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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Minuten trank sie ihren Champagner aus und nahm gleichzeitig bei Helga Nach hilfe in Sachen Flirten. Georgs Mutter war aufgestanden und stand jetzt mit drei weiteren Männern am Rande der kleinen Tanzfläche, sie lachte, sie trank, sie sprühte Funken. Ab und zu legte Donald ihr den Arm um die Taille, um sein Revier zu markieren, doch auch ihm schien es zu gefallen, Helga im Zentrum der Aufmerksamkeit zu sehen.
    Eva schob sich in den Kreis der Bewunderer. »Ich ziehe noch ein bisschen mit Jannis weiter«, sagte sie Helga ins Ohr, die sofort nach ihrer Hand griff.
    »Mit Jannis? Dem Hübschen aus Forlì? Ist er in Rom?« Eva zog bejahend die Augenbrauen hoch und nickte. »Gut, Liebes, pass auf dich auf!«, sagte Helga mit warmer Stimme. »Er soll dich nach Hause bringen – oder nimm ein Taxi!« Wie klein Helga war, dennoch schien sie irgendwie alle zu überragen. Dieses gewisse Etwas von Helga hätte sie später auch gern einmal, wenn sie älter war. Sie beugte sich noch weiter hinunter und hauchte ihr einen Kuss neben das Ohr. Helga küsste wesentlich theatralischer zurück. »Ist sie nicht bella? Meine daughter-in-law, na ja, oder so ähnlich?« Eva löste sich lachend von ihr. Verschwesterung, Versöhnung, Verschwägerung mit Helga – hätte man ihr das vor einigen Tagen erzählt, hätte sie denjenigen für verrückt erklärt!
    »You’re the only normal person in here!«, sagte Donald mit lachendem Blick auf Helga und gab ihr die Hand. Das ist kein Kompliment, dachte Eva und bedankte sich für den Champagner.

 
    20
    Jannis kam mit einem Roller vorgefahren, er trug keinen Helm, seine Haare waren vom Fahrtwind zurückgeweht. Er stieg ab und ließ den schmächtigen Jungen vom Sozius nach vorn rutschen. »Ciao, Giovanni, a dopodomani«, rief er ihm hinterher, als er knatternd davondüste.
    »Da bin ich! Eva!? Was ist passiert, warum bist du allein in diesem Rentner-Club unterwegs, wo ist Georg? Du bist … Wow, du bist der Hammer! Una bomba! «
    Eva zuckte zusammen, manchmal redete er wirklich, als ob er erst sechzehn wäre. Sie merkte, wie ihre Stirn Falten warf, doch dann glättete sie sich wieder. Er sah gut aus, trug Jeans und ein einfaches weißes T-Shirt unter einer eng anliegenden Jacke.
    »Du bist tatsächlich in Rom!«, fuhr er fort. »Und dieses heiße rote Kleid, das du da anhast! Einfach nur …«
    »Megageil?« Ihre Stimme klang genervt.
    »Hey, eben warst du noch besser drauf. Na schön, wie sagte man das bei euch früher: Du siehst seeehr guuut aus heute Abend! Besser?«
    Sie lachte und warf sich in seine Arme. »Drück mich mal ganz ganz fest bitte.«
    Gehorsam drückte er sie an sich, hob sie dabei wie immer ein Stückchen hoch, ließ sie hinunter, hielt sie aber weiterhin umarmt. Eva schaute an seiner Schulter vorbei. Überall sah man eng umschlungene, bummelnde Paare, sie musste also keine Bedenken haben aufzufallen. Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Brust.
    »Ist alles in Ordnung?« Seine Besorgnis klang echt. »Willst du mir etwas erzählen?«
    »Es gibt rein gar nichts zu erzählen, und ich werde dich damit auch nicht belästigen, okay?«
    »Oha, so schlimm? Dann sage ich auch nichts, komm! Ich weiß doch, wie man dich aufmuntert.« Er nahm ihre Hand, sie gingen ein paar Schritte, doch mit einem Mal zog er sie an sich und küsste sie. Eva lachte während des Küssens auf, auch das passte ins Programm der Ablenkung – und zu Rom. Alles passte zu Rom: ihr Kleid, ihre ungewohnt offenen Haare, die ihre nackten Schultern streichelten, die warme Nacht, die gelben, von den Laternen auf das Kopfsteinpflas ter gemalten Lichtkreise. »Was machen wir hier?«, murmelte sie, als sie sich voneinander lösten.
    »Wir küssen uns.« Er küsste sie noch einmal. Was strahlte sie um Himmels willen aus, dass die Männer sich in al len Städten Italiens auf sie stürzten? Sie grinste. Jannis merkte es.
    »Lachen oder küssen, beides gleichzeitig geht nicht, Madamchen.« Sie schmiegte sich an ihn. Mach irgendwas mit mir, dachte sie. Hauptsache, ich muss nicht an Georg denken.
    »Zur Spanischen Treppe oder zum Trevibrunnen willst du ja hoffentlich nicht, oder? Da ist es jetzt rammelvoll.«
    »Bloß nicht. Das Gedränge am Kolosseum heute Nachmittag hat mir gereicht. Aber wo ist eigentlich der Tiber? Ich habe in Rom noch keinen vernünftigen Fluss gesehen!«
    »Dann bringe ich dich jetzt auf den Aventin, einen der sieben Hügel, dort hat man die beste Aussicht über die Stadt und sieht auch den Tiber«, sagte

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