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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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überlegte, ob sie noch rasch auf die Toilette gehen sollte, um ihre Zähne auf Essensreste zu kontrollieren, die Hände zu waschen und sich vielleicht zu kämmen. Aber dann strich sie sich nur eine Strähne hinters Ohr.
    Sie legte nicht übermäßig viel Wert auf ihr Äußeres – viel zu wenig, wie ihre Mutter immer beklagt hatte. Sie sah an sich herunter: Der Laborkittel war strahlend weiß und frisch gebügelt, auch wenn die Taschen ein wenig ausgebeult waren, weil sie dauernd ihre Hände hineinsteckte. Die schwarzen Hosen gehörten zu ihrer Standardgarderobe. Sie hatte noch sechs weitere von derselben Art, die zu Hause im Schrank lagen. Schon Vorjahren hatte sich Sabrina mit ihrem Mangel an Modebewusstsein abgefunden. Ihre künstlerisch veranlagte und manchmal schillernde Mutter hatte das nur bestätigt und sie gelegentlich sogar als „modisch zurückgeblieben“ bezeichnet. Dagegen hatte sich Sabrina jedes Mal mit dem Hinweis verteidigt, dass Albert Einstein auch nicht anders herumgelaufen sei. Warum also nicht auch sie?
    Ihren Schmuck beschränkte Sabrina ebenfalls auf ein Minimum – klassisch, aber schlicht: eine Halskette mit 18-karätigem Gold, die ihrer Mutter gehört hatte, und die Movado-Uhr, ein Geschenk ihres Vaters zu ihrem Universitätsabschluss. Während sie zum Reaktor eins lief, überlegte Sabrina, dass sie auch dann nichts anderes angezogen hätte, wenn sie schon am Morgen von der Führung gewusst hätte.
    Es wird schon schiefgehen, dachte sie und steckte ihre feuchten Hände in die Taschen ihres Laborkittels.

7. KAPITEL
    Washington D. C.
    Natalie Richards schüttelte den Kopf, während sie auf den kleinen Fernsehschirm in ihrem Büro schaute.
    „Glauben Sie diesem Kerl?“ Sie zeigte auf den Bildschirm und sah den Mann auf ihrem Gästestuhl dabei nur flüchtig an. Eigentlich sollte sie ihn genauso missbilligen, wie er so entspannt dasaß, mit überkreuzten Beinen, als wäre er nur ein Besucher. Aber sie sah nur auf den Bildschirm. Ihre Hände lagen auf ihren üppigen Hüften, obwohl sie lieber jemanden gewürgt hätte.
    Sie hatte schon durch alle Programme gezappt. Aber auf jedem verfluchten Kanal war gerade Senator John Quincy Adams zu sehen. Und solange in den nächsten Stunden kein Terrorangriff oder irgendeine Naturkatastrophe dazwischenkam, würde er auch das Topthema der drei wichtigsten Abendnachrichten sein.
    Sie hatte den Ton leise gestellt, aber nicht aus Höflichkeit gegenüber dem Mann auf ihrem Gästestuhl, sondern weil sie einen Anruf erwartete. Ihr Chef schäumte vermutlich vor Wut, und es konnte nicht mehr lange dauern, bis er sich meldete. In dieser Stadt verbreiteten sich Neuigkeiten wie ein Lauffeuer. Aber wenigstens musste Natalie die schlechte Nachricht nicht selbst überbringen.
    „Was hat er denn eigentlich vor?“ Sie kam hinter ihrem kleinen Schreibtisch hervor und sah Colin Jernigan in die müden Augen. Er hatte vermutlich seit Tagen nicht geschlafen. Sie hätte schwören können, dass jedes Mal, wenn sie ihn zu Gesicht bekam, seine sonst so strahlend blauen Augen trüber wurden und sein kurz geschnittenes Haar ein paar graue Strähnen mehr hatte. Dabei war er noch nicht einmal vierzig, wenn sie richtiglag. Der arme Kerl, aber so wirklich schadete es ihm nicht. Er sah immer noch gut aus und war durchtrainiert, aber am meisten ärgerte sie, dass er so ruhig war wie immer. Nichts schien ihn je wirklich aus der Fassung bringen zu können. Das war zweifellos einer der Gründe, warum er als einer der Besten galt. Oder jedenfalls gegolten hatte. Verschleißerscheinungen hin oder her – Natalie Richards war stolz darauf, mit ihrem Blick echten Biss von bloßer Angabe unterscheiden zu können. Aber in seinem Fall hatte sie schon seit geraumer Zeit etwas nicht mehr bei ihm gesehen: das Funkeln in seinen Augen.
    „Irgendwas“, sagte sie, als er immer noch nicht antwortete. „Ich muss irgendeinen Quatsch parat haben, irgendwas Glaubwürdiges, sonst handele ich mir bösen Ärger ein.“
    „Ich habe keine Ahnung, was Senator Adams vorhat.“ Er schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln. „Aber es überrascht mich, dass Sie es nicht wissen. Ich habe Sie immer für die mächtigste Frau in dieser Stadt gehalten.“
    „Ich werde Ihnen beweisen, dass ich nach wie vor die mächtigste schwarze Frau in dieser Stadt bin“, gab sie zurück. „Aber das ist so viel wert wie die schönste Frau im Schützengraben. Wir sind hier nicht gerade viele.“
    Sie lehnte sich an den

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