Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
Gleichgewicht und wurde gegen die Glasscheibe
des großen Aquariums geschleudert. Einen Augenblick lang schien er keine Luft
zu bekommen. Er sackte zusammen und rutschte langsam mit dem Rücken an der
Glasscheibe hinunter. Bent erkannte sofort seine Chance, dem Ganzen ein Ende zu
bereiten und holte erneut mit dem Schürhaken aus. Allerdings verfehlte sein
erneuter Schlag sein Ziel und traf einige Zentimeter neben Nagys Kopf die
Scheibe des Aquariums, die mit einem lauten Knall barst. In Sekundenschnelle
vergrößerte sich der Riss. Der enorme Wasserdruck im Becken sorgte dafür, dass
die Scheibe komplett zerplatzte. Nagy, der unmittelbar davor saß, wurde von der
Druckwelle getroffen und unter dem Wasser begraben. Ein warmer Wasserschwall
ergoss sich über ihn und überflutete fast das komplette Wohnzimmer. Mit dem
Wasser wurden auch Pflanzen, Sand, Steine und allerlei Getier und ein paar
kleine Fische aus dem Becken gespült. Der gesamte Raum füllte sich im Nu mit
salzigem Geruch, der von dem sich auf dem Boden ausbreitenden Wasser ausging.
Nagy saß noch immer benommen vor dem Aquarium. Er spürte
einen starken Schmerz auf seiner linken Wange und ahnte, was passiert war.
Vorsichtig tastete er mit der Hand nach der Stelle unter seinem linken Auge. Seine
Hand traf auf etwas, das er nur zu gut kannte. Es war eine Kegelschnecke, die mit
dem Wasser herausgespült wurde und sich auf seiner Haut festgesaugt hatte. Mit
zittriger Hand versuchte er, die Schnecke zu entfernen. Vergeblich! Er wusste,
dass Conus
mediterraneuserneut ihren Giftpfeil in seine Haut gebohrt hatte und
jeder Versuch, sie gewaltsam zu entfernen, nur zu weiteren Einstichen führte.
Schnell breitete sich das Conotoxin in seinem Körper aus, dessen Wirkungsweise
er genau kannte. Wie oft hatte er es eingesetzt und die tödliche Wirkung der
Substanz bei anderen beobachtet? Bereits nach wenigen Sekunden waren die
Schmerzen so stark, dass die gereizten Nerven und Muskeln sein Gesicht zu einer
Grimasse verzerrten. Weißer Schaum bildete sich in seinem Mund. Er atmete
schwer.
Bent beobachtete angewidert die Szene und
beugte sich zu ihm hinunter und zerrte dabei an dem Kragen seiner
Kapuzenshirts.
„Wer hat dir den Auftrag erteilt?“, fragte
er Nagy.
Nagys Antwort war Schweigen. Er wusste, dass
ihm nicht mehr zu helfen war. Innerhalb der nächsten Minuten würde er aus dem
Leben scheiden. Nagy glaubte fest daran, dass sich der Umstand, bei der
Erfüllung seiner Heiligen Mission sterben zu müssen, positiv aufgewogen würde. Zwar
hatte er versagt, doch dieser Trost auf einen Platz im Himmel blieb ihm. Bald
würde er im Paradies sein und dem allmächtigen Schöpfer gegenüberstehen. Reinen
Gewissens konnte er seine Reise antreten, da er im Kampf für Gott gestorben
war.
Bent hatte genug gesehen und wollte nicht
noch länger warten, um Nagy beim Sterben zuzusehen. Er wischte mit einem
Taschentuch den Griff des Schürhakens ab und legte diesen dann vor dem Kamin
ab. In der Küche fand er auf dem Tisch die Autoschlüssel von Nagys Wagen. Unter
dem Schlüsselbund lag ein kleiner abgegriffener Zettel. Er faltete ihn
auseinander und sah eine Namensliste. Alle Namen, bis auf einen, waren
durchgestrichen:
Florian
Baumert
Jürgen
Böttger
Ulrich
Steinhagen
Thomas
Bent
Peter
Hartwig
Horst
Eichholz
Georg
Schweikert
Benjamin
Seybold
Thomas Bent stand eine Weile da und starrte
wie gebannt auf den Zettel. Nagy hatte fein säuberlich eine Liste der Personen
angelegt, die er beseitigt hatte. Das letzte Opfer sollte er sein. Bent
stellte sich erneut die Frage, in wessen Auftrag Nagy die Morde beging. Mit
dieser Frage würde er auch den Vater konfrontieren. Da es sich - bis auf
Seybold - ausnahmslos um Ordensmitglieder handelte, hielt er es für
ausgeschlossen, dass der Auftraggeber außerhalb des Ordens zu suchen war. Den Vater zu verdächtigen käme einer Blasphemie gleich. Aus seiner Sicht gab es zwei
Möglichkeiten. Entweder Nagy handelte ohne einen Befehl erhalten zu haben oder
dahinter steckte der Geheimdienst des Ordens. Von der Existenz dieser
geheimnisvollen Organisation wussten nur wenige Eingeweihte etwas. Offiziell
existierte eine solche Organisation überhaupt nicht. Ihr Name war Command of
Secret Affairs , kurz CSA genannt.
In beiden Fällen erschloss sich Bent
allerdings nicht das Motiv, solche Taten zu begehen oder in Auftrag zu geben.
Wer stand hinter den Morden? Wer hatte ein Interesse daran gleich sieben
Ordensmitglieder zu beseitigen?
Er
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