Orangentage
Feuer.
»Du kannst mich auch mal!«, schrie er auf. Und weil es ihm lau, wenig nachdrücklich vorkam, verabschiedete er sich noch auf Englisch von der Schnur: »Fuck you, you fucking fuck!«
Er sah zu, wie die Schnur rauchte, wie sie sich wand und wie an der Stelle, an der sie mehrfach verknotet war (genau dieser Knoten gehörte Vater) , die Flammen heftiger, fast wütend flackerten. Als die Schnur nach wenigen Minuten zu Staub zerfiel, verspürte Darek Erleichterung. Zumindest mit einer Sache war er fertiggeworden. Keine Knoten mehr! In Mutters Welt funktionierten sie vielleicht, aber Darek stolperte nur darüber. Von nun an würde er sich seine eigenen Gesetze machen!
Er kehrte in sein Zimmer zurück und betrachtete das Feuer vom Fenster aus. Die FuÃballschuhe verbrannten schnell. Die Stiefel brauchten länger, aber auch von ihnen blieb nicht viel übrig. Die Reste der schmorenden Sohlen rauchten noch, als das Geräusch von Vaters Auto ertönte. Darek blieb ans offene Fenster gelehnt und wartete, bis der Wagen in der Kurve erschien. Erst als er sicher war, dass Vater ihn bemerkt hatte, wich er zurück ins Zimmer. Gelassen, ohne Eile. Er wollte nicht, dass es so aussah, als hätte er sich verkrochen. Er hatte das Recht, nicht mit Vater zu sprechen. Er hatte das Recht, ihn zu ignorieren. Möglicherweise für immer.
»Darek?« Dieses Mal kam Vaters Stimme aus dem Flur. Er stand vor der Tür. »Mach keinen Unsinn, komm raus! Ich muss mindestens fünf Bohlen vom Dachboden herunterholen. Ohne dich schaffe ich es nicht!«
Ich bin nicht da, antwortete Darek ihm innerlich. Du hast mich zum Trainingslager geschickt, also rede nicht mit mir!
»Ich schreinere gerade einen Schrank, morgen muss er fertig sein. Gut, dass du zurück bist. Kannst mir helfen.«
Darek schüttelte den Kopf. Vaters Tricks waren armselig durchschaubar. Natürlich machte er keinen Schrank fertig, die Werkstatt war aufgeräumt, nirgendwo eine Spur von einer angefangenen Arbeit. Er log wieder nur.
»Darek, mach auf, wir reden. So löst man doch nichts!«
Was willst du noch lösen?, dachte Darek bitter. Die Pferde hast du schon gelöst.
»Wenn du denkst, dass ich es leichten Herzens getan habe, dann täuschst du dich«, fuhr Vater hinter der Tür fort und Darek fiel auf, dass Erwachsene, immer wenn sie was anstellen, behaupten, es sei ihnen nicht leichtgefallen. Als wäre die Welt voll von Abscheulichkeiten, die schweren Herzens verbrochen werden.
»Du bist doch schon ein groÃer Junge, verdammt! Verstehst du denn nicht, dass ich euch absichern wollte â dich und Ema? Damit ihr nicht ganz ohne Geld dasteht, für den Fall, dass mir etwas passieren würde«, fuhr der Vater mit seiner angriffslustigen Selbstverteidigung fort. Im Anschluss wurde sein Ton weich. »Wenn Mama hier wäre â¦Â«
Dann hätte sie es dir nie erlaubt, versicherte Darek ihm innerlich. Auf dem Flur wurde es plötzlich still, nur Vaters Atem, schwer und abgehackt, war zu hören. Darek spürte mit jeder Pore seine Hilflosigkeit. Er hatte Schultern wie Mister Olympia, aber ohne Mutter war er schwach. Er verdeckte es mit Wut.
»Hörst du, verdammt noch mal?!«
Zornig rüttelte er an der Klinke, aber die doppelt verschlossene Tür hielt.
»Konnte ich denn ahnen, dass du dich in die Viecher so verliebst? Ich hab versucht, die ganze Sache noch zu stoppen ⦠aber es war schon zu spät. Ich habe unsere ganzen Ersparnisse hineingesteckt. Ich musste sie wenigstens wieder herauskriegen! Man konnte nichts machen, verstehst du?«
Man kann immer etwas machen, widersprach Darek lautlos.
Vater verstummte kurz. Als er weitersprach, klang seine Stimme höhnisch.
»Du weiÃt einen Dreck über das Leben, also spiel hier nicht den Richter. Du denkst, dass Waliserin umsonst bei uns bleiben durfte? Dass Anton sie mir aus Freundschaft dagelassen hat? Spinner! Er hat sie mir von den Ausgaben abgezogen, keinen Heller habe ich nachgelassen bekommen! Er hat zwar vorgeschlagen, sie mir als Vorschuss zu geben ⦠für das nächste Geschäft, aber ich habe abgelehnt. Soll ich dir sagen, warum? Interessiert es dich?«
Darek bewegte sich nicht, reagierte nicht, wartete.
»Damit duâs nur weiÃt«, Vaters Stimme war nun merklich ruhiger, »es wird kein nächstes Geschäft geben. Anton bringt keine neue Ladung Pferde her. Ich
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