Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
Gift nachweisen.“
„Gift? Was für ein Gift?“
„Das ist einer der merkwürdigsten Fälle, die ich je auf dem
Tisch hatte.“ Bamberger ging auf die andere Seite des Tisches und blätterte
erneut in dem Ordner, den er vorhin dort abgelegt hatte.
„Bei dem Gift geht es um das Nervengift Conotoxin .“
„Vielleicht helfen Sie uns noch mal ein bisschen auf die
Sprünge, Doc?“, drängte Verena.
„Conotoxine sind Toxine, die aus dem Gift von Meeresschnecken
isoliert werden können. In diesem Fall geht es um das Gift der Kegelschnecke ,
der Gattung Conus .“
Keßler und Verena schauten sich fragend an.
„Kegelschnecken?“
„Ja. Ich war genauso überrascht wie Sie.
Aber, ein Irrtum ist ausgeschlossen.“ Bamberger blätterte erneut in dem Ordner.
„Ich habe vorhin mit einem Kollegen von der Bernhard-Noch-Klinik
für Tropenmedizin in Hamburg telefoniert. Professor Burkhard ist Spezialist für
Gifttierunfälle und verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung auf diesem
Gebiet. Ich habe mir von ihm die Wirkungsweise erklären lassen. Wie er sagt,
liegt das Hauptverbreitungsgebiet der Kegelschnecken im Indopazifik, also in
den tropischen Gewässern des Indischen und Pazifischen Ozeans.“
Bamberger schaute in den Ordner und
blätterte eine Seite weiter.
„Professor Burkhard hat mir ein paar
Unterlagen zugefaxt. Da heißt es weiter: In besonders großer Artenzahl
kommt die Kegelschnecke in den Gewässern rund um Australien vor. Etwa 500 Arten
sind bekannt. Die Gattung der Conidae, so der lateinische Name, zählt zu den giftigsten
Tiergruppen weltweit . Und weiter: Die Anzahl dokumentierter Angriffe von
Kegelschnecken auf den Menschen umfasst etwa 30 dokumentierte Fälle, die nahezu
ausschließlich auf Unachtsamkeit seitens Tauchern oder Strandwanderern zurückzuführen
sein dürften, die eines der schönen Gehäuse aufheben wollten. Mit der Mittelmeer-Kegelschnecke,
die von Fachleuten als Conus mediterraneus bezeichnet wird, kommt auch
im Mittelmeer eine kleine, relativ harmlose Kegelschnecke vor. Die
Schalenlänge beträgt bei dieser übrigens zwei bis drei Zentimeter.“
Dr. Bamberger klappte den Ordner zu und
legte ihn beiseite. Nach einigen Sekunden des Schweigens ergriff Verena als
erste das Wort.
„Da ist die Rede von Unfällen . Doc,
gehen Sie von einem Unfall aus?“
„Das halte ich für ausgeschlossen. Und zwar
aus drei Gründen. Erstens: Wo und wie hätte der Unfall stattfinden sollen?
Kegelschnecken kommen in unseren Breiten nicht vor. Und zweitens: Das Gift ist
nicht auf einem natürlichen Weg in den Körper des Pfarrers gelangt. Wir können
zweifelsfrei sagen, dass das Gift mittels eines Druckinjektors verabreicht
wurde. So ein Injektor dient der nadellosen Injektion, ist aber noch nicht weit
verbreitet. Bisher konnten mit diesem kugelschreibergroßen Gerät nur kleinere
Moleküle verabreicht werden. Die neueste Generation ist aber dazu in der Lage
praktisch jedes beliebige Arzneimittel durch die Haut in das direkt darunter
liegende Fettgewebe zu injizieren. Und dabei wird die Haut nicht verletzt! Aus
diesem Grund konnten wir kein Einstichloch feststellen.“
„Sie wollen damit sagen, dass der oder die
Täter ein solches Gerät benutzt haben, um den Pfarrer ins Jenseits zu
befördern?“
„Das herauszufinden, meine Liebe, ist Ihre
Aufgabe. Ich kann ihnen nur sagen, dass alles darauf hindeutet, dass mit hoher
Wahrscheinlichkeit ein solcher Druckinjektor verwendet wurde, um dem Pfarrer
das Gift zu verabreichen.“
Nach einer weiteren kurzen Pause kam Keßler
zu Wort. „Der dritte Punkt fehlt noch.“
„Richtig! Dabei geht es um die Dosis, die
verabreicht wurde. Die Untersuchung lässt darauf schließen, dass eine relativ
große Giftmenge injiziert wurde. Da wollte jemand auf Nummer Sicher gehen. Die
verabreichte Dosis hätte ausgereicht, eine Kompanie ins Jenseits zu befördern.“
„Lässt sich sagen, wie viel Zeit dem Opfer
nach der Injektion noch blieb?“
„Das ist wirklich schwer zu sagen. Ich würde
schätzen, dass er im besten Fall noch eine halbe bis eine Stunde Zeit hatte.
Allerdings dürfte er wegen der Wirkung des sich ausbreitenden Gifts nicht mehr
viel Freude erlebt haben. Es gibt schönere Wege, aus dem Leben zu scheiden.“
„Halten Sie es für möglich, dass der
Sterbende noch etwas schreiben konnte?“
Keßler bemerkte, dass weder seine Chefin
noch Bamberger verstanden, worauf er hinaus wollte.
„Anders ausgedrückt: Wäre Baumert noch dazu
in der
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