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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Obstteller war schon nach dem zweiten Tag zum Ritual geworden. Helga saß betont mun ter mit am Tisch, sprach aber nicht mit Georg, sah ihm auch nicht in die Augen. Georg seinerseits behandelte sie wie Luft.
    Ich hätte nicht mit ihm schlafen sollen, dachte Eva zum wiederholten Mal. Und es war noch nicht mal richtig toll, oder? Es war eigentlich nie besonders toll. Hat ja lange gedauert, bis du dir das eingestanden hast, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf. Wann war der Moment gewesen? Als er wieder so mechanisch »Das ist gut, das ist gut« flüsterte und sich bewegte, als ob er etwas Mühsames zu Ende bringen müsste, egal wie?
    Sie hätte heulen können. Er küsste sie nicht – na ja, vor Helga und Emil wäre das auch komisch. Für ihn änderte sich nicht viel. Sie hatte gestern nicht fragen wollen, was »Das habe ich gebraucht« bedeuten sollte. Aber über die Bedeutung des Kondoms in seiner Hosentasche musste sie nicht lange grübeln. Er war vorbereitet gewesen, hatte anscheinend auch noch Angst, sich mit irgendwas bei ihr anzustecken. Nun tu nicht so überrascht, sagte sie sich, nach der Kuss-Attacke unter dem Feigenbaum war das doch klar, oder? Und dann hat er auch ganz viel Trost gebraucht, das konnte er vorher nun wirklich nicht wissen, und den hast du ihm gegeben. Ein Trostfick, wie in den letzten zwei Jahren auch. Mehr war das nicht, sieh es doch endlich ein.
    »Ananas waren ja mal ziemlich weg vom Fenster, sind aber wieder total in, Eva, wusstest du das?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich komme nicht mit an den Strand«, sagte sie nach dem Frühstück, »fahrt ihr ruhig und setzt mich in Ostuni ab. Ich muss meinen Flug buchen.«
    Helga nickte. »Ich bleibe lieber hier«, flüsterte sie Eva ver schwörerisch zu, »der Gruppenkoller schlägt mal wieder bei mir zu.«
    »Aber es werden Wellen am Strand sein, hat Papa gesagt! Komm doch mit, Eva!«
    Emil klemmte sich das alte Bodyboard, das er in der Abstellkammer gefunden hatte, unter den Arm. Emil, du mein Lieblingsneffe! Sie zeigte ihm einen erhobenen Daumen. Wenigstens einer wollte sie mit dabeihaben.
    Der Delfin grinste ihr von dem Board zu, bevor Emil mit ihm um die Ecke zur Kiesauffahrt rannte, um es in den geöffneten Kofferraum zu legen. Das Tier erinnerte Eva an Georg, der grinste auch. Lächelte. War unverändert freundlich, außer zu Helga natürlich. Ein einfaches »Okay! Und wie kommst du wieder zurück?« war seine Antwort auf ihren Vorstoß.
    »Ich warte auf euch beide oder leihe mir einen Motor roller und fahre damit zurück, das wollte ich schon im mer mal.«
    Keine Geste, die ihr zeigte, dass sie ein Paar waren, keine heimlich ausgetauschte Vertraulichkeit, nach der sie sich so sehnte. Er machte einfach weiter, ließ sie nur so weit an sich heran, wie er es gerade brauchte, mal ganz nah, dann wieder weiter weg.
    Nachdem sie in einem Café mit freiem Internetzugang ihren Flug gebucht hatte, stand sie auf der Piazza della Libertà unter der Säule des Sant’Oronzo herum und hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Es war Sonntag, das hatte sie vergessen, die Läden waren geschlossen, die Straßen leerer als sonst. Kein Motorroller, um nach Hause zu kommen, kein Bikini zu kaufen, nicht mal die Kioske mit den Zeitungen hatten offen.
    Die Schlagzeilen auf den Klatschzeitungen waren durch die Sonne schon etwas vergilbt: La Moretti di Clooney vista a Milano con Rubinio! Hatte George Clooney schon wieder eine Neue, oder warum lieh er seine Freundin an Elio Rubinio aus? La Moretti und Rubinio. Haben sie oder haben sie nicht? – Hörner für Hollywood? La Moretti in Rubinios Tiefgarage! Dazu verschwommene Fotos von zwei dunklen Köpfen hinter der Frontscheibe eines Autos. Elio war anscheinend in Milano gut beschäftigt.
    Eva floh in den Park, in der Hoffnung, dass dort wenigstens ein Trödelmarkt stattfinden würde, doch unter den hohen Palmen langweilten sich nur Familien mit dicken Kindern auf den Bänken und starrten sie an, als sie vorbeiging. Sie gehörte nicht hierher.
    »Ewa!« Mimmos Tochter Katia kam am Ausgang des Parks winkend auf sie zu. Sie hätte sie überall erkannt, das kleine Frettchengesicht war noch schmaler geworden, die dunklen Locken noch buschiger. Sie umarmten sich, obwohl sie sich vielleicht erst fünfmal im Leben begegnet waren und sich bei diesen Gelegenheiten nur über Stromrechnungen und Ähnliches unterhalten hatten. Katia lächelte, dann schob sie einen Mann nach vorn, den sie stolz als ihren Verlobten Pietro

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