Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
folgte. Verena schaute immer noch auf
das Flipchart. Keßler blätterte eine Seite weiter und zeigte auf das rote
Dreieck, das er vorhin gezeichnet hatte. Mit dem roten Stift schrieb er zwei
große Buchstaben darunter:
VN
17
+++ Montag, 17. September - 9.35 Uhr · Pfarrei Chiemdorf +++
Verena hatte entschieden, mit Keßler zunächst noch einmal zur
Wohnung des ersten Opfers, Florian Baumert, zu fahren. Sie wollte mit der
Haushälterin des toten Pfarrers reden. Der Umstand, dass es sich dabei auch um
die Schwester Baumerts handelte, konnte aus ihrer Sicht bei der Befragung nur
von Vorteil sein.
Ursula Baumert, eine gutmütig wirkende Frau mittleren Alters,
war damit beschäftigt, den Parkettboden des Wohnzimmers zu reinigen, als es an
der Haustür läutete. Sie stellte den Feudel beiseite und öffnete die Tür.
„Ja, bitte?“
„Frau Baumert, wir haben uns ja bereits einmal kurz gesehen.
Kripo München, Sie erinnern sich bestimmt? Mein Name ist Sonnenberg und das ist
mein Kollege Keßler. Dürfen wir kurz hereinkommen? Wir haben noch ein paar
Fragen an Sie.“
„Ja, bitte, kommen Sie herein.“
Ursula Baumert bat die beiden Beamten ins Wohnzimmer.
„Sie müssen entschuldigen, wie es hier aussieht. Ich bin
gerade dabei, etwas Ordnung zu schaffen. Aber Sie wissen ja sicher am besten,
wie das ist. In den letzten Tagen ist hier einiges liegengeblieben. Als mein
Bruder noch lebte, wäre das sicher nicht passiert. Er hasste Unordnung …“
„Frau Baumert, das ist kein Problem. Dürfen wir uns setzen?“
„Oh, entschuldigen Sie. Selbstverständlich!“
Verena und Keßler nahmen auf einem alten Ledersofa Platz.
„Es tut mir sehr leid, Frau Baumert, ich muss Sie das fragen.
Hatte Ihr Bruder Feinde?“
„Mein Bruder? - Nein, in Gottes Namen. Er war der
friedfertigste Mensch, den man sich vorstellen kann.“
„War Ihr Bruder krank und nahm er regelmäßig Medikamente
ein?“
„Oh ja, gewiss! Mein Bruder war schwer herzkrank. Er nahm
diverse Tabletten gegen Bluthochdruck, Blutverdünner und Schmerztabletten wegen
seiner Rückenschmerzen.“
Verena und Keßler schauten sich fragend an.
„Rückenschmerzen?“ Verena wollte es jetzt genauer wissen.
„Ja. Mein Bruder litt seit einigen Monaten unter starken
Rückenschmerzen. Warum fragen Sie danach?“
Verena wartete mit ihrer Antwort einen Moment.
„Die Untersuchungen haben ergeben, dass Ihr Bruder nicht nur
herzkrank war, sondern auch unter Magenkrebs litt. Die Krankheit war bereits
sehr stark fortgeschritten.“
Ursula Baumert wurde kreidebleich und schluckte. Man sah ihr
an, dass sie davon nichts wusste.
„Ich verstehe das nicht. Warum hat er mir davon nichts
gesagt?“
„Vielleicht, um Sie nicht zu belasten?“
„Seit fünfzehn Jahren führe ich den Haushalt meines Bruders.
Wir haben uns immer alles erzählt. Und jetzt so was?“, schluchzte sie und
schüttelte mit dem Kopf.
„Wo hat Ihr Bruder denn seine Medikamente aufbewahrt?“,
fragte Keßler.
„In einer Schublade im Küchenschrank. Aber die Medikamente
habe ich täglich für ihn zusammengestellt."
„Können Sie mir die bitte gleich geben? Wir benötigen diese
für weitere Untersuchungen.“
„Ja, sicher.“
„Frau Baumert, wie sind denn die letzten Tage abgelaufen? Ist
irgendetwas Außergewöhnliches vorgefallen? Oder ist Ihnen etwas Besonderes
aufgefallen?“
Keßler notierte die Antworten in einem kleinen Notizbuch,
dass er aus einer schwarzen Mappe gezogen hatte, die vor ihm auf dem Tisch lag.
„Eigentlich nicht. Es war alles so wie immer.“ Ursula Baumert
wischte sich mit einem Taschentuch ein paar Tränen weg.
„ Eigentlich ist eine Einschränkung.“, stellte Verena
fest.
„Na ja, da war am Montag so ein Mann hier. Der hatte so einen
komischen Namen …“
Keßler kramte aus seiner schwarzen Mappe die Kopie des
Kalenderblattes der aktuellen Woche mit den Einträgen des toten Pfarrers
hervor. Insbesondere prüfte den Eintrag vom Tag der Ermordung:
Montag, 21.00 Uhr - VN
„Hieß der Mann vielleicht Vergil Nagy ?“
„Ja, so hieß er. Ein seltsamer Typ!“
„Was meinen Sie mit seltsam ?“
„Der hat mich so seltsam angesehen als er hereinkam und hatte
so einen stechenden Blick. Richtig unheimlich!“
„Aber Sie wissen genau, dass er Nagy hieß?“
„Hören Sie, so einen Namen vergesse ich nicht! Da bin ich mir
hundertprozentig sicher.“
„Woran können Sie sich noch erinnern? Was ist Ihnen noch
aufgefallen?“
„Seltsam war auch, dass
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