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Schreibtisch, verschränkte die Arme vor der Brust und wurde wieder ernst. „Hören Sie, wenn der wichtigste Senator von Florida den Energiegipfel ruiniert, werde ich Sie persönlich dafür verantwortlich machen.“
„Mich? Warum nicht ihn?“
„Ihn krieg ich nicht. Sie dagegen schon.“
Sie erwartete nicht, ihn verunsichern zu können, auch wenn sie sich das vielleicht erhoffte. Schließlich hätte sie ihm nicht trauen können, wenn er sich so leicht aus dem Konzept hätte bringen lassen. Was war die Politik nur für ein schmutziges Geschäft geworden.
Das Klopfen an der Tür unterbrach sie.
„Herein!“, rief Natalie.
Ihre Assistentin öffnete. „Entschuldigen Sie, Ms. Richards.“ Dann trat sie zur Seite und ließ einen jungen Mann in schwarzen Jeans, Stiefeln und Lederjacke herein, der einen eingeschweißten Ausweis um den Hals hängen hatte. Sein wirres Haar war platt gedrückt von dem Helm, den er jetzt unter dem Arm trug. In diesem Aufzug hätte Natalie den Mann normalerweise nie in ihr Büro gelassen – hätte er nicht eine Ledertasche dabeigehabt, die er ihr jetzt über den Tisch reichte. Sobald sie sie entgegengenommen hatte, drehte er sich um und verschwand ohne ein Wort. Ihre Assistentin lächelte, nickte und schloss leise die Tür hinter sich.
„Arbeiten Sie neuerdings wieder mit Boten?“
„Wir haben nie damit aufgehört. Sollen doch alle anderen Idioten E-Mails schreiben und sich dann wundern, wenn plötzlich jemand anderes an all die Mails kommt, die sie für gelöscht hielten. Das hier ...“, sie öffnete den Beutel und holte einen wachsversiegelten Umschlag heraus, „... kann nicht zurückverfolgt werden. Und selbst wenn jemand den Boten abfangen und den Brief lesen würde, könnte er den Inhalt nicht verstehen.“
„Scheint ein bisschen archaisch in unserer hoch technisierten Welt, finden Sie nicht?“
Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Sind Ihre Methoden nicht auch ein bisschen archaisch?“ Sie griff nach der Fernbedienung auf ihrem Schreibtisch, hielt sie in Richtung Fernseher und schaltete ab. „Dann erklären Sie mal. Was ist schiefgelaufen?“
„Keine Ahnung.“
„Das reicht mir nicht“, erwiderte sie und schüttelte langsam den Kopf. Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass ihre Gesten mehr Autorität ausstrahlten als ihre Worte.
„Vielleicht hat Dr. Lansik einfach gekniffen.“
Sie sah ihn an, hob wieder eine Augenbraue und runzelte die Stirn. Ihr stand der Sinn nicht nach Sarkasmus oder irgendeiner anderen Form von finsterem Humor.
„Sie wollen mir weismachen, das alles wäre so eine Art Zufall? Diese Show des Senators keine vierundzwanzig Stunden nach dem geplatzten Treffen? Ein Zufall?“, wiederholte sie und betonte dabei beide Silben.
„Ich glaube nicht an Zufälle.“ Er sagte das ohne Entschuldigung, setzte sich aber etwas in seinem Stuhl zurecht, gerade so, dass sie spürte, dass sie einen wunden Punkt berührt hatte. Sie hatte ihn genau da, wo sie ihn haben wollte.
„Wir haben keine Zeit mehr, um auf eine weitere Gelegenheit wie diese zu warten. Verstehen Sie mich?“ Sie erwartete keine Antwort. „Sie wissen schon, dass wir das alles noch vor dem Energiegipfel über die Bühne kriegen müssen?“
„Erst will Dr. Lansik nicht reden, dann verschwindet er einfach. Wo nichts ist, ist auch nichts zu holen“, meinte er. Immerhin lächelte er nicht dabei.
„Was ist mit den anderen Wissenschaftlern?“
„Sieht nicht gut aus. So kurz vor dem Gipfel? Darauf würde ich nicht zählen.“
Natalie Richards pochte mit dem Finger auf den Umschlag, den sie aus der Ledertasche gezogen hatte, und reichte ihn hinüber, ohne ihn zu öffnen.
„Dann müssen wir eben zu Plan B übergehen.“ Sie hatte gehofft, er würde einen anderen Vorschlag parat haben, denn Plan B gefiel ihr nicht. „Ihr nächster Auftrag“, erklärte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „William Sidel kann aus Hühnerinnereien Öl machen. Sehen Sie zu, dass Sie die Kuh melken.“
8. KAPITEL
EcoEnergy
Allmählich fragte sich Sabrina, wieso William Sidel unbedingt sie für diese Führung hatte haben wollen. Bisher hatte er sie mehr oder weniger bei jedem Satz unterbrochen. Das überraschte sie, denn Sidel hatte den Ruf eines Charmeurs. Andererseits wusste sie das meiste über ihn aus Zeitschriften und dem Fernsehen. Das „Time Magazine“ hatte ihn als Hexenmeister bezeichnet, als eine Art modernes Rumpelstilzchen, das einen wundersamen Weg entdeckt
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