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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Fenstern aus sehen konnte. Alte Leute waren heutzutage vorsichtig und ließen meist keine Unbekannten ins Haus. Tatsächlich bewegte sich jemand hinter einer Gardine und kurz darauf ertönte der Türsummer.
    Die Wohnung lag im zweiten Stock. An der Wand direkt gegenüber der Eingangstür hing ein Poster von Clint Eastwood aus jungen Jahren mit einem qualmenden Zigarillo im Mund. Er betrachtete die Ankömmlinge argwöhnisch durch ein zusammengekniffenes Augenpaar.
    Sie stellten sich beide noch einmal vor und zeigten ihre Dienstausweise, bevor sie die kleine, sehr gepflegte Wohnung von Doris Thiel betraten.
    Im Wohnzimmer standen ein antikes abgewetztes Ledersofa und zwei dazu passende Ledersessel, auf denen Juri und Sam Platz nahmen.
    Ein kleiner Hund beschnüffelte erst Juri und dann Sam, bevor er auf den Schoß seiner Herrin sprang und sich genüsslich im Nacken kraulen ließ. „Dann schießen Sie mal los, meine Herren. Es klang sehr … na, wie soll ich sagen … dringend, dass Sie mich sehen wollten.“
    Als Sam den Namen ihres Vaters erwähnte, war es, als würde sich ein dunkler Schatten auf Doris Thiels Gesicht legen. Ihre Augen wirkten plötzlich kalt, ihr Kiefer und ihr Körper waren angespannt. Trotzdem gab sie sich keine Blöße und versuchte, weiterhin zu lächeln.
    „Erkennen Sie darauf Ihren Vater?“ Sam beugte sich über den Holztisch, der zwischen ihnen stand, und reichte ihr die alte schwarz-weiß Fotografie.
    Doris Thiel griff nach ihrer Brille, die an einer bunten Perlenkette hing, und hielt sie dicht vor das Foto. „Oh ja. Unverkennbar.“ In ihrer Stimme schwang jetzt eine Mischung aus Verachtung, Angst und Zorn mit. „Es ist der Mann in der Mitte in der ersten Reihe.“
    „Erkennen Sie vielleicht noch jemanden auf dem Foto?“
    Dieses Mal ließ sie sich mehr Zeit. Erst nach einer Weile sagte sie leise: „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber dieser Mann hat meiner Mutter mal persönlich einen Brief vorbeigebracht.“
    Sam und Juri waren gleichzeitig aufgesprungen und um den Tisch herumgegangen, um genau zu sehen, auf wen Frau Thiel zeigte. Ihr Finger deutete auf den Kopf eines hochgewachsenen Mannes, der direkt hinter Thiel stand. Er war dunkelhaarig, trug einen Seitenscheitel und lächelte in die Kamera.
    „Sind Sie sicher?“ Sam versuchte, nicht allzu erwartungsvoll zu klingen.
    „Ziemlich sicher. Ich erinnere mich deshalb so genau, weil er mir damals heimlich einen Umschlag mit Geld zugesteckt hatte. Es war von meinem Vater und sollte wohl sein schlechtes Gewissen beruhigen. Außerdem war meine Mutter ganz angetan von ihm. Er war charmant, gut aussehend und verführte sie gleich in der ersten Nacht. Er blieb etwa drei Wochen bei uns, dann verschwand er aus unserem Leben, genauso plötzlich, wie er aufgetaucht war. Wenn der Postbote in die Straße fuhr, rannte meine Mutter ihm entgegen, in der Hoffnung ein Brief von ihm wäre dabei.“
    „Und? War mal ein Brief von ihm dabei?“
    Doris Thiel genoss die Aufmerksamkeit, die ihr die beiden Polizisten entgegenbrachten, in vollen Zügen. Sie hingen an ihren Lippen und jede Information, die sie preisgab, zauberte ein Lächeln auf die hübschen jungen Gesichter. Sie bot ihnen ein paar Kekse aus einer kleinen Porzellandose an und genehmigte sich selbst einen. Während sie an dem Keks knabberte, ließ sie sich ausgiebig Zeit mit den Antworten. „Ja, einmal, etwa ein halbes Jahr später, brachte der Postbote tatsächlich einen Brief für sie mit. Ihr Gesicht strahlte. Ich habe sie danach nie wieder so glücklich gesehen. Doch als sie ihn geöffnet hatte, war der ganze Zauber vorbei. Sie schloss sich in ihr Zimmer ein und kam sieben Tage nicht mehr heraus.“
    „Wissen Sie, was …“
    „Was in dem Brief stand?“ Wieder lächelte sie geheimnisvoll. „Ich suche ihn später für Sie raus, wenn Sie wollen.“
    Sam konnte es kaum glauben. Das Glück war ihnen hold. Damit hätten sie eine weitere Lücke gefüllt. Er rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her und versuchte, sich auf die nächsten Fragen zu konzentrieren.
    „Haben Sie eine Ahnung, wo das Foto gemacht worden ist?“, kam ihm Juri zuvor.
    „Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke irgendwo in Südamerika.“
    Eine Antwort mit der Sam überhaupt nicht gerechnet hatte. War er doch immer davon ausgegangen, dass die Aufnahmen irgendwo in Spanien gemacht worden waren.
    „Ich habe immer bei ihm gelebt. Als ich acht war, schickte er mich ohne eine Erklärung zu meiner Mutter nach

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