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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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kinderlose Frauen, die ein Baby adoptieren, plötzlich schwanger werden. Scheint etwas mit den Hormonen zu tun zu haben, die der Mutterinstinkt aktiviert«, erklärte Alicia. »Max hat das gestern Abend für mich im Internet recherchiert; da stehen Hunderte solcher Geschichten. Mach dir also keine Gedanken, Julia, du bist wirklich blutsverwandt mit ihnen. Tut mir leid, wenn das bitter klingt. Alles, was ich bisher für selbstverständlich gehalten habe, ist Makulatur. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin.«
    »Das muss furchtbar für dich sein. Offen gesagt, verstehe ich nicht, warum Dad dir das ausgerechnet jetzt gestanden hat. Das hätten die beiden doch schon vor Jahren tun können, oder?«
    »Ja, aber ich glaube, er wollte es mir eigentlich nie sagen. Jetzt war er wegen etwas, das Elsie ihm erzählt hat, unter Zugzwang. «
    Deshalb hatte Elsie sie also gebeten, Alicia nichts davon zu verraten, dass Julia eine Crawford war. Alicia gehörte nicht zur Familie.
    »Letztlich ist es egal, warum«, meinte Alicia. »Jedenfalls hat es mich völlig aus der Bahn geworfen.« Alicia stützte den
Kopf auf die Arme und weinte. »Ich fühle mich wie verloren. «
    Eine verletzliche und verzweifelte Alicia war so ungewohnt, dass Julia Mühe hatte, tröstende Worte für sie zu finden.
    »Ich kann deinen Schock verstehen …«
    Alicia sah Julia an. »Tatsächlich? Nein, Julia, das glaube ich nicht. Meine Familie bedeutet mir alles. Sie war immer meine erste Priorität. Weißt du noch, wie Mum gestorben ist? Ich habe mir solche Mühe gegeben, mich um dich und Dad zu kümmern. Obwohl ich auch völlig durcheinander war, musste ja jemand in Mums Fußstapfen treten und dafür sorgen, dass es weitergeht. Ich habe gelernt, irgendwie zurechtzukommen …«
    »Es tut mir leid, wirklich, Alicia. Das war mir nicht bewusst. «
    »Natürlich nicht. Du und Dad, ihr habt euch immer in eure eigenen Welten zurückgezogen. Doch für mich wart ihr zwei meine Familie, alles, was ich hatte. Dad hat seine Pflanzen gesammelt, und du bist irgendwann auf die Musikhochschule, froh, endlich von mir wegzukommen …«
    »Das stimmt nicht, Alicia …«
    »Julia, bitte sei ehrlich.« Alicias Stimme klang rau. »Du hast es gehasst, von mir bemuttert zu werden. Vermutlich hegst du nach wie vor Ressentiments gegen mich mit meinem ›perfekten‹ Leben … Du fühlst dich bevormundet. Das kann ich dir nicht verdenken.« Sie schüttelte den Kopf. »Es war meine freie Entscheidung, diese Rolle zu übernehmen. Sie hat mir geholfen zu überleben und meinen eigenen Schmerz zu verdrängen. Seit damals bin ich immer für alle da – für dich, Dad, Max, die Kinder … Und jetzt« – Alicia schnürte es die Kehle zu – »stellt sich raus, dass diese heile Welt eine Lüge
war! Du und Mum und Dad, ihr seid nicht mal meine richtige Familie!«
    Julia wusste, dass vieles von dem, was ihre Schwester sagte, stimmte.
    »Es war keine Lüge, Alicia«, erwiderte sie erst nach einer ganzen Weile. »Wir lieben einander … Egal wessen Blut in unseren Adern fließt.«
    Alicia stützte den Kopf wieder auf das Geländer. »Entschuldige, Julia, dass ich ausgeflippt bin. Meine Fähigkeit, alles in den Griff zu kriegen, scheint mich verlassen zu haben. Mir ist, als würde das Leben rund um mich herum zusammenstürzen. Nichts ergibt mehr Sinn.«
    Julia berührte vorsichtig die Schulter ihrer Schwester. »Das ist nur der erste Schock. Es wird besser, glaub mir.«
    »Ich kann’s einfach nicht fassen, dass Mum mich nicht zur Welt gebracht hat«, flüsterte Alicia, »sondern eine vollkommen Fremde.«
    »Mum ist es doch ähnlich ergangen …«, rutschte es Julia heraus.
    Alicia schaute Julia mit blassem, tränennassem Gesicht an. »Was? Willst du behaupten, dass Mum adoptiert war?«
    Julia nickte. »Ja. Das hat Elsie mir gesagt und wahrscheinlich auch Dad.«
    »Gütiger Himmel«, stöhnte Alicia. »Wusste Mum von der Adoption?«
    »Nein. Für Elsie war Jasmine ihre Tochter, Punkt. Das ist letztlich das Einzige, was zählt, oder?«
    Alicia schwieg. Julia strich ihrer Schwester eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. »Diese Enthüllung ändert nichts an dem, was wirklich wichtig ist. Der einzige Unterschied zwischen dir und Mum besteht darin, dass sie nichts davon ahnte.«
    Alicia blickte seufzend aufs Meer hinaus. »Das mit Mum zu
wissen, hilft mir irgendwie. Ich muss mich emotional an die neuen Gegebenheiten gewöhnen.«
    »Ja«, pflichtete Julia ihr bei. »Ich habe im vergangenen Jahr selbst eine

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