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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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furchterregend zu zischen und zu heulen, dass sich den Mönchen sämtliche Tonsurhaare sträubten. Sie schauten einander voller Entsetzen an, und einer von ihnen stammelte: »Hö… Höllengeister?«
    Offenbar trauten sie ihrem Abt ohne Weiteres dazu, dass er eine ganze Horde jaulender Dämonen zu beschwören vermochte. Und für das gräuliche Geheule gab es auch wirklich kaum eine andere Erklärung – da drinnen zischte und gellte es so infernalisch durcheinander, als ob sich die Erde aufgetan und die Hölle ihre abscheulichsten Kreaturen geradewegs in die Klosterbibliothek emporgespien hätte.
    »Ergreift ihn!«, schrie der zweite Mann, der niemand anderes als der Inquisitor Cellari war.
    »Zum Satan mit dir, Leo!«, rief Trithemius, während es drinnen unentwegt weiter heulte und zischte. Schwere Stiefel stampften umher, es schepperte und klirrte, als ob Schwerter aus Scheiden herausgerissen würden. Offenbar befanden sich etliche bewaffnete Männer in der Bibliothek – falls dies alles nicht nur höllische Vorspiegelungen waren. Denn überdies quollen nun giftiggelbe Dämpfe unter der Tür hervor und es roch erstickend nach Schwefel.
    Da endlich fasste sich einer der Mönche ein Herz und stieß die Bibliothekstür auf. Was sich dahinter abspielte, verschlug ihnen allen vollends den Atem – auch Amos, obwohl der ja den erstickend dicken Dampf nicht wirklich einzuatmen brauchte. Graue, gelbe und blutrote Schwaden zogen durch den weitläufigen Saal. Nur mit Mühe konnte Amos die deckenhohen Regale ausmachen, die sämtliche Wände bedeckten, gefüllt mit unzähligen Büchern und Schriftrollen. Gewaltig große Bände, in Holz oder Leder gebunden. Vergilbte Buchrollen, mit breiten Lederriemen verschnürt und mit Wachssiegeln verschlossen.
    Es mussten Hunderte und Aberhunderte kostbarer Bücher sein – und mindestens die Hälfte von ihnen brannte bereits lichterloh. Die Flammen fraßen sich wie hungrige Geister durch die Regale, sprangen fauchend von einem Bord zum nächsten, flogen prasselnd zu den Vorhängen vor den Fensterluken hinüber, und im nächsten Moment züngelten auch aus dem schweren Brokatstoff Flammen hervor.
    Die barfüßigen Mönche waren unterdessen in den Büchersaal vorgedrungen, taumelnd und hustend und offenkundig außer sich vor Entsetzen. Überall zwischen Pulten und Bücherborden lagen reglose Körper am Boden. Drei oder vier Mönche, alle in die gleichen dunklen Kutten gewandet, wie sie selbst sie trugen. Weiter hinten im Saal, näher bei den eisenbeschlagenen Schränken, die gewiss die kostbarsten Bücher enthielten, lagen drei weitere Männer – und ihr Anblick verstörte die Mönche womöglich noch mehr. Denn diese Männer trugen die purpurrote Uniform der päpstlichen Soldaten.
    Amos hatte unterdessen herausgefunden, welcher Quelle die ätzenden Dämpfe entströmten. Es handelte sich um eine Reihe blecherner Behälter, die nebeneinander im Innern eines Lesepults standen, an der Schmalwand gegenüber der Eingangstür. Die Pultplatte war heruntergerissen oder vielleicht durch die krachendenExplosionen weggeschleudert worden, die sie vorhin durch die Tür hindurch gehört hatten. Noch immer stieg gelber und roter Qualm in fingerdicken Säulen aus diesen Töpfen auf. Allem Anschein nach besaß Trithemius beachtliche alchemistische Fähigkeiten, und die angeblichen Dämonen, die er auf Leo Cellari losgelassen hatte, waren kunstvolle Feuerwerkskörper, mit Sulfur und Salpeter und anderen alchymischen Zutaten gefüllt. Mehr als einmal hatte Amos gehört, wie Kronus über die abergläubischen Leute gespottet hatte, die immer gleich »Höllenspuk« und »Teufelszeug« schrien, wenn es irgendwo in einem Kellerlabor knallte und puffte. Wenn sich alchymische Stoffe im Ofen des Schwarzkünstlers vermählten, war das laut Kronus genauso wenig »teuflisch«, wie wenn im Frühling die Bäume grünten oder sich Zweige und Äste im Herbst unter der Last reifer Früchte bogen.
    In derlei Gedanken versunken, bemerkte Amos erst mit einiger Verspätung, dass sich genau hinter diesem halb zerborstenen Pult mit den dampfenden Töpfen ein kreisrundes Loch im Boden befand. Und durch diese Bodenluke kletterte gerade eben ein hagerer alter Mann in schwarzer Robe auf einer Leiter in die Unterwelt hinab.
    Na endlich, Amos von Hohenstein . Der alte Mann sah ihn aus blassgrauen Augen eindringlich an und winkte ihn zugleich mit einer herrischen Gebärde zu sich her. Auch seine Gedankenstimme klang wie das Rascheln von

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