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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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runden Eisengitter herab, das den Schacht hoch über ihren Köpfenverschloss. Durch die Stäbe schien der matte Mond herab und die Morgensonne färbte den Himmel bereits blassrot.
    »Es ehrt dich, wie treu du an Kronus hängst, Amos von Hohenstein«, sagte Trithemius mit seiner gewöhnlichen Stimme, die allerdings genauso wie seine Gedankenstimme nach dem Rascheln rissiger Buchseiten klang. »Und im Grundsatz gebe ich dir auch unbedingt recht – Valentin Kronus ist der Schöpfer unseres großen Werks und wir anderen sind und waren immer nur seine Gehilfen.«
    Jenes stille Lächeln glitt erneut über sein zerfurchtes Gesicht, und Amos dachte: Wenn er lächelt, sieht er Kronus beinahe so ähnlich wie ein Bruder dem anderen. Doch sowie das Lächeln erlischt, ist es auch mit der Ähnlichkeit wieder aus.
    »Aber was diesen bescheidenen Fluchtweg hier angeht«, fuhr Trithemius fort und deutete in den Schacht hinauf, »den habe ich vor langer Zeit anlegen lassen – noch in demselben Jahr, in dem ich zum Abt dieses Klosters gewählt wurde. Vielleicht habe ich damals schon geahnt, dass es eines Tages so enden würde – dass meine eigenen Mitbrüder mich von hier verjagen würden, weil sie den Lügen und Intrigen meiner Feinde schließlich doch erliegen würden. Aber dass sie nicht einmal davor zurückgeschreckt sind, sich mit Leo Cellari zu verbünden – diesem skrupellosen Jäger, der immer und überall nur Leid und Zerstörung hinterlässt …«
    Trithemius schüttelte den Kopf und schwieg aufs Neue, ohne seinen Satz zu Ende zu bringen. Er sah nun ehrlich bekümmert aus, so als ob er selbst niemals imstande wäre, ähnliche Grausamkeiten zu begehen oder auch nur gutzuheißen. Mit einem Mal war sich Amos gar nicht mehr so sicher, ob dieser alte Mann wirklich zu der Gruppe innerhalb des Opus Spiritus gehörte, die angeordnet hatte, seine und Klaras Eltern zu ermorden. Und Leanders Mutter und Vater höchstwahrscheinlich auch.
    Unterdessen hatte Trithemius die Knotenleiter mit beiden Händen ergriffen. »Aber glücklicherweise«, sagte er, »habe ich alles vorausgesehen und die nötigen Vorkehrungen getroffen.«
    »Welche Vorkehrungen meint Ihr, Herr?«, fragte Amos.
    »Da oben wartet eine Kutsche mit zwei starken Pferden auf mich – der Kutscher bringt mich geradewegs nach Würzburg.«
    »Nach Würzburg?«, wiederholte Amos. »Warum gerade dorthin?«
    Abt Trithemius ließ wieder sein stilles Lächeln sehen. »Bischof Lorenz, der Herzog von Franken«, sagte er, »ist ein großherziger und weitsichtiger Mann. Ich werde künftig das frühere Schottenkloster in Würzburg leiten – alles ist seit Langem vorbereitet. Lorenz hält seine Hand über mich und wird mich auch gegen Cellaris blindwütigen Zorn beschützen – zumindest hat er das gelobt.« Sein Lächeln erlosch. »Du musst dich noch heute auf den Weg machen, Amos von Hohenstein«, fuhr er in dringlichem Tonfall fort, »zusammen mit deiner Gefährtin Klara. Nicht im magischen Flug wie jetzt, sondern auf gewöhnliche Weise müsst ihr beide nach Würzburg kommen, so schnell wie irgend möglich. Dort werdet ihr mir
Das Buch
übergeben und dann endlich wird es in Sicherheit sein. Genauso wie ihr selbst. Hast du das verstanden?«
    Amos nickte zögernd. »Erklärt mir nur eines noch, Herr«, sagte er. »Warum habt Ihr mich hierher beordert – im magischen Flug, wie Ihr das nennt? Auf diese Weise könnte ich Euch
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doch gar nicht überbringen, oder?« Er klopfte auf seine Weste, die sich auf der Herzseite wölbte – aber auch
Das Buch der Geister
war hier nur körperloser Schein.
    »Nun, das …« Trithemius packte den Knotenstrick fester. »Ich wollte mich lediglich vergewissern, dass die Gabe des magischen Ortswechsels in dir erwacht ist.« Unerwartet behände kletterte er an der schwankenden Leiter empor.
    »Ihr wolltet mich nur auf die Probe stellen?« Der Zorn begann in Amos zu brodeln. »Und aus diesem Grund bringt Ihr mich und alle anderen in solche Gefahr? Ihr wisst doch bestimmt auch, dass Meinolf mit einem halben Dutzend Kirchenkriegern und einer ganzen Meute Bluthunden hinter uns her ist?«
    Erst als ihn nur noch eine Handvoll Knotenstufen vom Ausstieg trennten, wandte sich Trithemius neuerlich zu Amos um. »Sorge dich nicht«, sagte er, »wir haben jede Schwierigkeit bedacht und alles wird gut ausgehen.«
    Diese hochmütigen Trostworte erbosten Amos nur noch mehr. »Und Kronus?«, rief er, während der alte Mann schon weiter nach oben stieg. »Habt Ihr

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