Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
die Tauscherbrille über den Kopf.
Sie überprüfte mit ein paar Handgriffen den Druck und sprang ohne weiteren
Kommentar mit der Flasche ins Wasser und steckte sich das Mundstück des
Inhalationsschlauchs in den Mund. Dann tauschte sie unter. Nur die
aufsteigenden und der Wasseroberfläche perlenden Luftblasen zeigten ihren
ungefähren Aufenthaltsort an.
„Weiß jemand von euch, wie tief der See ist?“, fragte Keßler
seine Kollegen.
„Ich habe mal gehört, dass es hier Stellen gibt, an denen es
auf mehr als hundert Meter nach unten geht.“, antwortete einer der Beamten.
„Wir sind allerdings ziemlich dicht am Ufer. Vielleicht haben
wir Glück …“
Das Boot mit Bent und Nagy an Bord hatte sich schon so weit
entfernt, dass davon nur noch ein winziger Punkt am Horizont zu sehen war.
„Die sind wir auf jeden Fall los.“, stellte Keßler resigniert
fest.
Die Männer im Boot schauten wie gebannt auf die Stelle im
Wasser, an der sie Verena zuletzt gesehen hatten. Mittlerweile waren seit ihrem
Abtauchen mehr als zwei Minuten vergangen. Nach einer weiteren Minute, die den
Männern wie eine halbe Ewigkeit vorkam, tauchte sie plötzlich aus dem Wasser
und rief den Männern zu:
„Da vorne liegt ein Seil. Direkt neben der Sauerstoffflasche.
Das habe ich vorhin gesehen.“
Sie schwamm zum Boot und hielt sich mit einer Hand am Rand
fest.
„Befestigen Sie das da vorne und reichen Sie mir das andere
Ende.“, befahl sie den Männern.
„Was ist denn los?“, fragte Keßler. „Wen haben Sie gefunden?“
„Es ist Ben!“
„Lebt er noch?“
„Woher soll ich das wissen? Jetzt geben Sie mir das Seil!
Schnell! Wenn ich es an ihm befestigt habe, gebe ich Ihnen ein Zeichen. Ich
ziehe dreimal daran. Dann ziehen sie ihn so schnell wie möglich nach oben.
Verstanden?“
Das Seilende fest im Griff tauchte sie erneut nach unten und
wickelte das Seil um Bens Oberkörper, direkt unter seinen Achseln. Der Seegrund
fiel vom Ufer ausgehend in einem flachen Winkel ab. Verena schätzte die
Wassertiefe ungefähr auf sechs bis sieben Meter. Wie verabredet zog sie dreimal
kräftig an dem Seil und die Männer begannen, Ben nach oben zu ziehen. Sie hatte
ihm schon bei ihrem ersten Tauchgang die Sauerstoffflasche angelegt und das
Mundstück des Atemgerätes in seinen Mund gesteckt, nachdem sie das Klebeband
von seinem Mund entfernt hatte. Dann stieß sie sich am Seegrund ab und schwamm
mit kräftigen Zügen nach oben. Kurze Zeit später tauchte auch Ben an der
Oberfläche neben ihr auf.
„Seid vorsichtig, wenn ihr ihn ins Boot zieht. An seinen
Füßen hängt ein Betonklotz.“
Die Männer wussten was zu tun war und einige Minuten später
lag Ben auf dem Boden des Bootes. Sie bedeckten seinen nackten Körper mit dem abgerissenen
Stück einer alten Bootsplane und entfernten die Fesseln, bevor sie mit der
Beatmung und Wiederbelebung begannen. Einer der Männer kniete direkt neben ihm
und bearbeitete den linken Brustbereich des bewusstlosen auf dem
Rückenliegenden mittels Herzdruckmassage. Ein anderer entfernte das Mundstück
des Beatmungsschlauchs und begann sofort mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung.
Währenddessen zog Keßler die völlig erschöpfte Verena ins Boot.
„Alles in Ordnung?“, fragte er sie.
„Das ist jetzt unwichtig. Wie geht es Ben?“, fragte sie einen
der Männer.
„Er hat keinen Puls!“, rief er ihr zu.
Völlig durchnässt lief sie zu Ben und schob ihren Kollegen
beiseite.
„Lassen Sie mich mal! Und rufen Sie sofort die Luftrettung
an. Die sollen einen Hubschrauber schicken! Und die sollen sich beeilen!“
Verena erkannte sofort, dass unter Bens Nase verkrustetes
Blut klebte. Bedingt durch seinen unfreiwilligen Aufenthalt im Wasser weichte
dies jetzt langsam auf. Deshalb entschied sie sich dafür, die
Mund-zu-Mund-Beatmung, die ihr Kollege begonnen hatte, fortzusetzen. Sie schob
ihren rechten Arm in Bens Nacken, sodass der Hals leicht überstreckt wurde.
Ihren Daumen und Zeigefinger der anderen Hand legte sie auf seine Stirn und
verschloss seine Nase. Dann atmete sie tief ein und presste ihren weit
geöffneten Mund auf seine Lippen. Sie begann in gleichmäßigem Rhythmus
vorsichtig mit der Beatmung. Dabei hob sie Bens Kopf leicht an und drehte ihn
zur Seite. Keßler und seine Kollegen standen direkt neben Ben und schauten wie
gebannt auf seinen Brustkorb und Oberbauch, der in regelmäßigen Abständen zurücksank.
Nach einer Minute legte Verena vor Erschöpfung eine Pause ein. Sie deutete
ihrem
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