Reiter da vorbei – keinen Laut jetzt .
    Klara nickte ihm zu. Sie beugte sich vor und summte der Füchsin beruhigende Laute ins Ohr. Das Fell der Stute war so schweißnass, dass es glitzerte wie mit Edelsteinen übersät. Mit den Vorderhufen stand die Füchsin auf einem bemoosten Felsvorsprung und unmittelbar dahinter ging es fast senkrecht weiter bergab. Klara tätschelte ihr den Hals, wandte sich um und zog das Maultier am Zügel näher zu sich heran. Das Muli war viel zu klein für Johannes, dessen Füße fast am Boden schleiften. Er schien mindestens so verängstigt wie sein Reittier, doch als Klara das Fell seines Mulis streichelte, hellte sich auch Johannes’ Gesicht auf. Mit großen Augen sah er sie an und Amos riss sich fast gewaltsam von dem Anblick des rettungslos verliebten anderen Jungen los. Was immer Klara ihm befehlen würde, dachte er – Johannes würde es auf der Stelle tun.
    Er wandte sich um und spähte erneut hinter seinem Baum hervor. Nur ein paar hastige Herzschläge später kamen die Reiter unter ihm ins Blickfeld – sechs Männer, die den schmalen Weg entlangritten, immer zu zweit nebeneinander, in gemächlichem Tempo, so als ob es mit ihrer Mission keine besondere Eile hätte.
    Und doch vergaß Amos fast zu atmen, während er den kleinen Trupp unter sich vorüberziehen sah. Die Silberhelme der Männer blitzten im Licht der Vormittagssonne und ihre Uniformen leuchteten in dem gleichen Purpurrot, in dem der Abendhimmel oftmals über Burg Hohenstein erstrahlt war. Quer über den Rücken trugen sie gewaltig große Schwerter und die Läufe ihrer Gewehre lugten aus den Satteltaschen hervor.
    Hinter Amos schnaubte das Maultier, und er hörte, wie Klara dem Muli das Fell klopfte und dabei mit heller Stimme fast unhörbar sang. Die Purpurkrieger zogen unter ihm vorüber und der Hufschlag echote donnernd zu ihnen empor. Dann waren siealle sechs vorbei, und Amos wollte sich schon umwenden und Klara ein Zeichen geben, dass sie sich an den weiteren Abstieg machen könnten.
    Doch im nächsten Moment setzte ihm fast das Herz aus – nur um anschließend desto rasender in seiner Brust zu hämmern.
    Während die sechs Purpurkrieger bereits wieder links aus seinem Blickfeld verschwanden, kamen von rechts zwei Nachzügler hinter ihnen her – und Amos hätte sie beide aus fünfzig Schritten Entfernung und noch nach ebenso vielen Jahren wiedererkannt.
    Der eine war ein groß gewachsener Mann, purpurn gewandet wie die Krieger, die ihnen vorausgeritten waren. Auf seinem Silberhelm schwankte ein gewaltiger Federbusch, leuchtend rot wie seine Uniform, und sein Gesicht erstrahlte in einem Lächeln, das niemals zu verblassen schien. Es war der päpstliche Offizier, der Amos und seine Schwester Oda damals im Ostturm von Burg Hohenstein eingesperrt hatte.
    Nicht daran denken, ermahnte sich Amos – nicht gerade jetzt! In seiner Kehle begann es zu brennen, und er schluckte mehrfach, um seinen Hals wieder freizubekommen.
    Auch wenn es eigentlich sogar sehr viel sicherer wäre, wenn er keinen Ton herausbekäme. Wenn er nicht schreien, wenn er den Offizier mit dem strahlenden Lächeln dort unten nicht lauthals verfluchen könnte, obwohl

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