Oracoli (German Edition)
Zobiak. Ich finde das sehr nobel von mir.« Sonja kochte nun vor Wut. »Nobel? Wollen Sie mich beleidigen? Der Laden hat mich 100.000 gekostet, und Sie nennen das nobel? Mein Name ist schon …«
»Einen Dreck wert, wollten Sie sagen? Die 100.000 hat mein Mann bezahlt, liebe Frau Zobiak, ich vermute auch, dass Sie die Galerie mit Ware gekauft haben. Der Bilderbestand hatte wahrscheinlich das meiste gekostet. Sie haben den Laden nur runtergewirtschaftet, mehr nicht. Bilder sind kaum noch vorhanden. Also, 25.000 sind schon mehr als nobel.« Cora betrachtete ihre Nägel. Sonja bekam kaum noch Luft. Dann platzte ihr der Kragen. »Hinaus mit Ihnen, Sie … Sie …« Cora legte ihr eine Visitenkarte auf den Tresen und begab sich zur Tür. »Wenn Sie wieder von ihrem hohen Ross herunter gekommen sind, rufen Sie mich doch einfach an, Sonja«, sagte sie und verließ das Ladenlokal. Sonja knallte die Tür hinter ihr zu und hämmerte mit den Fäusten auf die Türzarge. Sie heulte dabei vor Wut. »Man hat mich betrogen, ich hab' hier nix runtergewirtschaftet«, schrie sie, ohne dass es irgendjemand hören konnte.
Als Cora in ihre Einfahrt fahren wollte, stand Magnus‘ offener, schwarzer MX5 dort im Weg. Sie parkte ihr Auto hinter ihm. Er spielte gerade sehr laut eine CD von Supertramp ab und hörte sie nicht kommen. Als sie neben ihm stand, schaltete er das Gerät ab und stieg aus dem Auto. Er lächelte sie an. »Ich warte schon seit Stunden auf Dich, Liebling, wir sollten vielleicht mal unsere Handynummern austauschen.« Cora trommelte mit ihren Fäusten auf seine Brust, schließlich umarmten sie sich. »Allerdings, ich habe mir verdammte Sorgen um Dich gemacht.« Er streichelte sie. »Das tut mir Leid, Schatz«, sagte er und küsste sie lang und leidenschaftlich. Cora spürte seinen Dreitagebart, der sie an die Gefahr erinnerte, in der er sich befand. »Haben Dich die Gerber-Brüder gesehen?«
»Ich hab keine Ahnung, deshalb lass ich mir auch einen Bart wachsen. Auf jeden Fall kann's jetzt losgehen. Sie haben die Steine besorgt und warten auf neue Instruktionen von uns.«
»Dann müssen wir Schrauber besuchen und sehen, ob das Boot fertig ist.«
»Vergiss es, er ist nicht zu Hause«, sagte Magnus und steckte sich eine Zigarette an. »Vielleicht weiß Ariel wo er steckt.«
»Okay fahr Dein Auto zur Seite, Liebling, lass uns meine Kiste nehmen.«
»Warum?«
»Weil die Sonne noch so schön scheint, und wir offen fahren können.«
»Ich verbrenn' mir den Kopf, Schatz.«
»Ich hab' Mützen im Auto, Cora.«
»Okay, ich mach Platz, aber wir nehmen Joschie mit, der Arme war den halben Tag alleine zu
Hause.«
»Okay, gib mir Deinen Haustürschlüssel, ich hole ihn, ich habe den Rabauken schon richtig vermisst, äh, Dich natürlich auch.«
»Das will ich auch gemeint haben«, sagte Cora. Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange und drückte ihm ihren Schlüsselbund in die Hand.
Sie standen vor Ariels Haus und warteten, dass er aufmachte. Die Haustür öffnete sich. Marietta Sticht sah die beiden freundlich an. »Si?« Cora lächelte freundlich zurück. »Guten Tag, wir würden gerne mit ihrem Mann sprechen, ist er zu Hause?« Marietta breitete bedauernd die Arme aus. »Oh, tute mir Leid, Bernino isse bei Trauerfeier in Kneipe. Ich glaube "Lesse Instante.«
›Verdammt‹, dachte Cora, ›ich hab' den armen Schieber vergessen.‹ Schuldbewusst sah sie zu Joschie hinunter. »Danke, Frau Sticht, dann fahren wir dorthin. Auf wiedersehen.«
»Ciao, und bitte sage Sie ihm, er soll denke an seine Herz. Soll nichte so viele saufe, bitte.«
Auf dem Weg zur letzten Instanz erzählte Cora Magnus, was in seiner Abwesenheit alles vorgefallen war. Von Max Gerber, von ihrem Sohn, der so tapfer war, von Ludwig, der sie schließlich befreite und von dem armen Schieber …
»Mist! Ich bin nicht auf Schiebers Beerdigung gegangen, das wäre das mindeste gewesen.« Magnus streichelte sie an der Wange. »Das hätte ihn auch nicht lebendig gemacht.«
»Ich fühle mich aber für seinen Tod mitverantwortlich.«
»Jetzt gehen wir wenigstens zu seiner Trauerfeier.«
Die Gaststätte ist voll. Zirka siebzig Trauergäste sind mittlerweile von Kaffee und Kuchen auf Alkohol umgestiegen. Fast alle Gäste sind vorbestraft, manche von ihnen haben vernarbte Gesichter. Cora, Magnus und Joschie bahnen sich einen Weg
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