Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
ich gar nicht …“ Verena unterbrach den Satz, da Dr.
Bamberger aufgestanden war und das Gesicht des Toten jetzt gut zu sehen war.
„Das Gesicht kenne ich!“ Verena stand jetzt direkt neben dem
Toten.
„Der Mann heißt Ulrich Steinhagen und war früher Richter am
Landgericht München.“
„Richter sagen Sie? Kannten Sie ihn näher?“
„Was heißt näher kennen? Ich hatte rein beruflich mit
ihm zu tun. Das letzte Zusammentreffen liegt schon einige Jahre zurück. Damals
ging es um einen Raubmord. Ich war als Zeuge geladen und musste eine Aussage
machen. Aber warten Sie …“
Sie drehte sich um und fragte einen der Beamten der
Spurensicherung: „Was haben wir denn bisher? Irgendwelche Zeugen, Spuren,
Fingerabdrücke?“
Der Beamte zeigte Verena ein kleines, durchsichtiges
Plastiktütchen, in dem gut sichtbar ein Personalausweis steckte.
„Bis auf den Personalausweis, das Portemonnaie und die
Brieftasche haben wir nichts. Der Mann heißt Ulrich Steinhagen, wohnte in
Berlin und ist 69 Jahre alt. Der Name und die Adresse stehen so in seinem
Personalausweis und auf seinen Visitenkarten, von denen er einige in seiner
Brieftasche bei sich trug. Im Portemonnaie befinden sich circa 360 Euro. Kleidung,
die sich korrekt und ordentlich im Schrank befindet und ein Koffer sind auch
hier. Wie Sie sehen, sind Armbanduhr und ein Ring auch noch vorhanden. Wenn wir
danach gehen, können wir einen Raubmord ausschließen.“
„Zeugen?“
„Nur das Zimmermädchen. Sie fand den Toten als sie das Zimmer
reinigen und aufräumen wollte. Leider ist sie im Moment nicht ansprechbar. Sie
steht noch unter Schock.“
„Irgendwelche Einbruchspuren?“
„Nein. Nichts! Da scheint ein Profi am Werk gewesen zu sein.
Weder Fingerabdrücke noch Spuren an der Tür oder am Schloss.“
„Sie sagen Visitenkarten ? Können Sie mir davon mal
eine geben?“
„Ja, sicher. Einen Moment.“
Der Beamte klappte die Brieftasche auf, entnahm dem hinteren
Fach eine Visitenkarte und überreichte diese Verena. Sie bedankte sich und
betrachtete das kleine Kärtchen.
„Das gibt´s doch gar nicht!“, sagte sie an Dr. Bamberger
gerichtet.
„Was meinen Sie denn?“, fragte dieser.
Sie zeigte ihm die Karte. „Sehen Sie das hier?“
„Sie meinen die beiden Buchstaben SJ ?“
„Ja, die habe ich gestern schon einmal auf einer Visitenkarte
gesehen. Das kann doch kein Zufall sein. Wissen Sie vielleicht, was die
Buchstaben bedeuten?“
„Ganz sicher bin ich auch nicht, meine aber, dass es sich
dabei um einen Namenszusatz handelt. Ich glaube, dass Mitglieder des
Jesuitenordens dieses Kürzel hinter ihren Namen setzen. Wofür das steht, kann
ich Ihnen allerdings nicht sagen. Vielleicht für Schlaue Jungs ?“
Bamberger lachte.
„ Jesuitenorden sagen Sie? Dann ist es ganz sicher kein
Zufall! Damit kann ich etwas anfangen. Sie haben mir sehr geholfen, Doc!“
„Sie wissen doch: immer wieder gerne!“
„Na ja, es ist ja nicht so, dass damit der Fall gelöst ist. Es
ist der dritte Mord in dieser Woche. Leider haben wir bisher nicht den kleinsten
Hinweis auf einen möglichen Täter, sondern nur eine sehr vage Theorie. Deshalb
ist der konkrete Hinweis auf den Orden von besonderer Bedeutung.“
Dr. Bamberger schmunzelte, als er die Einmalhandschuhe
abstreifte.
„Wussten Sie eigentlich, dass das FBI per Definition bereits
bei der Tötung von zwei bis drei Opfern durch denselben Straftäter in separaten
Ereignissen von Serienmord spricht?“, fragte Verena.
„Quod erat demonstrandum!“, antwortete Bamberger
nachdenklich.
„Bitte was?“ Verena war irritiert.
„Was zu beweisen wäre, wie der Lateiner sagt. - Woher wissen
Sie, dass es derselbe Täter ist?“
*
Einige Kilometer entfernt saß Vergil Nagy in seiner Wohnung
und hatte es sich vor dem Aquarium im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Eben hatte
er ein Telefonat beendet und dem Vater Bericht erstattet. Er war
zufrieden mit ihm. Vergil glättete mit einer Handbewegung den vor ihm liegenden
Zettel und strich mit einem Kugelschreiber säuberlich einen weiteren Namen in
seiner Liste.
Ulrich
Steinhagen
19
+++ Dienstag, 18. September - 15.17 Uhr · Polizeipräsidium München +++
Verena kam am frühen Nachmittag zurück ins Büro. Keßler saß
noch hinter seinem Schreibtisch und unterbrach seine Recherche, als sie den
Raum betrat. Auf seinem Bürostuhl war er so weit nach unten gerutscht, dass er
eine halbliegende Position einnahm. Er reckte die Arme nach oben, um sie
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