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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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mitgeteilt hatte.
     
    Indessen arbeitete jemand im fünften Stock im Zimmer 507 des Georges V. an seinem nächsten Streich.

14.
     
     
     
    KOLUMBIEN   Die Trauerfeier fand im kleinen Kreise statt. Ein paar wenige Familienangehörige von Aleida waren am Mittag von der Küste angereist, um ihrer Schwester und Tante die letzte Ehre zu erweisen.
    Lea war noch in der Nacht über den Tod der Angestellten informiert worden und hatte sich dann um die Formalitäten gekümmert. Sie hatte einen schlichten Sarg ausgesucht, wobei sie sich sicher war, dass die Toten ohne Särge verbrannt, und diese anschließend weiterverkauft wurden. Zu ihrer Studienzeit hatte sie in der Pathologie sogar die Mutter einer Bekannten zum Sezieren auf dem Tisch gehabt, die eigentlich ein Tag zuvor beerdigt worden war. In diesem Land war einfach alles möglich.
    Neben der Urne stand ein Foto von Aleida. Eine gute Seele war von ihnen gegangen. Die beste aus dem Hause Rodriguez, dachte Lea. Aleida war immer für sie da gewesen, solange sie zurückdenken konnte, mehr als ihre eigene Mutter. Als sie klein war, hatte sie sie in den Schlaf gesungen, ihre Wehwehchen weggepustet und sie vor ihren größeren Brüdern beschützt. Ja, ihre beiden Brüder. Rafael war zurzeit in Europa und Felipe stand neben ihr mit gesenktem Kopf und zitternden Händen. Anscheinend war er auf Entzug.
    Die Nachtschwester hatte sie am frühen Morgen persönlich angerufen und ihr die Nachricht von Aleidas Tod übermittelt. Als sie die paar Habseligkeiten aus dem Krankenhaus abholte, hatte die Schwester sie zur Seite genommen und ihr die letzten verständlichen Worte mitgeteilt, die Aleida noch über die Lippen gehaucht hatte mit der Bitte, sie Lea zu sagen.  Leas Bruder … ein schreckliches Geheimnis … war das Einzige, das sie verstanden hatte. Was hatte sie nur damit sagen wollen, überlegte Lea, und welchen Bruder meinte sie?
    Felipe hatte schwere Drogenprobleme, aber das war allen bekannt, obwohl es von ihrer Mutter vehement abgestritten und von den anderen unter den Tisch gekehrt wurde. Damit existierten die Probleme für sie dann auch nicht mehr. Felipe arbeitete gelegentlich im Heim, und zwar nur wenn er mal wieder blank war und Geld für Drogen und Alkohol brauchte. Dann half er dabei, die Toten zu waschen und zu konservieren. Er hatte sein Medizinstudium abgebrochen und sich darauf verlassen, dass seine Mutter ihm immer wieder Geld zusteckte, was sie auch regelmäßig tat, aber das schien nicht für seinen Konsum auszureichen.
    Und Rafael, ihr Lieblingsbruder? Rafael leitete das Heim, seit ihr Vater im Rollstuhl saß. Er hatte ein paar harte Schicksalschläge hinnehmen müssen, über die niemand mehr sprach. Er war das, was man ein stilles Wasser nennt und die sind vermeintlich tief. Meinte Aleida vielleicht ihn?
    Lea sah sich um. Auf der anderen Seite, direkt vor dem Altar, saß Aleidas Schwester Daniela. Vielleicht sollte sie mal mit ihr reden. Sie hatte kaum den Gedanken ausgesprochen, als Daniela ihren Kopf in Leas Richtung drehte und sie mit eisigem Blick ansah. Lea erschrak und lehnte sich wieder zurück, um aus der Schusslinie zu sein. Dann faltete sie die Hände zum Gebet und bat Aleida im Stillen, ihr zu helfen.
     
     

15.
     
     
     
    PARIS  Inspektor Mathis Germain war ein alter Hase bei der französischen Mordkommission und hatte schon so einiges in seinen Dienstjahren gesehen, trotzdem gehörte die gehäutete Frau, die nun auf dem Seziertisch vor ihnen lag, zu einem cas extraordinaire , wie er sich ausdrückte.
    Der Gerichtsmediziner hatte auf einem anderen Tisch die abgezogenen schweren Hautteile liegen und fügte sie akribisch auf der Leiche zusammen. Nach getaner Arbeit sagte er stolz wie jemand, der das letzte zehntausendste Puzzleteil einfügt: „Wie es aussieht, Messieurs, fehlt kein Stück.“ Er sah Sam und den Inspektor erwartungsvoll über seine kleine schmale Brille hinweg an.
    „Was haben Sie noch für uns“, fragte Germain und sah auf die Uhr. Allen war bewusst, dass hier Überstunden gemacht wurden und es bereits kurz vor Mitternacht war.
    „Er hat ihr Petrolether ins Herz gespritzt. Aber erst nachdem er ihr Teile der Haut abgezogen hat. Das ist das, was ich bis jetzt sagen kann. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. Ich werde morgen früh weitermachen.“ Er deckte die Leiche ab und Sam folgte seiner Bewegung. Gerichtsmediziner deckten ihre Leichen ab, genau wie der Mörder es getan hatte. Aber es gab auch andere

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