Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
notierten Namen durchstreichen
wollte, hörte er ein Stöhnen von der Ladefläche. Ben Seybold war in einer Kurve
auf die rechte Seite der Ladefläche gerutscht und mit dem Kopf gegen die
Seitenwand des Wagens geschlagen. Nagy verstaute sein Notizbuch, den Zettel und
den Kugelschreiber wieder in seiner Tasche. Auch hier wollte er korrekt sein.
Der Name würde erst dann gestrichen, wenn Seybold sein Leben ausgehaucht hatte.
Die Liste enthielt
jetzt noch drei Namen, die auf Geheiß des Vaters ebenfalls in Kürze
gestrichen werden sollten. Das verlieh Vergil Nagy Genugtuung und Freude
zugleich. Wie sehr er den Mann neben sich hasste, wusste nur er allein. Selbst
mit dem Vater hatte er nicht darüber gesprochen. Gefühle dieser Art
durfte er nicht zulassen und schon gar nicht zeigen. Konnte es sein, dass ein
Mann wie Hartwig Bestandteil eines Ordens und einer Heiligen Mission war?
Hartwig war nach seiner Überzeugung abgrundtief schlecht. Eine schwarze Seele,
die nicht zu retten war. Der Vater benutzte ihn ausschließlich als
Werkzeug. Und das war legitim.
Im Krieg und in der
Liebe ist alles erlaubt. Das hatte einst Napoleon Bonaparte
gesagt.
Eine Erkenntnis, die
auch von Ignatius von Loyola, dem Ordensgründer, stammen könnte! ,dachte er.
Wie auch immer, er
hatte die Entscheidungen des Vaters nicht zu hinterfragen, sondern nur seine
Befehle auszuführen. Das große Ziel, auf das der Orden seit seiner Gründung
hinarbeitete, war jetzt zum Greifen nah. Und er, Vergil Nagy, war Teil des großen
Rades, das sich immer schneller und unaufhaltsam in Richtung der Herrschaft des
weißen und des schwarzen Papstes drehte.
46
+++ Samstag, 29. September - 10.26 Uhr · Polizeipräsidium München +++
„Ich frage Sie lieber nicht danach, wie Sie es geschafft
haben, Dr. Ziegler an einem Samstag dazu zu bewegen, in sein Büro zu kommen.“,
sagte Verena, als sie gemeinsam mit Keßler den Fahrstuhl verließ.
„Wie ich Ihnen bereits sagte, war mir dort im Vorzimmer jemand
noch einen Gefallen schuldig. Aber fragen Sie jetzt nicht, was mich das
zusätzlich kosten wird …“
Verena schmunzelte, doch für Späße dieser Art war jetzt nicht
der richtige Zeitpunkt. Keßler hatte sie vor circa einer Stunde abgeholt. Sie
hatten noch einmal kurz die Vorgehensweise besprochen und waren dann mit seinem
Wagen losgefahren. Die Handys hatten sie vorsichtshalber abgeschaltet. Auf der
Fahrt ins Präsidium war ihnen komischerweise niemand gefolgt. Jetzt standen sie
beide vor der Tür des Polizeirats. Keßler atmete noch einmal tief ein und
meinte dann: „Auf geht´s!“
Nach dem Klopfen ertönte ein lautes Herein . Keßler
öffnete die Tür und betrat vor Verena den Raum. Dr. Ziegler erwartete die
beiden bereits und begrüßte sie mit den Worten:
„Ich hoffe, dass Sie mindestens einen guten Grund haben,
heute mit mir reden zu wollen. Meine Sekretärin sprach am Telefon von einem Notfall ?“
„Das ist richtig. Es handelt sich in der Tat um einen
Notfall.“, antwortete Keßler.
Sie folgten Ziegler in sein Büro und nahmen an dem
Besprechungstisch Platz. Ziegler bat darum, direkt auf den Punkt zu kommen.
„Tun Sie mir einen Gefallen und kommen Sie so schnell wie
möglich auf den Punkt! Ich bin zu einem Tennis Match verabredet und möchte
meinen Partner nicht warten lassen. Also, was liegt an?“
Keßler ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Aufgrund der
prekären Situation, dass ein Polizeibeamter in leitender Position in die
Machenschaften eines Pornohändlerrings verstrickt war, wählte Keßler seine
Worte wohlüberlegt und Verena erkannte sofort, dass er sich gut auf das
Gespräch vorbereitet hatte. Dr. Ziegler erwies sich als guter Zuhörer, der
aufmerksam die Historie registrierte und die vorliegenden Indizien zu bewerten
hatte. Als Landespolizei-präsident war er es gewohnt, Entscheidungen zu
treffen. Das konnte er nur, wenn er penibel die Vor- und Nachteile
gegenüberstellte. Keßler hatte eine Indizienkette aufgebaut, die nicht zu
widerlegen war und kam jetzt zum entscheidenden Punkt. Verena hatte schon das
mitgebrachte Notebook vorbeireitet und platzierte es so auf dem Tisch, dass
Ziegler gute Sicht auf das Display hatte, Keßler aber noch bequem die Tastatur
erreichen konnte.
„Schauen Sie hier. Diese Fotos sind eindeutig und belegen
ganz klar, dass Thomas Bent an dieser Orgie teilgenommen hat. Wir haben
auf der Festplatte seines PCs Hunderte solcher Bilder gefunden. Damit möchte
ich Sie nicht langweilen.“
Dr.
Weitere Kostenlose Bücher