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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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schloss die Tür hinter sich. »Gott, ist es hier drin kalt. Weißt
du was? Geh du nach oben und lass dir ein heißes Bad ein, und ich heize den Kamin an und koche uns einen Kaffee, ja?«
    Julia sah ihn an. »Es könnte eine Weile dauern.«
    »Ich bin nicht in Eile.«
     
    Julia ließ sich Zeit, Finger, Füße und Gehirn im warmen Badewasser aufzutauen. Dabei überlegte sie, warum Kit so unerwartet aufgetaucht war. Normalerweise kamen Besucher nicht einfach unangemeldet zu ihr, und sie war sich nicht sicher, ob ihr das behagte.
    Andererseits wusste sie, dass sie nicht weitermachen konnte wie bisher und das versuchen musste, was alle ihr rieten: ein neues Leben beginnen.
    Sie hätte sich für den Tod entscheiden können, hatte jedoch das Leben gewählt.
    Julia schlüpfte in ihre Jeans und die alte Wolljacke, die sie an der Rückseite der Tür zum Gästezimmer entdeckt hatte, und ging wieder nach unten.
    Kit saß auf dem Sofa, ein kleines Päckchen auf den Knien, und im Kamin brannte munter ein Feuer, wie sie es selbst noch nie zustande gebracht hatte.
    »Wie hast du mich aufgespürt?«, fragte sie Kit, als sie an den Kamin trat.
    »Über meine Schwester Bella. Sie kennt hier jeden. Oder besser gesagt: Sie sieht zu, dass sie jeden kennt, und wenn das nicht funktioniert, kennt sie sicher jemanden, der zu der betreffenden Person Kontakt hat. In diesem Fall zu deiner Schwester Alicia. Ich habe versucht, dich vor meinem Besuch anzurufen, aber dein Handy ist offenbar immer ausgeschaltet.«
    Julia dachte mit schlechtem Gewissen an die siebzehn Nachrichten, die sie beim letzten Einschalten nicht abgehört hatte. »Hier kriegt man kaum Empfang.«

    »Kein Problem. Als Erstes wollte ich mich für neulich entschuldigen. «
    »Wieso?«
    Kit betrachtete seine Hände. »Ich wusste nicht, was dir passiert ist. Wie gesagt, ich war mehrere Jahre im Ausland und bin erst vor ein paar Monaten nach England zurückgekommen. «
    »Wer hat’s dir erzählt?«
    »Bella natürlich. Offenbar stand hier alles in der Zeitung, und Bella hat selbstverständlich sämtliche Artikel gelesen. Bestimmt sind die Informationen zum größten Teil falsch, wie meist in solchen Fällen.«
    »Keine Ahnung. Wie du dir vielleicht denken kannst, habe ich sie nicht gelesen.«
    » Klar.« Kit schien sich unbehaglich zu fühlen. »Mein Beileid, Julia. Es muss schrecklich für dich sein.«
    »Ja.« Julia wechselte das Thema, um ihnen weitere Peinlichkeiten zu ersparen. »Und weswegen bist du nun hergekommen? «
    Kits Miene hellte sich auf. »Ich habe etwas gefunden, das dich und deine Familie interessieren könnte.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Ich habe dir doch erzählt, dass ich die Cottages im Geviert renovieren lassen möchte, oder?«
    Julia nickte.
    »Es hat sich herausgestellt, dass mein neues Zuhause tatsächlich das alte Cottage deiner Großeltern ist. Beim Rausreißen der Bodendielen haben die Handwerker das hier entdeckt. « Kit wies auf das Päckchen auf seinem Schoß.
    »Was ist das?«
    Kit wickelte vorsichtig ein kleines, in Leder gebundenes Buch aus und hob es hoch. »Ein Tagebuch, es beginnt 1941.
Ich habe es flüchtig durchgeblättert. Das Leben eines Kriegsgefangenen im Changi-Gefängnis.«
    Julia runzelte die Stirn. »Das ist in Singapur, nicht?«
    »Ja.Viele britische Soldaten, die damals in Malaya kämpften, landeten als Gäste der Japaner eine Weile dort. Weißt du, ob dein Großvater jemals in Kriegsgefangenschaft war?«
    »Großvater Bill hat viel von Asien erzählt, allerdings hauptsächlich von den herrlichen Blumen, die dort wachsen.« Julia lächelte. »Von Changi hat er nichts erwähnt.«
    »Wahrscheinlich wollte er ein Kind nicht mit seinen Erinnerungen belasten. Trotzdem vermute ich, dass es sein Tagebuch ist. Wem sonst sollte es gehört haben? Dein Großvater hat doch sein ganzes Leben in dem Cottage gewohnt.«
    »Darf ich?« Julia streckte die Hand nach dem Tagebuch aus. Als sie es aufschlug, sah sie, dass das Leder das dünne Papier vor dem Verrotten bewahrt hatte. Die eleganten schwarzen Buchstaben waren immer noch gut zu lesen.
    »Ist das die Schrift deines Großvaters?«, fragte Kit.
    »Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas von ihm Geschriebenes gesehen zu haben. Seine Beobachtungen über die Orchideen in den Gewächshäusern hat stets meine Mutter notiert«, antwortete Julia. »Vielleicht würde mein Vater seine Schrift erkennen. Oder meine Großmutter, die zwar schon über achtzig, aber meines Wissens gesund und munter ist.

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