Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
mein Bruder mir sagte, dass er mich
an dem Abend nicht mehr braucht und ich sollte mir einen schönen Fernsehabend
machen. Sie müssen wissen, dass am Montagabend immer eine Doppelfolge meiner Lieblingskrimiserie
läuft.“
Ein leichtes Lächeln huschte über Ursula Baumerts Gesicht.
„Ich habe dann ungefähr um 23.00 Uhr das Licht im Flur ausgeschaltet
und bin dann ins Bett …“
„Haben Sie Ihren Bruder an dem Abend noch gesehen?“
„Nein, wie ich Ihnen bereits sagte, habe ich um kurz nach
23.00 Uhr das Licht ausgeschaltet.
„Und Ihren Bruder haben Sie dann erst am nächsten Morgen
gefunden?“
Ursula Baumert nickte bestätigend, um sich dann erneut einige
Tränen abzuwischen.
„Aber da war noch was. Vor dem Besucher mit dem komischen
Namen war jemand hier. Der Termin muss auch im Kalender stehen. Das muss
nachmittags gewesen sein.“
Keßler prüfte erneut die Einträge in der Kalenderkopie, die
vor ihm auf dem Tisch lag.
Montag, 17.00 Uhr - PH
„Wer ist PH ? Haben Sie die Person auch gesehen oder
sogar mit ihr gesprochen?“
„Ja, das war ebenfalls ein Mann. Der trug eine dunkle Brille,
war aber im Gegensatz zu dem zweiten Besucher sehr freundlich. Nur den Namen
weiß ich nicht mehr. Aber warten Sie … Ich bin gleich wieder hier.“
Ursula Baumert verließ kurz den Raum und kam mit einer
kleinen, grauen Box mit einem durchsichtigen Plexiglasdeckel zurück.
„Das nennt man - glaube ich - Visitenkartenbox. Die gehörte
meinem Bruder. Jetzt erinnere ich mich, dass der Mann ein paar Monate zuvor
schon mal hier war und mir bei seinem ersten Besuch seine Visitenkarte gab, um
ihn bei meinem Bruder anzumelden. Und diese Karte befindet sich ganz sicher in
dieser Box.“
„Woran wollen Sie die Karte denn wiedererkennen?“
„Da war so ein auffallendes Firmenlogo drauf. Wenn ich die
Karte sehe, erkenne ich sie sofort.“
Sie stellte die Box auf den Tisch und zog eine Karte nach der
anderen heraus. Beim Buchstaben H angekommen stoppte sie in der Mitte,
eine der Karten in der Hand haltend.
„Das ist die Karte! Sehen Sie das hier? Ich wusste es doch!“
Ursula Baumert zeigte mit dem Zeigefinger auf die das
feuerrote Logo.
„Ein roter, fünfzackiger Stern von einem goldenen Band oder
Banner umgeben und dahinter die Buchstaben PHC? Das ist wirklich sehr
eigenartig. Das erinnert eher an die kommunistische Partei oder die ehemalige
DDR.“, konstatierte Keßler.
Er bat um die Karte und schaute sie noch etwas genauer an.
„Der Mann heißt Peter Hartwig und PHC steht für Peter Hartwig Consulting . Die Firma hat ihren Sitz im Gewerbegebiet Am
Moosfeld in München.“
Keßlers Stirn legte sich in Falten.
„Was wollte der Mann von Ihrem Bruder?“
„Ich weiß es nicht.“
Keßler reichte die Karte an Verena weiter und schaute sich
erneut die Kalendereinträge an.
„Keßler, haben Sie das hier gesehen?“, fragte Verena und
deutete auf zwei Buchstaben hinter dem Namen Peter Hartwig.
„Sie meinen die Buchstaben SJ ?“
„Ja, was bedeutet das? Wofür stehen die Buchstaben?“
„Keine Ahnung. Vielleicht irgendein Namenszusatz?“,
antwortete Keßler.
„Auf jeden Fall scheint der Eintrag im Kalender PH für Peter Hartwig zu stehen. Und demnach hatte Ihr Bruder zwei Besucher am
Montag. Peter Hartwig um 17.00 Uhr und Vergil Nagy um 21.00 Uhr.“
„Wie lange hat sich Herr Hartwig denn bei Ihrem Bruder
aufgehalten?“, fragte Verena.
„So ungefähr eine Stunde, aber so ganz genau kann ich das
nicht sagen, weil ich in der Küche zu tun hatte.“
„Das heißt, Sie haben ihn nicht fortgehen sehen?“
„Nein. In der Küche bekomme ich so etwas nicht mit.“
„Gut, Frau Baumert, Sie haben uns auf jeden Fall sehr
geholfen. Wenn Sie uns jetzt noch die Medikamente geben könnten …“
*
Zurück im Büro fand Verena auf ihrem Schreibtisch den zweiten
Obduktionsbericht. Sie musste diesen auf jeden Fall noch komplett prüfen und
mit dem ersten Bericht vergleichen. Schließlich wartete einige Türen weiter
Thomas Bent auf ihren Zwischenbericht.
Keßler hatte es sich mit einer Tasse Kaffee hinter seinem
Schreibtisch bequem gemacht und eine Internetrecherche gestartet. Er wollte vor
ihrem geplanten Besuch bei Vergil Nagyso viel wie möglich über den
ehemaligen Internatsschüler und Einser-Abiturienten herausfinden. Schon die
erste Eingabe des Namens in der Suchmaschine zeigte ihm mehr als eine Millionen
Ergebnisse an.
Das wird spannend und sicher spät! , dachte Keßler. Und er sollte
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