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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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fünfmal in der Woche die Putzfrau. Konrad drückte ein paar Knöpfe an der modernen Kaffeemaschine, dann kam er auf Eva zu, groß, haarig und rot, sogar auf seinen Unterarmen kräuselte es sich großzügig. Gab es irgendeinen Mann mit roten Haaren, der gut aussah? Eva fiel keiner ein.
    »’tschuldigung, Eva? Eva stimmtdoch? Wir haben uns damals vor fünf Jahren gar nicht vorgestellt. Ich bin in den zwei Tagen in Deutschland auch nicht gut beieinander gewesen, Milenas Tod hat mich sehr getroffen. Sehr!« Schon zuckte er wieder, seine linke Schulter schien sich an sein Ohr kuscheln zu wollen.
    »Ich habe dann im Jahr nachhär Mona, meine Frau, kennengelernt, sie hat mich aus dieser Krise rausgeholt. Doch nun? Es ist paradox, aber kaum ist sie gegangen, stehst du da! Das muss doch etwas bedeuten, dass Milenas Schwester hier bei mir in der Küche steht …!«
    Eva gab sich Mühe, seinen Gedankensprüngen zu folgen. »Kaum ist sie gegangen …? Ach so, Mona. Das tut mir leid.«
    Konrad winkte ihr Beileid mit einer Handbewegung beiseite. »Du bisch genauso schön wie deine Schwester. Ich spüre da eine ganz starke Anziehung zwischen uns.« Er stand viel zu dicht vor ihr. Manche Menschen bemerken einfach nicht, wann sie jemanden bedrängen, dachte Eva.
    »Darf ich dir einen Kuss geben?«
    »Nein!«, rief Eva und trat einen Schritt zurück. »Hast du bei ihr doch auch nicht gedurft, oder?«
    Er grinste hinter seinem roten Bart. »Wer weiß das scho’?«
    Mist, falsche Frage, welcher Mann würde freiwillig und ohne Umschweife zugeben, von einer Frau abgewiesen worden zu sein? Keiner. Konrad zuckte wieder heftiger, sein eingebautes Barometer für starke Emotionen. Die Frage war nur, welche?
    »War sie denn eigentlich auch mit Elio befreundet? Der wohnt doch auch in Rom, hast du seine Nummer?«
    Wieder kam er ihr näher: »Er wohnt in Rom, aber ich habe seine Nummer nicht. Ich möchte auch nicht auf ihn angesprochen werden. Punkt.« Sein Punkt hörte sich so kehlig an, als ob er sich gleich übergeben wollte.
    Eva wich noch weiter zurück und stieß mit Emil zusammen, der in diesem Moment in die Küche gelaufen kam.
    »Dein Handy klingelt schon die ganze Zeit, hier.« Er gab es ihr und rannte wieder davon. Normalerweise hätte sie ab gewinkt und den Anruf weggedrückt, doch ihr guter Freund André bewies mal wieder ein wunderbares Timing.
    »Das ist jemand vom Job, ich muss da mal drangehen, entschuldige bitte!« Sie schenkte Konrad ihr schönstes Lächeln, wandte sich um und drückte auf das grüne Feld. »Herr André!«, rief sie erfreut.
    »Und, wie läuft die Reise? Hast du ihn schon vernascht und festgenagelt?«
    »Nein, ich kann das im Moment auch schlecht näher beschreiben«, antwortete sie und wanderte aus der Küche durch den Flur. »Wir haben immer noch Emil und Georgs Mutter dabei!«
    »Ach je, meine Süße, das ist hart! Habt ihr wenigstens schon Proben sichern können?«
    »Zwei.«
    »Keine Kompromisse, denk dran!«
    Sie versprach es und lachte über eine kleine lustige Begebenheit aus seinem Labor. Er imitierte den Leipziger Dialekt dabei hervorragend. Während sie zuhörte, betrachtete sie noch einmal alle Fotos an der Wand, drückte dann gedankenlos eine Türklinke hinunter – war hier vielleicht die Toilette? – und schaute in den Raum, der sich vor ihr auftat. Ein Arbeitszimmer, Steinboden mit einem alten Perserteppich, an den Wänden Regale mit Hunderten von DVDs und alten Videokassetten, vor dem Fenster ein Schreibtisch mit Laptop. In einem Regal direkt neben der Tür standen Bücher und Bildbände, teilweise durch großformatige, ungerahmte Leinwände verdeckt, die mit dem Rücken zum Betrachter dagegenlehnten. Eva zog mit zwei Fingern die erste Leinwand zu sich und schaute von oben darauf. Kunst, in Rot und Gelb, irgendetwas Abstraktes. Sie klappte das zweite Bild um, auch wieder Farbe, diesmal in Rot und Grün. Nun kam ein dünnes Stück Aluminium, das zwischen den Rahmen hervorstand, mindestens ein Meter mal eins fünfzig, auf der Rückseite war ein Schwarz-Weiß-Foto aufgezogen. Eva legte den Kopf schief, um es ansehen zu können. Milenas Gesicht und ein Teil von ihrem Oberkörper – übergroß. Sie schaute dem Betrachter nicht in die Augen, sondern blickte von oben auf ihn herab und gleichzeitig in die Ferne, das schaffte nur sie. Eva hielt den Anblick nicht aus und ließ das Foto wieder gegen die Leinwände fallen. »Tschüs, André, wenn hier etwas Spektakuläres passiert, erfährst du es als

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