Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
Die Frage ist nur, wo er sich jetzt befindet?“
Verena folgte Keßler mit sorgenvollem Blick zurück in den
Vorraum. In einem kleineren Raum, der sich direkt neben einer Abstellkammer
befand, lagen einige Kleidungsstücke verstreut auf dem Boden. Keßler bückte
sich und hob ein Hemd und ein T-Shirt auf.
„Das kenne ich!“, rief Verena.
„Die Sachen gehören Ben! Vielleicht ist er hier irgendwo!“
Sie riss Keßler das Hemd aus der Hand und schaute sich auch
die auf dem Boden liegenden Kleidungsstücke an.
„Mein Gott!“, flüsterte sie.
„Warum liegen seine Sachen hier? Was hat man mit ihm
gemacht?“
Der Verzweiflung nah, liefen die ersten Tränen über ihre
Wangen. Keßler - ganz Gentleman - bot ihr ein sauberes Taschentuch an, das sie
gerne annahm.
„Wir werden hier jetzt jeden Stein umdrehen. Irgendetwas
werden wir dabei schon finden. Ganz sicher!“, tröstete Keßler seine
Vorgesetzte.
Zu diesem Zeitpunkt schien Verena bereits zu ahnen, dass die
Suche keine neuen Spuren oder Erkenntnisse bringen würde. Wieder folgte sie
Ihrer Eingebung, als sie Keßler vorschlug:
„Lassen Sie uns zum Haus von Hartwig fahren. Die Kollegen
kommen hier auch ohne uns zurecht.“
„Zum Haus von Hartwig? Nach Starnberg? Warum dorthin? Was
erhoffen Sie sich davon?“, wollte Keßler wissen.
„Ich kann es Ihnen nicht genau erklären. Nennen wir es
einfach weibliche Intuition ?“
Keßler musste schmunzeln und meinte dann: „So gefallen Sie
mir auf jeden Fall schon wieder besser.“
„Kann ich das als Ja deuten?“, fragte Verena.
„Ja, Chefin. Das können Sie …“
49
+++ Samstag, 29. September - 18.39 Uhr · Haus
von Peter Hartwig, Starnberg +++
Der dunkle Lieferwagen parkte direkt neben dem Bootshaus. Die
dichte Bepflanzung bot einen nahezu lückenlosen Sichtschutz an den beiden
Längsseiten des Grundstücks. Bens lebloser Körper wurde von Hartwig und Nagy aus
dem Wagen gezerrt und in das Bootshaus getragen, nachdem Hartwig die Tür mit
dem Fuß aufgestoßen hatte.
„Wir legen ihn erst mal hier vorne ab.“, flüsterte Hartwig.
Unsanft fiel Ben zu Boden. Hartwig zog die Vorhänge des
seitlichen Fensters zu, schaltete das Licht ein und öffnete die Schublade eines
Werkzeugschranks, der in einer Ecke des Raums stand. Er kam mit einer Rolle und
einer Schere zurück.
„Aluminium-Klebeband?“, fragte Nagy, während Hartwig damit
beschäftigt war, den Anfang des klebrigen Materials zu lösen.
„Ja.“, antwortete er. „Sicher ist sicher. Hilf mir mal und
heb‘ seine Beine ein Stück an.“
Nagy folgte der Anweisung und Hartwig begann damit, Bens
Knöchel mit dem Klebeband zu umwickeln.
„So, das reicht! Jetzt setzen wir ihn auf den Stuhl. Da
vorne.“
Nachdem die beiden Ben auf dem Stuhl platziert hatten, holte
Hartwig aus einem Nebenraum eine Kunststoffschüssel. Diese stellte er vor dem
Stuhl ab. Dann verließ er den Raum erneut und kehrte mit einer Tüte
Fertigzement und einer Maurerkelle zurück.
„Da vorne steht ein Eimer. Wir brauchen Wasser!“
Nagy verstand die Aufforderung und füllte den Eimer mit
Wasser, das er vom Steg aus, der bis in das Bootshaus führte, dem See entnahm.
„Warum dieser Aufwand? Hätte das Klebeband nicht auch ausgereicht?“,
wollte er von Hartwig wissen, als er ihm den Eimer überreichte.
„Nein! Mein Befehl enthielt die Worte spurlos verschwinden
lassen . Und genau dafür sorgen wir jetzt.“
Hartwig schüttete etwas Wasser zu dem Zement und begann
mittels der Maurerkelle beides in der Schüssel zu vermischen. Dann zog er das
Gefäß näher an den Stuhl heran und hob Bens Beine an. Nagy kam ihm zur Hilfe
und schob die Schüssel direkt vor den Stuhl, während Hartwig seinen Griff
lockerte und sich Bens Beine langsam nach unten bewegten. Vorsichtig tauchten
seine Füße in das Zementgemisch.
„Schnellhärtender Zement.“, sagte Hartwig. „Ist in ungefähr
zehn Minuten hart. Spezialmischung.“
„Sehr gut!“, antwortete Nagy, beide Hände in den
Seitentaschen seines Kapuzenshirts vergraben.
„Und jetzt?“
„Jetzt machen wir erst mal ein paar Minuten Pause. Wenigstens
solange, bis der Zement trocken ist. Ich besorge uns etwas zu trinken.“
Hartwig verließ das Bootshaus und kehrte nach einigen Minuten
zurück. Er sah den immer noch bewusstlosen Ben Seybold in unveränderter
Position auf seinem Stuhl, doch von Nagy war nichts zu sehen.
„Vergil?“, fragte er verwundert.
Kaum hatte er den Namen ausgesprochen, spürte er
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