Ordnung ist nur das halbe Leben
Drogeriemarkt und kaufte dort die wichtigsten Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Zahnpasta, Sonnencreme, Duschgel, Babybrei für Fritz und drei Schachteln Schokomandeln.
»Hier«, rief Saskia, als sie wiederkam. »Guckt mal, was sie auch hatten!« Sie hielt drei Bikinis hoch.
»Da passe ich doch nie im Leben rein«, sagte Ellen. »Die Erdanziehungskraft ist in den letzten Monaten wieder enorm gestiegen, wie mir meine Waage bestätigt hat.«
»Ach was, die passen jedem«, sagte Saskia. »Guck mal, die sind hier zum Zusammenbinden.« Sie hielt die Bänder hoch, mit denen man sowohl Hose als auch Oberteil zuknoten musste.
Wir putzten uns die Zähne direkt auf dem Parkplatz, spülten uns den Mund mit Mineralwasser aus und spuckten alles auf den Boden.
»Jetzt siehst du langsam wirklich aus wie ein Hippie«, sagte Ellen warm und klopfte mir anerkennend auf den Rücken.
»Vielen Dank auch«, giftete ich.
»Ich hab’s! Lasst uns einfach nie mehr zurückfahren«, schlug Ellen begeistert vor. »Wir fahren einfach weiter. Wir vier. Lassen alles hinter uns und gondeln durch Europa. Was meinst du, Fritz? Wäre das nicht schön?« Sie stemmte ihn hoch und drehte sich. Ihr Handy klingelte wieder, aber sie ging nicht dran. »Ich will mit meinem Mann sowieso nichts mehr zu tun haben«, sagte Ellen trotzig. »Und du, Moni?«
»Ich?«, fragte ich errötend.
»Ja, du willst doch wohl mit Jens auch nichts mehr zu tun haben, oder?«
Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht.
»Ich weiß nicht«, stammelte ich.
»Du willst ihn doch nicht ernsthaft heiraten, oder?«, rief Saskia.
»Keine Ahnung!«, schrie ich plötzlich. »Woher soll ich das wissen? Ich habe noch nicht mal mit ihm gesprochen, weil ihr mich ja hierher entführt habt. Und ich kann mich doch nicht so einfach von ihm trennen. Vielleicht … Vielleicht gibt es ja doch für alles eine logische Erklärung.«
»Das glaubst du doch wohl selbst nicht«, sagte Ellen.
»Die logische Erklärung ist, dass er ein Schwein ist«, sagte Saskia.
»Aber er hat mir den Fehler mit der Mandantin auch verziehen«, jammerte ich.
»Reine Taktik«, behauptete Saskia.
»Genau. Er wollte vorbauen für den Fall, dass du dahinterkommst und merkst, dass er alte Frauen ausnimmt«, sagte Ellen.
»Aber warum? Warum macht er so was?«
»Geld und Macht«, sagte Saskia und zuckte mit den Schultern. »Das sind die beiden Dinge, die Männer interessieren.«
»Aber wir haben doch genug Geld. Und gute Jobs. Er muss doch nicht alte Frauen um ihre Rente bringen! Das ist so was von erbärmlich!«
»Du kannst ihn nicht heiraten«, stellte Ellen fest. »So blöd wäre nicht mal ich.«
Der Boden unter meinen Füßen verschwand, meine Knie wackelten, und eine Welle der Panik erfasste mich und schleuderte meine Eingeweide hin und her. Alles um mich herum drehte sich, als mir klar wurde, dass mein ganzes Leben hinüber war.
»Aber was mache ich denn dann?«, rief ich mit erstickter Stimme. »Die Hochzeit und – und meine Zukunft! Mein ganzer Plan – der wäre dann doch im Eimer! Und dann? Was soll ich denn dann bloß tun?« Ich stützte den Kopf in die Hände und hielt ihn fest, damit er nicht wegflog.
»Ja-ha!«, triumphierte Ellen. »Lass das mal Tante Ellen und Tante Saskia machen. Wir haben nämlich genau das richtige Medikament für dich.«
»Ich werde jetzt nicht anfangen zu trinken, damit das mal klar ist.«
»Wer redet denn hier von Alkohol?« Ellen zwinkerte mir zu.
»Wir reden von Lennart«, sagte Saskia.
»Lennart?« Ich schaute verwundert auf. Ein Sonnenstrahl blendete mich.
»Er ist doch auf Sylt«, sagte Saskia.
Ich nickte langsam. Lennart hatte ich in dem Chaos ganz vergessen.
»Na also«, rief Ellen begeistert. »Dann ist ja alles klar. Ein Übergangsmann ist ideal, um mit Liebeskummer aller Art fertig zu werden.«
»Ich habe aber keinen Liebeskummer«, sagte ich, und das stimmte auch. Ich war nur wütend und enttäuscht und ängstlich. Und verwirrt, weil der Gedanke an Lennart meine Laune tatsächlich ein bisschen hob.
»Umso besser«, jubelte Ellen. »In diesem Stadium macht sich ein Übergangsmann am allerbesten. Er bringt einen auf andere Gedanken, noch ehe man am Boden zerstört ist. Und gesünder ist er auch.«
»Gesünder?«, fragte ich irritiert. »Gesünder als was?«
»Na, als unkontrollierte Kalorienzufuhr! Das zweitbeste Mittel gegen Liebeskummer nach dem Übergangsmann.«
»Ich will aber keinen Übergangsmann«, sagte ich.
»Oh. Okay«, sagte Ellen,
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