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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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wollen, dass er tot war. Er hatte einen anderen Namen angenommen und später in Medellin ein Heim für geistig Behinderte eröffnet, das heute sein Sohn führte.
    War auf dem Foto, das Sam verloren hatte, nicht eine Krankenschwester im Hintergrund gewesen, die einen Patienten im Rollstuhl geschoben hatte? Das Gesicht des Patienten hatte etwas verzerrt ausgesehen. War er vielleicht behindert gewesen?
    Bedauerlicherweise war ihm genau das Foto abhandengekommen, um seine neue Theorie zu bestätigen und sie zu beweisen. Das würde auch erklären, warum allen Frauen von Rafael die Gebärmutter zerschnitten worden war. Sein Vater, bzw. der Vater von Doris Thiel hatte als Gynäkologe gearbeitet. Es musste also noch jemanden geben, der genauestens über die Existenz und die Vergangenheit des alten Naziarztes im Bilde war. Etwas, was nicht mal sein eigener Sohn wusste. Jemand, der etwas Furchtbares unter diesen Ärzten erlebt haben musste und das den Nachfahren dieser Nazis zeigen wollte, indem er Unschuldige tötete. Jedem war bekannt, dass in den KZs die Gefangenen als Versuchskaninchen gehalten wurden. Man hatte an ihnen sinnlose Experimente durchgeführt, Säure in offene Wunden gekippt, um zu sehen, wie es sich damit verhält, Frauen und Männer mit einer zu hohen Dosis Röntgenstrahlen sterilisiert, Säuglingen die Köpfe abgeschnitten, Hoden zu chirurgischen Übungen amputiert. Die Grausamkeiten hatten keine Grenzen gehabt.
    Hatten diese Ärzte in Südamerika weiter ihr Unheil getrieben und an Menschen, an Behinderten, herumexperimentiert? Deuteten die Zeilen in den kleinen Versen vielleicht genau darauf hin?  Gesunde zu Krüppeln, verstummt ist ihr Schrei, der Tod als Erlösung, er machte sie frei.
    Sam wurde plötzlich schlecht. Er erhob sich aus dem Liegestuhl und fuhr hoch in sein Zimmer. Es brach gerade alles wie eine Lawine auf ihn ein. Warum hatte er nicht schon vorher das Muster gesehen? Doch da war noch dieses Buch mit dem Engel und dem Faun. Was hatte ihm Frau Rewe noch erzählt? … Diese Vereinigung glaubte daran, dass durch eine Rassentrennung die verkümmerten Fähigkeiten der Gottmenschen wieder hergestellt werden können. Das bedeutete, dass man mit Unterprivilegierten hart umzugehen hatte. Sie sollten versklavt, verbrannt oder für ihre Zwecke benutzt werden … Für ihre Zwecke benutzt werden, das könnte bedeuten, dass sie für Experimente herhalten mussten.
    Juri rief an und holte ihn aus seinen Gedanken. Er erklärte, dass sie Julietta Domingo aus Lanousse in Argentinien ausfindig gemacht hätten. Sie war kinderlos und vor dreißig Jahren an einer langjährigen seltenen Krankheit gestorben. Es wurde bestätigt, dass sie mal vor langer Zeit als Hausangestellte bei einem Deutschen und dessen Tochter gearbeitet hatte. Sie musste das Kind verloren haben, dachte Sam, also konnten Sie diese Spur getrost abhaken.
     
    Zwei Stunden später saß Sam mit Juri in Brenners Krankenhauszimmer und gab seine neuen Theorien zum Besten.
    Brenner kam aus dem Nicken gar nicht mehr raus und Juri sah Sam mit großen Augen anerkennend an. „Das alles, was Sie mir eben erzählt haben, O´Connor, bestätigt mich nur in meiner Entscheidung, die ich getroffen habe. Wohlgemerkt nach Absprache mit Interpol und den kolumbianischen Behörden. Sie haben also volle Rückendeckung.“ Brenner versuchte sich stöhnend und ächzend aufzusetzen, gab es dann aber unter Schmerzen auf.
    „Rückendeckung für was?“
    „Nach Kolumbien zu fliegen, um dort weiter zu ermitteln. Sie sagten es doch selbst gerade, dass der Mörder nicht von hier ist. Und Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir es zulassen, dass jemand hier rüberfliegt und den Racheengel spielt und anschließend ungestraft davonkommt. Kommen Sie, O´Connor.“
    „Warum kümmern sich die kolumbianischen Behörden nicht darum? Wir können ihnen doch genug Fakten liefern.“
    Brenner fing an zu lachen. „Wenn die sich darum kümmern, können wir davon ausgehen, dass der Mörder nie gefasst wird.“
    Juri spürte Sams Unbehagen. Sein Partner sah regelrecht verzweifelt aus. „Denken Sie nicht, dass das eher ein Fall für Interpol als für die örtlichen Behörden hier ist?“, warf er ein.
    Brenner stieß einen lauten Seufzer aus und sein Gesicht ließ keinen Zweifel daran, dass das Gespräch für ihn bereits beendet war. „Warum meinen Sie, hat da einer zwei oder drei Morde begangen und läuft immer noch fröhlich durch die Gegend. Nein viel schlimmer, er fliegt sogar auf

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