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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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platziert, die sogleich zum Mittelpunkt der Gesellschaft wurde. Alle erhoben sich und Sam war froh, dass er nicht mehr von allen Seiten angestarrt wurde.
     
     

51.
     
     
     
    Als Lea gegen Mitternacht in ihren Wagen stieg, um nach Hause zu fahren, war sie noch mehr von dem Fremden beeindruckt als zuvor. Er hatte die Frage über die Hodentorsion perfekt beantwortet und sie hätte ihm am liebsten gratuliert für den auswendig gelernten Text, den man im Internet bei Wikipedia abrufen konnte, aber als sie ihn später noch einmal unter vier Augen nach den Komplikationen befragte, die bei einer laparoskopischen pelvinen Lymphadenektomie entstehen konnte, hatte er sie mit seinen schönen Augen angesehen und gelacht, bis ihm die Tränen gekommen waren. Für die anderen hatte es so ausgesehen, als hätte Lea einen genialen Witz erzählt, nur für ihn und sie stand fest, dass er aufgeflogen war.
    Die Neugierde trieb sie schließlich zu späterer Stunde, als alle noch bei einem Glas Wein im Wohnzimmer saßen, ins Gästehaus, wo sie nicht einmal lange suchen musste, um seine wahre Identität zu erfahren. Außer einem Pass auf den Namen Michael Kreibich fand sie noch ein anderes Dokument, ausgestellt auf den Namen Sam O´Connor von Europol.
    Was hatte ihr Bruder, der offensichtlich auch darauf bedacht war, Sam O´Connors wahre Identität zu verheimlichen, mit einem Mann von Europol zu tun? Lea konnte sich darauf keinen Reim machen, aber als derzeitige Hobbydetektivin würde sie auch das noch in Erfahrung bringen.
     
    Die Straßen waren zu dieser Zeit leer und dieser Teil war besonders dunkel. Ein Motorrad überholte sie. Viel zu schnell und unangemessen für die Sichtverhältnisse, dachte Lea. Ein paar rote Barrikaden tauchten vor ihr im Scheinwerferlicht auf, die die zweispurige Fahrbahn auf eine verengten. Lea nahm den Fuß vom Gaspedal.
    Plötzlich lag mitten auf der Straße das Motorrad, das sie überholt hatte. Von dem Fahrer keine Spur. War er vielleicht auf die Seite geschleudert worden und lag irgendwo im Graben. Lea beugte sich nach vorne, um besser sehen zu können, aber sie konnte keinen Verletzten entdecken.
    In Sekundenschnelle überlegte sie, was sie machen sollte. Ihr war vor Jahren schon eingeschärft worden, niemals nachts irgendwo anzuhalten. Auch wenn ein Toter auf der Straße liegen sollte, und sie als Ärztin die Pflicht verspürte zu helfen.
    Entgegen ihres Instinkts hielt Lea den Wagen an. Mit einem Mal überkam sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Sie gab wieder Gas und versuchte an einer Barrikade vorbei auf die andere Spur auszuweichen, als sie seitlich von sich Schüsse hörte. Kugeln schlugen in die Karosserie ein. Lea rammte eine der roten Plastikbarrikaden mit dem Kotflügel, und plötzlich sprang eine Gestalt vor den Wagen. Im Scheinwerferlicht stand der Schütze, er trug eine Jeans, die Kapuze eines Sweatshirts tief ins Gesicht gezogen, und zielte direkt auf ihren Kopf.
    Lea duckte sich und drückte das Gaspedal durch. Kugeln drangen durch die Windschutzscheibe ins Wageninnere, und als sie dachte, sie wäre dem Anschlag entkommen, hörte sie das Motorrad wieder neben sich.
    Ein ohrenbetäubender Knall, dann durchfuhr sie ein höllischer Schmerz und nahm ihr schier den Atem. Sie versuchte weiterzufahren, doch es wollte ihr nicht mehr gelingen. Sie verlor die Kontrolle über den Wagen, noch ein Knall, dann sackte Lea am Steuer zusammen.
    Der schwarze BMW rollte ein paar Meter weiter in einen Graben und blieb dort mit abgesoffenem Motor stehen.
     
     

52.
     
     
     
    Rafael war schon am frühen Morgen ins Heim gerufen worden und Sam nutzte die Gelegenheit, allein in die Stadt zu fahren.
    Der Taxifahrer, ein junger Mann hörte laut Reguetón, eine lateinamerikanische Musikrichtung, die Sams Bein zum Wippen brachte.
    Alle Fenster waren weit geöffnet und der warme Fahrtwind blies Sam angenehm ins Gesicht. Doch die zügige Fahrt dauerte kaum zehn Minuten und schon gerieten sie in einen Stau. Der Verkehr ging nur noch stockend bis zähflüssig voran.
    „Accidente“, sagte der Fahrer und konzentrierte sich wieder auf seine Musik.
    Als sie die angebliche Unfallstelle passierten, sah Sam lediglich einen Polizisten der nationalen Polizei in grüner Uniform, einen schwarzen Wagen, der im Graben lag und eine eingetrocknete große Blutlache auf dem Asphalt. Erst bei näherem Hinsehen sah Sam die Einschusslöcher an der Seite und der Front des Wagens.
    Für den Taxifahrer schien das Bild relativ

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