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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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jetzt den Gang hinunter, in dem Georg schon lange nicht mehr zu sehen war. »O Mann, und mit dem gehst du jetzt auf Vatersuche?! Hart, so was nach all den Jahren rauszufinden. Da musst du dir ganz schön was anhören, schätze ich.«
    Eva nickte.
    »Apropos anhören, hier! So ein geiler Song!« Er stülpte ihr mit einer zärtlichen Bewegung die Kopfhörer über, die er um den Hals trug, nestelte dann an seinem Handy herum, das er aus der Hosentasche gezogen hatte. Eine satte Männerstimme sang beschwörend no matter, where you are in Evas Ohren. Sie versank in der Musik, ihre Schultern bewegten sich unwillkürlich im Takt. Nach ein paar Sekunden nahm sie die Hörer ab: »Wer ist das?«
    »Chad. Chad Chaddy. Richtig gut, oder?! Ich kann es dir schicken.« Sie schaute ihn an.
    »Ja. Gut.« Es klang lahm. Sie reichte ihm die Kopfhörer mit einem entschuldigenden Lächeln. »Tschüs, du!« O Gott, sie konnte so peinlich sein, wenn sie verlegen war. Schnell ging sie Georg hinterher.
    Sie traf ihn vor dem Krankenhaus, mit verschränkten Armen saß er auf einer Bank, die Beine lang von sich gestreckt. Seine Augen sahen aus, als habe er geweint.
    »Was ist los?«, fragte Eva, obwohl sie es bereits ahnte. Es waren die Babys, garantiert hatte es mit diesen neugeborenen, hilflosen Menschen zu tun, die einem, ob nun hübsch oder nicht so hübsch, das eigene Leben, die eigene Sterblichkeit vor Augen führten.
    »Es ist furchtbar. Alles erinnert mich an Milena und Emil, an unsere erste gemeinsame Zeit.« Er setzte sich breitbeinig hin, stützte die Hände auf die Knie und starrte auf den Boden vor der Bank.
    »Ich weiß!« Warum quälst du dich denn absichtlich mit diesen Erinnerungen?, fügte sie im Stillen hinzu.
    Georg seufzte. »Wir sollten uns so langsam auf den Rückweg zum Hotel machen und noch mal in den Pool springen, dann sind wir heute Nachmittag in Pesaro, wenn die Fischgeschäfte wieder aufmachen.«
    »Du willst es wirklich durchziehen, oder?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
    »Natürlich will ich das! Das Ganze ist kein Spiel für mich. Ich werde erst wieder ruhig schlafen, wenn ich weiß, wer Emils Vater ist.«
    Das glaube ich nicht, dachte Eva, dann fangen deine Probleme doch erst richtig an. »Aber egal, wie die Suche ausgeht, wir fahren runter nach Ostuni und verkaufen den Trullo!«
    »Klar, haben wir doch gesagt!«
    Eva betrachtete verstohlen sein Gesicht, während sie zum Auto schlenderten. Die Ringe unter seinen Augen und sein ernster Blick machten ihn noch anziehender. Sie würde ihn am liebsten küssen, aber das war nun wirklich nicht der richtige Moment.
    »Und wie willst du jetzt vorgehen?«, fragte sie.
    »Vielleicht haben wir ja mit dem Typ vom Fischgeschäft unseren Kandidaten schon gefunden. Dann machen wir einfach noch ein bisschen Urlaub hier oben im Palazzo.«
    Im Nichtbeantworten von Fragen war Georg großartig.
    »Willst du Emil und Helga mit nach Pesaro nehmen?«
    »Emil auf jeden Fall! Er ist jetzt schon wieder seit einer Stunde alleine mit ihr, ich habe ihm Poolverbot erteilt, und Emil hält sich an das, was ich ihm sage. Aber ganz ruhig bin ich nie, wenn ich die beiden zusammen zurücklassen muss. Abgesehen davon hätte ich ihn auch nicht gerne mitgenommen, in Krankenhäusern wimmelt es nur so von Keimen.«
    »Verstehe.« Seine Angst wurde immer schlimmer, je älter Emil wurde. »Und was ist mit Helga, wann fährt sie nach Rom?«
    »Ach, keine Ahnung.« Er suchte nach seinem Autoschlüssel. »Hast du eigentlich nichts dabei, ein Köfferchen oder so?«
    »Ein Köfferchen!?« Wie kam er jetzt von Helga, Emil und Keimen auf Köfferchen?
    »Ja, für die Sicherstellung und Auswertung der Proben, Reagenzgläser, Pinzetten, keine Ahnung, was man eben dafür so braucht.«
    »Nein.«
    »Gar nichts!?«
    »Na ja, eine Rolle Gefrierbeutel habe ich eingepackt.«
    »Siehst du, ich weiß doch, du liebst es, gut vorbereitet zu sein!«
    »Aber um die Proben auszuwerten, habe ich natürlich nichts dabei! Da gibt es keinen Lackmusstreifen, der sich blau ver färbt oder so, das ist schon etwas komplizierter! Bedaure.«
    Georg grinste sie von unten an, er legte die Stirn in Falten, seine Augen wurden groß und fragend, der typische Bittstellerblick.
    Damit kann er alles bei mir erreichen, dachte Eva. Und das weiß er genau. Ich schaffe es nicht, ihm zu widerstehen, dafür liebe ich ihn einfach schon zu lange.
    »Eva?! Mist, mein Dackelblick funktioniert bei dir nicht mehr … André hat doch

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