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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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schrie der Nächste.
    Der alte Mönch hob die Laterne und sah sich nach allen Seiten um. Er hob witternd die Nase und schüttelte dann verdrossen den Kopf. »Ich sehe keine Flammen«, murmelte er, »und ich rieche keinen Qualm.«
    Doch das war schon nur noch ein Selbstgespräch – die jüngeren Mönche rannten barfüßig durch die Halle, auf eine Tür neben dem östlichen Treppenaufgang zu.
    Amos lief – oder schwebte – eilends hinter ihnen her. Über der Tür stand Bibliothek/Scriptorium, und Amos erschauerte im Laufen, als er diese Aufschrift las. Den Anblick der niedergebrannten Bibliothek in Kronus’ Haus würde er niemals vergessen. Die eingeäscherten Bücher, die zertrümmerten Schränke und Regale, dazu den Gestank nach verschmorten Ledereinbänden und zehntausend Seiten verbranntem Papier. Wenn Trithemius seinen Beinamen »Bücherpapst« nicht gänzlich zu Unrecht trug, musste es hier im Kloster eine Bibliothek geben, die noch weit umfangreicher und kostbarer war als die Sammlung, die Kronus im Mühlhof heimlich zusammengetragen hatte. Und wenn nun auch diese Bibliothek durch irgendein Unglück in Brand geraten war – es wäre nicht auszudenken!
    Er folgte den Mönchen in einen lang gestreckten Saal, der wohl mehr als ein Dutzend Pulte enthielt, immer paarweise hintereinander aufgereiht. Auf etlichen der Tische lagen Manuskripte oder Buchrollen, und bei diesem Anblick wurde Amos noch wehmütiger zumute. Alles hier erinnerte ihn an Kronus’ Schreibstube im einstigen Mühlhof – die Tintenfässchen, die Schreibfedern, die aufgeschlagenen Bücher.
    Vor den schmalen Fenstern in der rechten Längswand dämmerte bereits der neue Tag. Nicht mehr lange, dann würden Meinolf und die Purpurkrieger mit ihren Bluthunden durch die Gänge im Gestein hetzen und früher oder später den Geistersaal finden. Bis dahin müssten sie alle von dort verschwunden sein, undsehr wahrscheinlich drängte Bruder Egbert die Seinen bereits zum Aufbruch. Er selbst aber schwebte währenddessen an diesem weit entfernten Ort herum und nur sein Körper war im Felsgelass zurückgeblieben, hilf- und wehrlos, wie Klara es vorausgesagt hatte.
    Nur die Ruhe bewahren, mahnte sich Amos – er würde bloß rasch nachsehen, was hier im Kloster Sponheim vor sich ging, und dann im Handumdrehen zu Klara und Bruder Egbert zurückkehren.
3
    A
m anderen Ende
des Scriptoriums gab es eine weitere Tür und dahinter prasselte und fauchte das Feuer. Die Mönche wechselten bestürzte Blicke, während sie durch den Schreib- und Lesesaal auf diese Tür zurannten. Einer von ihnen hatte seine Hand schon auf der Klinke, doch dann zog er sie so hastig zurück, als ob er in Glut gefasst hätte.
    »Hört ihr das?« Er sah mit großen Augen zu den anderen Mönchen und die nickten ihm mit starren Mienen zu.
    »Du bist ein Unhold, Leo!«, rief drinnen ein gewiss nicht mehr junger Mann mit einer Stimme, die wie das Rascheln und Knistern von vergilbtem Papier klang. »Meine kostbare Bibliothek – nur ein Teufel wie du kann sich erdreisten, einen solchen Schatz anzuzünden!«
    »Das ist er.« Die Mönche vor der Tür wechselten neuerlich Blicke. »Es ist Abt Trithemius«, flüsterten sie einander zu.
    Hinter der Bibliothekstür polterte und dröhnte es unterdessen, als ob schwere Gegenstände umgestürzt würden. Auch das Fauchen und Prasseln der Flammen wurde immer lauter. Dunkler Rauch quoll unter der Tür hindurch und biss die Mönche in die Augen.
    »Lass dich warnen, Leo«, rief drinnen der Mann mit der kratzigen Papierstimme. »Hinter mir stehen Mächte, gegen die auch du und deine hohen Hüte nichts vermögen!«
    »Du drohst mir?«, antwortete eine zweite, ungleich kräftigere und melodischere Stimme. »Glaubst du im Ernst, dass ich mich vor deinen Brüdern fürchte?«
    Die Mönche machten aufs Neue große Augen. »Diese Stimme habe ich noch nie gehört«, sagte einer von ihnen und die anderen nickten ihm zu. »Mit wem redet er da nur?«
    Diese Frage wiederum hätte Amos leicht beantworten können. Allerdings konnten ihn die Mönche ja um keinen Preis hören, nicht einmal dann, wenn er sich die Kehle heiser geschrien hätte. Und sowieso war ihm der Hals vor Entsetzen wie zugeschnürt.
    »Das kommt darauf an, welche Brüder du meinst.« Abt Trithemius lachte auf, und es klang, als ob altes Papier durchgerissen würde. »Meine Benediktinerbrüder bestimmt nicht – aber wie wäre es mit diesen hier?«
    Noch in seine Hohnworte hinein begann es hinter der Tür so

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