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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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nahm es gelassen. Sie war sich sicher, dass ihr niemand etwas tun würde.
    „Sagen Sie, die Angestellte mit dem dicken Bauch. War sie schwanger oder …?“
    „Vermutlich.“
    „Von Ihrem …“
    „Ja sie trieb es mit meinem Vater. Also denke ich, dass sie von ihm schwanger war.“
    „Haben Sie von ihr einen Namen? Oder irgendetwas, was uns weiterhelfen könnte, sie zu finden?“
    „Wenn sie noch lebt, dann wird sie sicherlich noch dort in Lanusse wohnen. Sie war ein einfaches Bauernmädchen und gerade mal sechs Jahre älter als ich. Ihr Name war Julietta, mehr weiß ich nicht mehr.“
    Als Doris Thiel die beiden Polizisten verabschiedete, drückte sie Sam einen Brief in die Hand, den sie kurz zuvor noch aus ihrem Lederköfferchen geholt hatte.
     
    Am frühen Nachmittag flog Sam mit der Fülle von Informationen, die er von Doris Thiel bekommen hatte nach Malaga. Obwohl er immer weiter in die Tiefe der Fälle eintauchte und die Sicht eigentlich hätte klarer werden müssen, schien es immer dunkler um ihn herum zu werden. Es war, als würde ihm jemand die Augen zuhalten.
     
     

1963
     
     
     
    BOGOTÁ   Auf dem Schild am Eingang des dreistöckigen weißen Gebäudes stand: „ Casa del Desvalido “. Wenn man es wörtlich übersetzte hieß es: „Heim des Wertlosen“, wurde aber als Zuhause für die Unbeweglichen bezeichnet. Es war das erste Heim für geistig und körperlich Schwerstbehinderte, das in Bogotá, wenn nicht sogar in ganz Kolumbien gegründet worden war. Das Haus war von Spenden reicher Kolumbianer erbaut worden, die Vertrauen zu den sympathischen Ärzten aus Übersee hatten. Für die Presse stellten sich die Gründer, Mitbegründer und Ärzte zu einer Gruppe zusammen und ließen sich für ein Foto ablichten.
    Besonderen Zuspruch fand das Projekt beim Präsidenten des Landes, der selbst einen behinderten Sohn hatte und froh war, dass dieser in gute deutsche Pflege kam.
    Heinrich empfing den Präsidenten persönlich und führte ihn und seine Familie durch die Anlage des Heims. Aurelia, die jüngste Tochter des Präsidenten zog sofort die Blicke der ganzen Belegschaft auf sich. Sie war um die Zwanzig und von zarter fast zerbrechlicher Gestalt. Aber das Besondere an ihr war: Sie hatte lange blonde Haare, grüne katzenartige Augen und eine schimmernde perlweiße Haut.
    Für Heinrich war es Liebe auf den ersten Blick, glaubte er doch auch, dass es sich bei Aurelia um eine direkte Nachfahrin der Ur-Arier handelte, die Himmler schon in Spanien vermutet hatte. Wie sich herausstellte, hatte die Familie Valencia tatsächlich spanische Vorfahren.
    Eine Woche nach dem Besuch im Heim wurde Heinrich auf ein Fest in das Haus des Präsidenten eingeladen.
    Aurelia stolzierte in einem grünen Kleid zwischen den Gästen umher und ließ ihn dabei nicht einen Augenblick aus den Augen, vermied es aber, sich ihm ganz zu nähern. Wenn sich ihre Blicke trafen, schenkte sie ihm nur ein bezauberndes Lächeln.
    Die Einladungen häuften sich und Heinrich wurde zu einem gern gesehenen Gast des Hauses. Er verzehrte sich nach Aurelia, und da sie ihn stets auf Abstand hielt, stürzte er sich in die Arbeit und Forschung im Heim. Hier war er umso grausamer, hatte kein Erbarmen mit den wehrlosen Kreaturen, die ihm und seinen Kollegen ausgeliefert waren. Bei ihnen wurden neue Medikamente getestet, Viren injiziert und sinnlose geheime Operationen durchgeführt, wie Verkürzungen des Darms und Amputationen von Gliedmaßen. Dabei wechselte man das Personal so oft wie möglich, damit niemandem die hohe Sterbequote der Patienten in dem Heim auffiel.
    Und dann kam der Tag, an dem Heinrich seine blutigen Handschuhe abzog und sie in eine kleine Dose mit Sondermüll stopfte. Dabei stach er sich an einer Nadel, die jemand dort unachtsam hineingeworfen hatte. Sie war mit dem Erreger Malaria trópica infiziert. Zwei Wochen später lag er nach starken Fieberanfällen, unaufhörlichem Erbrechen und plötzlichem Nierenversagen im Koma.
     
     

32.
     
     
     
    BERLIN   Leila fand die Hauptstadt faszinierend. Zwar war das Hotel nicht so spektakulär wie die anderen, in denen sie bisher übernachtet hatten, aber es sollte ja auch nur für zwei Tage sein. Rafael bekam hier einen Sonderrabatt, weil seine Familie seit mehr als zwanzig Jahren die Platinmitgliedskarte für die Hotelkette besaß.
    Sie hatten sich das zweihundert Jahre alte Brandenburger Tor angesehen und waren später über den Kurfürstendamm geschlendert.
    Leila hatte schon nach dem

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