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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Quadratmeter des runden Raums keinen Platz. Nur durch die Tür nach draußen und zwei Schießscharten ähnelnden Fenster fiel Licht herein. Im Sommer blieb es kühl darin, im Winter gemütlich warm.
    Aus dem unebenen, felsigen Terrain vor und zwischen den Trulli hatte Mimmo mithilfe von sandfarbenen Steinquadern einen wunderschönen kleinen Hof geschaffen. An der offenen Stelle zwischen dem großen Trullo und den jetzt miteinander verwachsenen Zwillingstrulli hatte er eine Windschutzmauer gebaut und davor eine kleine Freiluftküche errichtet. Eine gemauerte Zeile mit Strom, Wasseranschluss und abschließbarer Tür für die Gasflasche machten das Ganze perfekt.
    Die erste Nacht verbrachten sie in einem winzigen Bed&Breakfast in Ostuni. Im teuersten und übrigens einzigen Ausstattungsladen hatten sie am nächsten Tag drei schlichte, ein Meter vierzig breite Bettgestelle ausgesucht, einfache Regale, Tische und Stühle und einige Gartenmöbel für die Veranda unter der Pergola.
    Zur Erholung legten sie sich in die beiden aus Deutschland mitgebrachten Hängematten, die zwischen den Olivenbäumen im Wind schaukelten. Einer von Mimmos zahlreichen Verwandten brachte die Möbel und baute die Betten zusammen, gemeinsam mit ihm und seinem Lieferwagen fuhren sie noch einmal los, um Matratzen zu besorgen.
    Den Rest kauften sie auf dem Markt in Ostuni: Bettzeug und Handtücher, Töpfe, Pfannen und Besteck. An einem windigen Morgen brachen sie nach Grottaglie auf und kamen mit einem Kofferraum voll mit buntem Keramikgeschirr zurück.
    Sie beschlossen, die Zwillingstrulli zu taufen, um sie besser auseinanderhalten zu können. Der eine und der andere, der rechte und der linke, Hinz und Kunz, wie sollten sie heißen? Schließlich schrieb Milena mit einem Edding UNO neben die Tür des linken und ALTRO neben die des rechten Trullo. »Basta«, sagte sie. »So stimmt’s, die erste Idee ist meistens die beste.«
    Am letzten Abend lagen sie zusammen im Haus. »Haus«, das war der Name, den der Anbau nun offiziell trug. Vom Bett im Trulloschlafzimmer konnte man durch die Türöffnung bis draußen auf die Veranda sehen, die Fenster standen auf, die Tür auch, nur die dicke schwarze Gittertür für die Nacht war schon davor.
    »Gut, dass Mimmo nicht alles total verputzt hat, ich liebe diese groben Steine. Aber ein bisschen wie Knast ist das schon, mit den Gitterstäben überall, oder?«, hatte Milena gefragt. »Geht ja nicht anders, und mit den Fliegengittern fällt es kaum auf«, hatte Eva geantwortet. »Ist eben sehr einsam hier, im Sommer müsstest du sonst alle Fenster von außen mit den Läden verriegeln und verrammeln, wenn du mal zum Strand fährst, und im Winter brechen sie dir alles auf.«
    »Wenn überhaupt, brechen sie uns alles auf. Es gehört auch dir, du stehst mit im Kaufvertrag.«
    Eva ging nicht darauf ein, es war ihr peinlich, dass sie Milena von diesem herrlichen Platz abgeraten hatte, also weigerte sie sich beharrlich, sich als Mitbesitzerin des Grundstücks zu betrachten.
    »Wie lange brauchen die vom Sicherheitsdienst, bis sie hier sind?«, fragte sie.
    »Acht Minuten angeblich, da müssen sie aber schon fahren wie die Gesengten. Sollen wir es ausprobieren?« Milena war aufgesprungen und hatte mit dem Knopf des Senders gespielt.
    »Ich brauche den eigentlich nicht, die Stille hier macht mir keine Angst!«, hatte sie behauptet, sich wieder auf das Bett gelegt und minutenlang verträumt in die hohe Trullokuppel geschaut. Gemeinsam lauschten sie dem lauten Zirpen der Grillen, das die Stille ringsum nur noch mehr hervorhob.
    »Weißt du, was ich manchmal denke?«, sagte sie plötzlich. Sie hatte sich zu ihr umgedreht, den Ellenbogen aufgestützt, nun ganz wach und euphorisch, wie so oft. »Manchmal denke ich, das hier ist eine mystische Zone, als ob sich hier eine Energie sammelt. Du weißt, ich glaub ja sonst nicht wirklich an so Dinge …«
    »Nein«, hatte Eva gelacht, »überhaupt nicht! Wenn du nicht daran glaubst, Milli, wer denn dann?«
    Aber Milena war in ihrem Element: »Es könnte doch sein, dass es unter unserem Grundstück noch eine andere Welt gibt, bevölkert von einer Menschenrasse, nur ein Drittel so groß wie wir. Die leben dort in Höhlen und hören uns durch feine Kanäle bis an die Erdoberfläche zu. Sie sind harmlos, aber man sollte sie besser nicht stören!«
    Eva hatte gelacht: »Oh, Milli! Das hast du aus dem Kinderbuch mit dem kleinen König, der immer so wütend wird, wie hieß der noch mal? Vor dem

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