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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Sind eben doch alles Muttersöhnchen, diese Italiener!«
    Georg zog die Augenbrauen hoch, wieder trafen sich ihre Blicke. Nun auch noch Ostuni, schien er zu sagen. Wenige Kilometer entfernt hatte Milena das Grundstück mit den Trulli gekauft. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
    »Na prima«, sagte Georg, »dann haben wir ja unsere Liste. Pesaro ist gar nicht so weit weg.«
    »Liegt in den Marken, ungefähr neunzig Kilometer von hier«, bestätigte Jannis.
    Georg grinste: »Unser erstes Ziel.«

 
    8
    Das Kind war da! Emilia Kristina Sofia. Ein kleines Gesicht mit platter Nase, verbittert eingezogenem Mündchen und dicken Augenlidern, die sie beharrlich geschlossen hielt, um das Chaos um sich herum nicht sehen zu müssen. Drei übernächtigte Erwachsene standen mit anderen Erwachsenen dumm im Zimmer herum und aßen aus Verlegenheit zu viel von den rosa überzuckerten Mandeln, die überall in kleinen Körbchen lagen. Rosa Luftballons in Herzform zerrten an silbernen Geschenkbändern, mit denen man sie an das Bettgestell geknüpft hatte. Blumen in hässlichen Vasen sorgten für dicke Luft und Platzmangel, unterstützt durch übergroße Geschenke, denen man ihre Sinnlosigkeit schon an den protzigen Verpackungen ansah. Dazwischen Teller mit angebissenen Kuchenstücken und eine stolze Schwiegermutter, die das Kind in seinem kleinen Plexiglaskasten vor sich herschob, als ob es sich um einen Einkaufswagen mit wertvollen Schnäppchen aus dem Supermarkt handelte, den sie nicht unbeaufsichtigt lassen könne.
    Davide schlief zusammengefaltet auf einem Stuhl in einer Ecke des Doppelzimmers, dessen anderes Bett leer stand.
    »Anna! Herzlichen Glückwunsch!«
    Jannis umarmte seine Kollegin, als sie an der Reihe waren, Eva und Georg drückten ihr nur vorsichtig die Hand. Sie sah blass und erschöpft aus, eine Ader war in ihrem rechten Augapfel geplatzt und hatte ihn blutrot gefärbt.
    »Wie geht es dir, wie war es? Ich habe dich vom Flur aus unterstützt, hast du gemerkt, oder?« Jannis versuchte gute Laune zu verbreiten.
    »Ich weiß nicht. Schrecklich? Wahnsinnig? Vielleicht das Schlimmste und Schönste, was ich je erlebt habe. Mir fallen keine anderen Worte dafür ein. Aber ich war noch nie so überzeugt, etwas derart richtig gemacht zu haben!« Hinter ihrem schwachen Lächeln brachen auf einmal Stolz und Liebe hervor und ließen ihr Gesicht selig leuchten.
    »Das hast du! Sie ist wunderschön!«, sagte Jannis, und Eva wunderte sich, wie aufrichtig er diese Lüge klingen lassen konnte.
    »Ja, wirklich!«, setzte sie schnell hinzu. »Ganz …!« Der ungesagte Rest verklang im Lärm der Gespräche um sie herum.
    »Ich weiß, sie ist so süß, oder?! Ich bin nur ziemlich erledigt. Will nur noch schlafen. Nicht böse sein …« Sie riss die Augen auf, die ständig wieder zufallen wollten, denn schon klopften neue, mit Blumen beladene Besucher an den Rahmen der offen stehenden Tür und jauchzten auf, als sie Anna erblickten.
    »Bellissimaaa!«
    »Was für ein Trubel. Ich verschwinde«, flüsterte Georg. Eva sah, dass Tränen in seinen Augen standen. »Die Italiener spinnen, das ganze Chaos ist doch viel zu anstrengend für Mutter und Kind. Gut, dass Helga mit Emil im Hotel geblieben ist, und auch wir hätten gar nicht herkommen sollen.« Er wischte sich schnell über die Augen und wandte sich ab. Jannis bedeutete Eva mit einer Kopfbewegung, sich Georg anzuschließen.
    Auf dem Flur verabschiedeten sie sich. »Amici!«, sagte Jannis und nahm sie nacheinander in den Arm. Wie zur Begrüßung hob er Eva dabei ein kleines Stück hoch. Sie tauschten noch ein paar Belanglosigkeiten aus, lächelten, ohne zu wissen, warum. Sein Flug von Bologna nach Rom ging an diesem Abend, dort würde er für Tibor in einem Filmstudio arbeiten.
    »Ich beneide dich, Cinecittà! «, sagte Georg. »Aber wenn ich schon nicht mitkommen kann, könnten wir dir doch wenigstens Helga mitgeben?« Sie lachten, keiner erwähnte mehr das gestrige Saufgelage.
    »Ich gehe schon mal vor«, sagte Georg. Wahrscheinlich glaubt er, ich hätte mit Jannis noch irgendetwas zu besprechen. Habe ich aber nicht, dachte Eva. Jannis diktierte ihr seine Handynummer. »Melde dich mal! Oder klingel am besten jetzt gleich mal kurz durch, dann habe ich deine Nummer.« Sie tat ihm den Gefallen. Er schaute nicht auf das summende Handy, sondern in ihre Augen.
    Ich will nicht, dass er mich so verliebt anschaut, ich habe Kopfschmerzen und will hier raus, dachte Eva ungeduldig.
    Jannis blickte

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