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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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nicht so aussehen. Aber ich habe schon wieder Hunger!«
    »Das könnte ein bisschen schwierig werden. Ich glaube, wenn wir in eine Bar wollen, müssen wir die Straße weiter runtergehen«, sagte Jannis. Er gab ihr die Hand: »Taxi oder laufen?«
    »Laufen!«
    Sie liefen und liefen, blieben nur ab und zu stehen, um zu knutschen und ihre Hände über den Körper des anderen wandern zu lassen. Dann gingen sie weiter. Die Häuser rückten wieder näher, wurden höher. Immer weniger Autos fuhren vorbei.
    »Ich habe schon längst den Überblick verloren«, lachte Eva, »an jeder Ecke begegnet einem in Rom irgendetwas, hier ein hübscher, uralter Brunnen, da ein bedeutend aussehender Triumphbogen, der sicher irgendwem geweiht ist. Und überall diese riesigen Platanen, Pinien, Zypressen und Palmen. Wunderschön!«
    »Ich habe mich auch verliebt«, sagte Jannis, und nach einer bedeutsamen Pause fügte er »in diese Stadt« hinzu.
    »Wo sind wir hier?«
    »In der Nähe von San Giovanni, glaube ich.«
    Plötzlich waren wieder mehr Menschen auf der Straße, sie betraten eine Bar, die noch offen war, die Uhr über dem Tresen zeigte kurz vor zwei. Im Stehen teilten sie ein letztes Pizzastück, das wahrscheinlich schon recht lange in der Vitrine lag. Jannis trank Espresso, und weil es Eva plötzlich egal war, dass ein Italiener das niemals um diese Uhrzeit tun würde und man sie dadurch sofort als Touristin erkannte, bestellte sie einen Cappuccino. Sie löffelte den Milchschaum mit viel Zucker wie ein leckeres Dessert.
    »Ach, jetzt geht’s mir besser. Und nun noch einen Ramazzotti!« Der barista hatte verstanden, schon stand das Glas vor Eva auf dem Tresen.
    Jannis grinste. »Du bist eine tolle Frau, Eva!«
    »Danke!«, sagte sie nur. »Und danke auch, dass du mich nicht belehrt hast, was man in Rom essen muss, und gleich irgendwelche Delikatessen aufzählst. Artischocken auf jüdische Art, frittiertes Kaninchen, typisch römische minestrone mit typisch römischen Saubohnen drin oder was immer. Ich kann es nicht mehr hören.«
    »Georg?«
    »Er ist besessen von Nahrungsmitteln und wie man sie arrangieren und fotografieren kann. Er erklärt mir was von einer spektakulären Komposition, und ich sehe hinten links nur eine olle Gardine, oder er spricht von einem genialen Untergrund für die Terrine mit Zwiebelsuppe, was sich dann als Brett mit vielen Kerben aus einem Baugerüst erweist.« Sie war unfair, und sie hatte nicht über Georg sprechen wollen, aber es war nun mal die Wahrheit. »Ein verbogener Kaffeelöffel, ein zerkrümeltes rotes Pfefferkorn, ein Rosmarinzweiglein am Tellerrand kann ihn zu Tränen rühren. Und dann jedes Mal im Restaurant der Gang in die Küche und Palaver, Palaver … Entschuldige, dass ich so genervt von ihm bin.«
    Jannis schüttelte den Kopf: »Er nimmt seinen Job nicht nur ernst, er ist mit Leidenschaft dabei, so wie ich, so wie du. Das ist das Beste, was einem passieren kann. Wissen wir doch alle. Mund auf!« Er steckte ihr ein Stück Teig mit vereinzelt daran haftenden Spuren von Spinat in den Mund.
    Jannis verteidigt Georg auch noch, wie süß, dachte Eva kauend.
    »Oder ist es die Vatersuche, die dich nervt?«
    Nein, eigentlich noch etwas ganz anderes … Eva wischte mit einer Hand durch die Luft. »Scheiß auf die Vatersuche, lass uns von etwas anderem reden, wenn wir schon reden müssen! Wie ist dein Job, wie kommst du mit den Italienern klar, und was machst du eigentlich genau in Cinecittà? «
    Jannis holte tief Luft, während sein Blick sie durchbohrte, seine Augen glitzerten im grellen Neonlicht der Bar.
    »Ich baue Prinzen. Verzauberte Prinzen, also Frösche!«
    Eva lachte schallend, ein wahrhaft passendes Thema.
    »Es geht um Märchenfrösche aus Silikon. Tibor hat mich an einen römischen Kollegen ausgeliehen, weil wir die kleinen Viecher schon zusammen vor einem Jahr für eine deutsche TV-Produktion entwickelt haben. Wir brauchen mehrere davon: ein Modell mit elektronischem Innenleben, das heißt, er muss sprechen können, mit den Augen rollen und den Mund verziehen. Wir müssen einen haben, der im Wasser schön schleimig aussieht, und einen, der so richtig doll an die Wand geklatscht werden kann.«
    »Unterliegst du keiner Schweigepflicht?«
    »Ja klar«, lachte Jannis, »du rennst bestimmt morgen los und verkaufst dein aus mir herausgepresstes Wissen meistbietend an einen Spion, der es dann wiederum nach Amerika verkauft. Der Frosch wird auf jeden Fall cool. Und Angela Merkel ein

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