Orangentage
habe den Vertrag mit ihm aufgelöst. Mehr konnte ich nicht tun. Wir haben Schluss gemacht, wir sind keine Partner mehr. Was sagst du dazu?«
Darek trat dicht an die Tür heran. Es war ein seltsames Gefühl, den Vater nur ein paar Zentimeter von sich entfernt zu wissen und ihn trotzdem nicht zu sehen. Was für ein Gesicht machte er wohl? Er blickte bestimmt anders, privater, wahrhaftiger drein, als wenn sie sich gegenüberstanden.
»Also, was sagst du?«, wiederholte er. Die Dringlichkeit in seiner Stimme war so unverhohlen, dass es fast kindlich wirkte.
Darek spürte, dass es dieses Mal nicht damit getan war, innerlich mit ihm zu reden â er musste ihm laut antworten. Zumindest kurz. Vielleicht mit einem einzigen Satz.
»Wenn du das nicht getan hättest«, sagte er, »dann würde ich weglaufen und du würdest mich nie wiedersehen, Papa.«
Plötzlich übermannte ihn groÃe Müdigkeit. Er lieà sich aufs Bett fallen, schloss die Augen, zog die Bettdecke über den Kopf.
»Ema sagen wir nichts. Sie muss nicht wissen, was mit den Pferden wirklich passiert ist«, vernahm er noch schwach, an der Grenze zum Schlaf. »Sie wäre unnötig traurig â¦Â«
Mehr hörte Darek nicht. Er schlief ein. Er hoffte, dass der Schlaf tief sein würde, ohne Träume.
***
Und Papa Schlumpf?«
»Im Zirkus.«
»Was macht er da?«
»Was weià ich! Er tanzt auf den Hinterbeinen, so wie er getanzt hat, als ich ihn im Frühling satteln wollte. Das war ein Zirkus! Erinnerst du dich noch, wie er sich angestellt hat?«
Ema kräuselte die Augenbrauen, presste die Faust gegen die Stirn und dachte angestrengt nach. Nach einer Weile schwappte die Erinnerung an die Oberfläche.
»Er hat dich gebissen!«, stieà sie hervor. »Tut es noch weh?«
Darek schüttelte den Kopf.
»Zeig mal.«
Er krempelte sein Hosenbein hoch und zeigte Ema den Knöchel. Die Hornhaut bedeckte genau die Stelle, wo vor einem Vierteljahr der Huzule zugebissen hatte. Ema fuhr mit dem Finger über die Narbe. Ein Stück höher, auf der Wade, bemerkte sie einen blassen blauen Fleck. Von dem einst groÃen Bluterguss waren nur noch Reste gelblicher Ränder zu sehen.
»Was ist das?«
»Da habe ich mir wehgetan, als Mausfalbe mich im Sommer abgeworfen hat.«
Emas Gesicht verfinsterte sich, sie spitzte die Lippen.
»Mausfalbe ⦠Wo ist sie jetzt?«
»Mit Krokant weg. Wir haben sie beide zusammen verkauft. Du weiÃt doch, dass sie sich gern hatten.«
»Werden sie Kinder haben?«
»Na klar.«
»Und wer hat Herkules gekauft?«
»Hab ich dir doch schon hundert Mal erzählt!«, gab er schroff zurück. »Versuch dich zu erinnern.«
»Irgendeine Frau.«
»Sie hat einen Hof bei Eger«, ergänzte Darek. Seit Ema aus dem Erholungsheim gekommen war, hatte er seine Geschichten täglich wiederholt, sodass er sie inzwischen auswendig konnte. Anfangs wurde er rot beim Erzählen, aber als er sah, wie gebannt sie zuhörte und um alle Einzelheiten bettelte, verschwand die Schamröte. »Ich habe dir erzählt, dass sie uns eingeladen hat, zu Besuch zu kommen, aber das ist weit weg.«
»Wie weit?«
»Sehr. Wir würden eine Menge Geld für Benzin bezahlen. AuÃerdem hat Papa jetzt keine Zeit für Ausflüge. Du weiÃt, dass er auch sonntags arbeitet.«
»Wir können mit Anton fahren.«
Darek presste die Lippen aufeinander und schüttelte heftig den Kopf. Antons Name rief bei ihm wie immer einen Schauer hervor.
»Warum nicht?«
»Darum.«
»Warum darum?«
Es war nicht leicht, Märchen zu erzählen. »Anton hat ein kaputtes Auto.«
»Deshalb kommt er uns nicht mehr besuchen?«
Darek nickte.
»Dann fahren wir mit Marta.«
»Wir fahren nirgends hin«, sagte er und nahm die Longe in die Hand. »Ich sage dir doch, dass es zu weit ist!«
»Kirke ist auch weit weg«, insistierte Ema. »In dem ⦠wo noch mal?«
»Lass gut sein jetzt.«
Aber Ema lieà sich nicht abwimmeln.
»Wo â ist â Kir-ke? Wo â ist â¦Â«
»In Ãsterreich«, sagte er. »Ein Rennstall hat sie gekauft.«
»Sie hat eine Medaille gewonnen«, stieà Ema stolz hervor. »Eine goldene?«
Darek durchforstete sein Gedächtnis. Hatte er sich eine goldene Medaille ausgedacht? Nein, eine goldene
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