Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
Vom Netzwerk:
erklärte Harry und deutete auf die Büsche, die geschützt unter der Terrasse standen. »Die blühen zwischen Januar und März und duften einfach himmlisch. Unser Gärtner wollte nicht glauben, dass sie in Norfolk gedeihen. Es handelt sich um eine
Pflanze, die das gemäßigte südfranzösische Klima liebt, aber Mutter hatte recht: Sie wächst hier.«
    »Offenbar hat sie einen grünen Daumen. Die Gartenanlage ist wunderschön.« Olivia drehte sich einmal im Kreis, um den Blick schweifen zu lassen, und folgte Harry dann auf einem der Wege, die vom Brunnen wegführten.
    »Ihre Mutter sagt, sie hätte etwas im Garten, das mich vielleicht an Indien erinnert«, bemerkte Olivia nach längerem Schweigen.
    »Sie meint bestimmt das Gewächshaus. Jack, unser Gärtner, der früher eher Rüben als exotische Pflanzen gezogen hat, ist die vergangenen Jahre damit beschäftigt gewesen, mit den Zwiebeln zu experimentieren, die Mutter sich von Kew Gardens schicken lässt. Wollen Sie die anschauen?«
    »Gern.«
    »Es ist ein ganzes Stück entfernt; wir sollten schnell gehen, damit uns nicht kalt wird. Sie werden also heute Abend mit Ihren Eltern nach Hause fahren?«, fragte er.
    »Noch nicht gleich. Zuerst wollen wir nach London, um die Ballsaison mit Großmutter zu besprechen. Mummy ist lange nicht im Land gewesen und kennt sich nicht mehr aus. Großmutter wird uns bestimmt gute Ratschläge in puncto Protokoll geben können.«
    »Es wird sicher nicht so schlimm, wie Sie befürchten, Miss Drew-Norris …«
    »Sagen Sie doch bitte Olivia zu mir.«
    »Olivia. Ich war vor ein paar Jahren auf einigen der Tanzveranstaltungen; sie können durchaus Spaß machen.«
    »Das hoffe ich, obwohl ich nicht sonderlich scharf auf diesen London-Aufenthalt bin. Die Atmosphäre dort ist schrecklich angespannt – alle scheinen darauf zu warten, dass etwas Furchtbares geschieht.« Harry nickte. »Sie haben sicher von
der Arbeitslosigkeit und den Unruhen auf den Straßen gelesen? «
    »Natürlich.Wir leben in aufregenden Zeiten. Offen gestanden bin ich froh, wenn wir endlich wissen, woran wir sind.«
    »Vielleicht erspart die unmittelbar bevorstehende Zukunft mir ja die Londoner Saison«, scherzte Olivia. »Die findet doch sicher nicht statt, wenn der Krieg ausbricht, oder?«
    »Die könnte wahrscheinlich nicht mal ein Krieg verhindern«, stellte Harry in spöttischem Tonfall fest, zündete sich eine Zigarette an und bot Olivia eine an, doch sie winkte ab.
    »Falls es tatsächlich zum Krieg kommt, werde ich jedenfalls nicht müßig herumsitzen und Tee trinken«, erklärte Olivia mit Nachdruck. »Dann mache ich mich nützlich, so viel steht fest. Wie, weiß ich noch nicht, aber Mummy und Daddy können mich wohl kaum davon abhalten, meinem Land zu dienen, oder?«
    »Gut gebrüllt, Löwe! Treten Sie ein.« Harry öffnete die blau angemalte Holztür, die zum Küchengarten führte. Sie durchquerten Reihen ordentlich gepflanzter Kohlköpfe, Karotten, Kartoffeln und Rüben, bis sie zu einem Gewächshaus an einer hohen Ziegelmauer gelangten. Harry machte auch diese Tür auf.
    Der intensive Duft von Blumen und die Wärme versetzten Olivia in ihre frühere Heimat zurück. Sie sog die Gerüche ein und ließ den Blick über die bunte Fülle schweifen.
    »Hier ist es himmlisch, Harry!«, rief sie begeistert aus und begann, die langen Reihen der Pflanzen abzugehen.
    Harry sah, dass ihre Augen feucht wurden. Sie beugte sich vor, um die Hände um eine zarte gelbe Blume zu wölben und daran zu riechen. »Frangipani. Die wuchs vor meinem Schlafzimmerfenster in Poona. Ich habe jede Nacht ihren
Duft eingeatmet.« Sie vergrub die Nase in der Blüte. »Ich wusste nicht, dass sie hier gedeiht.«
    Harry rührte ihre emotionale Reaktion. Erst jetzt wurde ihm klar, was für ein Schock England nach all den Jahren üppiger Vegetation für sie sein musste.
    »Dann nehmen Sie sie doch mit, was, Jack?« Harry wandte sich dem Gärtner mittleren Alters zu, dessen Gesicht von der Arbeit im Freien wettergegerbt und durchfurcht war.
    »Natürlich, Master Harry«, antwortete der Gärtner lächelnd. »Frangipani wachsen hier genug. Was die mögen, habe ich inzwischen herausgefunden. Sehen Sie sich ruhig um, Miss. Es freut mich, jemanden dazuhaben, der meine Pflanzen zu würdigen weiß.«
    Olivia schlenderte die Reihen auf und ab, versenkte die Nase in den Blüten und ließ die Finger über die samtigen Blätter gleiten.
    »Sie haben etwas Wunderbares geschaffen, Jack«, lobte sie ihn. »Diese

Weitere Kostenlose Bücher