Orchideenhaus
Du kannst nichts tun.«
Am nächsten Morgen wurde Julia von heftigem Klopfen an der Haustür geweckt. Als sie schlaftrunken hintappte, musste sie feststellen, dass Xavier sie schon geöffnet hatte … und ein Meer aus Gesichtern, Kameras und Diktafonen auf sie wartete.
Ein Blitzlichtgewitter ging auf sie nieder. Sie floh ins Wohnzimmer, sank schwer atmend aufs Sofa und bat Xavier, die Tür zuzumachen. Endlich hörte sie, wie sie sich schloss und Xavier sich zu ihr gesellte.
»Bist du sie losgeworden?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
» Chérie , es tut mir leid, dass das so schnell geschehen ist, aber du weißt, dass es sich nicht verhindern lässt. Du bist berühmt, und ich bin dein Mann. Sie ziehen erst ab, wenn sie ihre Story haben. Je schneller wir es hinter uns bringen, desto besser. Ich habe ihnen gesagt, wir kommen in einer halben Stunde raus, um ein Interview zu geben. Dann sind sie zufrieden.«
»Sie wollen doch sicher nur mit dir sprechen, oder? Muss ich wirklich da raus?«
Xavier legte einen Arm um sie. »Du weißt, wie scharf sie auf dich sind. Du lieferst ein tolles Foto für die Titelseite. Das ist der Preis für Reichtum und Ruhm, n’est-ce pas ? Ich muss jetzt erst mal duschen.« Mit einem Blick auf das alte, ausgewaschene T-Shirt, in dem sie geschlafen hatte, fügte er hinzu: »Vielleicht solltest du dich auch ein bisschen frisch machen.«
Julia folgte seinem Vorschlag und ließ sich, wie Xavier sie umarmte und liebevoll auf die Lippen küsste, fotografieren. Als die Journalisten sie fragten, wie sie sich nach der wunderbaren Rückkehr ihres Mannes fühle, antwortete sie, sie sei sehr glücklich, ihn wiederzuhaben.
Was hätte sie sonst sagen sollen?
Kurz nach dem Interview klingelte ihr Handy.
»Julia, ich bin’s, Alicia. Stimmt das, was ich gerade im Radio gehört habe? In den Nachrichten hieß es, Julia Forresters Mann sei gesund und munter aufgetaucht.«
»Ja, es ist wahr. Ich hätte dich anrufen sollen, aber mir sitzt der Schreck selbst noch in den Gliedern. Und ich hatte nicht erwartet, dass die Geschichte sich so schnell herumspricht.«
»Das ist eine Mordsstory; die Reaktion der Presse überrascht mich nicht. Jetzt, wo er wieder da ist, wirst du wohl in Frankreich bleiben, oder?«
»Ich …« Julia schwieg kurz. »Ich weiß es nicht.«
»Okay … Hast du schon mit Kit gesprochen?«
»Nein.«
»Ohne dich bevormunden zu wollen: Ich glaube, es wäre eine gute Idee, mit ihm zu reden. Er sollte es aus deinem Mund erfahren, nicht aus der Zeitung.«
»Ja, da hast du wahrscheinlich recht.«
»Dad hat übrigens angerufen. Er weiß von der Geschichte und möchte dir gratulieren. Bist du nun glücklich, dass Xavier wieder da ist?«
Julia sah, dass Xavier aus der Küche kam. »Tut mir leid, Alicia, können wir später weiterreden? Ich habe gerade alle Hände voll zu tun.«
»Natürlich. Grüß Xavier von mir. Ich ruf dich noch mal an. Pass auf dich auf, Julia. Tschüs.«
Julia spürte, wie sich Arme um sie legten.
»Wie geht’s dir, Julia?«
»Ich bin verwirrt«, gab sie zu.
»Die Presse liebt Happy Ends … Je t’aime …« Xavier küsste ihren Nacken, und seine Hände begannen, über ihren Körper zu wandern.
Julia entwand sich ihm. »Nein! Begreifst du denn nicht? Das ist kein Happy End!«
»Stimmt. Entschuldige. Ich wollte dir meine Liebe zeigen, aber ich muss warten, bis du dazu bereit bist.«
Julia spürte, wie ihr der kalte Schweiß ausbrach. Sie musste allein sein, weg von ihm. Als sie zur Tür ging, sagte Xavier: »Roland und Madeleine haben uns zur Feier meiner Rückkehr zum Lunch eingeladen. Möchtest du hingehen?«
Roland und Madeleine waren an jenem schicksalhaften Tag die Gastgeber von Xavier und Gabriel gewesen.
»Nein, ich bin müde, Xavier.«
Sie sah die Verärgerung in seinem Blick. »Gut. Aber ich denke, ich sollte hingehen. Ich breche in einer halben Stunde auf. Bis später dann, mon amour .«
»Ja.«
Julia sank auf einen Terrassenstuhl. Es war ein brütend heißer Tag, die einzige Grenze zwischen Meer und Himmel bildete eine schimmernde weiße Hitzelinie.
Alicia hatte recht. Sie musste Kit anrufen und es ihm selbst sagen.
Aber wie? Julia schüttelte den Kopf.
Xavier war wieder da und ihr eigener Schmerz nebensächlich. Sie war nicht mehr frei für Kit. Wie merkwürdig, dachte Julia: der Mann von den Toten auferstanden, doch sie selbst fühlte sich, als wäre sie gestorben.
Als sie hörte, wie Xavier das Haus verließ, holte sie
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