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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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hinten auf dem Hof neben einer Reihe runder Wasserbassins stand.
    Ich bedankte mich bei ihr und ging zu meinen Freundinnen zurück. »Habt ihr gehört? Er ist da! Und jetzt? Oh Gott, oh Gott, oh Gott, was wird er sagen, wenn er mich sieht? Er war so sauer und …«
    »Los, komm, ich begleite dich«, unterbrach Saskia und nickte mir aufmunternd zu.
    »Viel Glück«, rief Ellen, die beim Auto blieb, um Fritz zu wickeln.
    Im Kofferraum des Kombis stapelten sich weiße Plastikkisten, daneben lagen Gummistiefel und darauf zwei dicke, dunkelblaue Jacken. Von Lennart war nichts zu sehen. Weiter hinten stand ein Hoftor auf, aber ich würde jetzt hier warten, bis er kam.
    Ich sah Saskia zweifelnd an und biss mir auf die Lippen. »Aber was, wenn er mir nicht glaubt?«
    »Erklär ihm einfach das Missverständnis.«
    »Und dann?«
    »Dann wirst du wissen, ob er dich wirklich mag oder nicht.«
    Ich nickte nervös. Es klang wie einer der Ratschläge meiner Mutter, die mir in der Vergangenheit nur Ärger eingehandelt hatten.
    Und dann kam er. Er trug eine Plastikbox. Seine Muskeln spannten sich unter dem kurzärmeligen T-Shirt. Mir wurde warm im Bauch und kalt an den Händen. Er sah so gut aus mit diesem Bart und den blonden Haaren. Sein Anblick machte mich kribbelig.
    Als er mich sah, stutzte er, runzelte die Stirn und senkte den Blick. Trotzdem hatte ich gesehen, dass er kurz gelächelt hatte.
    Ich ging auf ihn zu. »Hey«, sagte ich. »Da bist du ja.«
    Er lud die Kiste in den Kofferraum. »Was machst du denn hier?«, fragte er barsch, ohne mich anzusehen.
    »Ich – äh, bin gekommen, um dir alles zu erklären.«
    »Aha«, machte er und sortierte weiter die Sachen im Kofferraum.
    »Dieser Mann im Whirlpool war nicht mein Freund oder so was. Igitt! Das war nur mein verrückter Vater, der die Angewohnheit hat, sich immer dann nackt auszuziehen, wenn er mich am besten blamieren kann.«
    »Echt?« Lennart richtete sich auf. In seinen blauen Augen spiegelten sich die Wolken und der Himmel von Sylt.
    Ich nickte. »Großes Indianerehrenwort.«
    »Und du bist nach Sylt gefahren, um mir das zu sagen?«, fragte er verblüfft.
    »Ja.«
    Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. Doch dann bekam er wieder den finsteren Gesichtsausdruck und sagte: »Auf den Fotos im Haus sah dein Vater aber ganz anders aus.«
    Saskia, die etwas abseits stand, rief: »Hey, guckt mal.«
    Wir schauten zu ihr rüber, sie hielt ihr Handy hoch und machte offensichtlich ein Foto. Wie peinlich war das denn? Als wären wir pubertierende Mädchen. Fehlte nur noch, dass sie es auf ihre Facebook-Seite hochlud.
    »Ja«, sagte ich eifrig, »das liegt daran, dass das auf den Bildern gar nicht mein Vater ist, sondern …«
    Ich wurde unterbrochen von einem älteren Mann mit Wollmütze, der eine weitere Kiste mit technischem Equipment ins Auto lud. »Es geht in fünf Minuten los«, sagte er zu Lennart und verschwand wieder.
    »Der Mann ist gar nicht mein Vater …«, nahm ich schnell den Faden wieder auf, musste aber kurz überlegen, wie ich das jetzt am besten formulierte. Es war ja doch merkwürdig, dass ich im Haus meines Chefs schlief. Aber ich kam sowieso nicht weiter, weil sich plötzlich Saskia einmischte.
    »Lennart Gehrke?«, fragte sie, und ihre Stimme klang hart, als wäre sie vor Gericht. Mein Kopf fuhr entsetzt herum.
    »Ich bin Saskia Voigt, Rechtsanwältin. Ich vertrete Ihren Vater, Ulrich Gehrke, in der Scheidungsangelegenheit und brauche Sie als Zeuge vor Gericht.«
    Ich war so verblüfft, dass mir der Mund offen stand. Lennart war der Sohn von Ingrid und Ulrich Gehrke, dem Schauspielerehepaar, das sich gerade einen Rosenkrieg lieferte!
    Lennart wurde kalkweiß. Dann sah er mich an. Seine Augen funkelten vor Abscheu. »Ach, deswegen bist du also hinter mir her«, stieß er hervor.
    »Nein, Lennart, davon wusste ich überhaupt nichts!«, rief ich verzweifelt. Ich fasste ihn am Arm, aber er machte sich los, eilte um das Auto herum, ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und knallte die Tür zu.
    »Lennart«, rief ich, aber er reagierte nicht. Wie vom Donner gerührt sah ich, wie Saskia ans Auto trat. »Rufen Sie mich an«, sagte sie und schob eine Visitenkarte durch den schmalen Schlitz des fast geschlossenen Fensters. »Wenn Sie nicht vor Gericht erscheinen und bestätigen, dass Ihre Mutter ihren Liebhabern viel Geld zugesteckt hat, unter anderem Ihrem ehemaligen Mitbewohner Paul Henkel, werde ich dafür sorgen, dass Ihr Foto veröffentlicht wird. Die

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